Photo uploaded by ovit.

Heute hauptsächlich die Arbeit an der Datenbank. Die Pflege der Krumen und Kleinigkeiten. Genau das richtige für meine leicht gereizte, penibel-genervte Stimmung. Schön war dabei, wieder auf die 9-minütige Dokumentation Ostkreuz zu stoßen, die zwischen 2005 und 2007 am Bahnhof Berlin Ostkreuz gedreht wurde und die auch auf unserem Filmfestival gezeigt wurde. Der Film hat mir sozusagen heute über den Tag geholfen.

Ein rhythmischer, melancholischer Dokumentarfilm über einen einen uralten Berliner Bahnhof, der in den nächsten Jahren saniert wird, um sich dann in die Reihe der neumodischen, unpersönlichen Bahnhöfe Berlins einzureihen. Das Filmpoem montiert sehr gut beobachtete Stimmungen dieses mit den Jahren architektonisch immer verwachseneren und improvisierten S-Bahnhofs mit elektronischen Klängen. An manchen Stellen ganz klares Vorbild der Film Berlin: Die Sinfonie der Großstadt.

Die beiden Filmemacher Laura Geiger & Tom Kretschmer über den Film:
Der Film deutet den Verlust von Atmosphäre, Eigenart und sozialen Beziehungen des Bahnhofs an. Eine Gratwanderung zwischen notwendiger Veränderung und Bewahrung von gewachsenen Strukturen.
Ein Versuch diesem maroden und doch so charmantem Bahnhof Ostkreuz mit poetischen Bildern ein Denkmal zu setzen.

Ich finde, der Versuch ist gelungen. Habe den Film nun zum wiederholten Mal gesehen und sage: Tut das auch! Den Film gibt es entweder direkt hier auf YouTube oder auf der Homepage ostkreuzfilm.de.


 






Eben mit dem Kind auf dem Bauch während sie einschlief einen kurzen Comic von Pascal Girard gelesen. Diesen hier: Nicolas. Pascals kleiner Bruder stirbt mit fünf Jahren. Der Comic besteht aus wenigen Situationen, in denen über Etappen der Kindheit, Jugend und als junger Erwachsener kurz die Erinnerung an den toten Bruder aufkeimen. Die Erinnerung, die Trauer als ständiger Begleiter eines Protagonisten.
 




Die Twitterlesung vom Donnerstagabend in Hamburg ist jetzt auf Video (Hobnox) raus. Zum Besipiel bei textundblog.
 




Via @kosmar bin ich heute morgen auf einen Artikel über die Ansichten des Pabstes zum Social Web und der modernen Kommunikation überhaupt gestoßen. Angeblich, so der Blogautor des Bosten Globe, warnt der Pabst vor zu viel Facebook-Nutzung. In dem Blogartikel wird aktuell der Pabst zitiert und man ist der Meinung, dass er sich mit folgendem Absatz ganz klar auf Facebook bezieht:
"The concept of friendship has enjoyed a renewed prominence in the vocabulary of the new digital social networks that have emerged in the last few years. The concept is one of the noblest achievements of human culture. ... We should be careful, therefore, never to trivialise the concept or the experience of friendship. It would be sad if our desire to sustain and develop on-line friendships were to be at the cost of our availability to engage with our families, our neighbours and those we meet in the daily reality of our places of work, education and recreation. If the desire for virtual connectedness becomes obsessive, it may in fact function to isolate individuals from real social interaction while also disrupting the patterns of rest, silence and reflection that are necessary for healthy human development."
Darüber habe ich noch etwas nachgedacht beim heutigen Spaziergang mit der Kleinen am südlichen Mauerstreifen Berlins. Ich habe überlegt, wie so etwas wohl kommt, dass der Vatikan jetzt vor Facebook warnt. Ob da lauter Leute beichten, dass sie andauernd online Freundschaften pflegen, dabei aber ihre Familie und echten Freunde vernachlässigen? Was ist, wenn nun aber Freunde und Familie nicht alle im selben Dorf wohnen, sondern überall auf der Welt und man über Facebook einfach viel besser Kontakt aufrecht erhalten kann? Und dann fiehl mir noch ein guter, katholischer Freund ein, der mal meinte, dieses ganze Ge-twitter sei doch nur für Leute, die keine Freunde haben. Um das zusammen zu fassen: ich steigerte mich heute Nachmittag beim Spaziergang da gedanklich ein bisschen rein, über die Online-Friendship-Feindschaft der katholischen Kirche und jetzt eben, beim Nachlesen merke ich: Stimmt alles gar nicht!

Ist natürlich vollkommener Quatsch, dass der Pabst vor Facebook-Nutzung warnt. Ist halt nur eine geile Schlagzeile. Wenn man nachliest in der oben zitierten MESSAGE OF THE HOLY FATHER BENEDICT XVI FOR THE 43rd WORLD DAY OF COMMUNICATIONS wird erstens Facebook gar nicht genannt, zweitens geht es allgemein um moderne Kommunikation und Internet und eventuelle Gefahren und so, und drittens geht es darum, dass die jungen Katholiken, die sich in diesen neuen Kommunikationswelten bewegen, auch dort ihren Glauben verbreiten mögen:
I would like to conclude this message by addressing myself, in particular, to young Catholic believers: to encourage them to bring the witness of their faith to the digital world. Dear Brothers and Sisters, I ask you to introduce into the culture of this new environment of communications and information technology the values on which you have built your lives.
Das sollen sie gerne machen, die jungen, gläubigen Katholiken. Das soll bitte jeder machen wie er denkt und glaubt. Ist nicht verboten. Ist Kommunikation, ist Menschenrecht. Ich werde nur bisschen wütend, wenn so ein dahergelaufener Pulitzerpreis-Gewinner, wie der Blogautor Michael Paulson im Bosten Globe so ein Blödsinn schreiben darf und ich auch noch so blöd bin, Stunden darüber nachzudenken. Ich bin kein Katholik, aber ich mag es nicht, wenn Leute so unreflektiert Feindbilder schüren. Der Vatikan hat jetzt übrigens auch einen YouTube-Channel.
 




:::: beide Filme gesehen am 23.1.09 im Babylon Berlin:Mitte

Prince of Broadway

USA 2008; R: Sean Baker; mit Prince Adu, Karren Karagulian, Aiden Noesi; Digibeta, 100 min, OV

In der American Independent Filmreihe im Babylon gewesen. Zunächst diesen Film gesehen: Lucky lebt von der Hand in den Mund. Sein Job: Kundschaft vom Broadway anlocken für einen kleinen, halblegalen Shop, in dessen Hinterzimmer Schwarzimporte verkauft werden. Plötzliche taucht aus heiterem Himmel eine ehemalige One Night Stand Bekanntschaft bei Lucky auf und überlässt ihm kurzerhand den angeblich gemeinsamen Sohn. Zunächst vollkommen überfordert, selber ja kaum für sich selber Verantwortung übernehmend, reift Lucky an der überraschenden Vaterschaft. Bis dahin ist es jedoch ein weiter, verfluchter Weg durch den Großstadtdschungels New Yorks. Durch Improvisation mit den Schauspielern entlang eines Drehbuchs entsteht "Realismus". Dazu Handkamera. An sich ist das als Stilmittel von unabhängigen Filmen verschiedenster Länder seit den 1960ern ja nichts Neues. Hier jedoch gelingt die Mischung einer Street-Authentizität mit einem packenden, tiefen Handlungskern sehr gut. Homepage: www.princeofbroadway.com/

Nights and Weekends

USA 2008; R: Greta Gerwig, Joe Swanberg; mit Greta Gerwig, Joe Swanberg; Digibeta, 90 min, OV

Am selben Abend gleich noch einen Film hinterher, der war dann aber nicht so gelungen. Ebenfalls um Authentizität bemüht verfolgt man in "Nights and Weekends" eine etwas schleppende Paarbeziehung.
Er lebt in Chicago, sie in New York. Anstatt die Freuden dieser Fernbeziehung genießen zu können, werden die gemeinsamen Wochenenden zu Erinnerungen über die Schwierigkeiten ihrer Beziehung. Episoden in der Zeit später, nach der Trennung, treffen sie sich irgendwann wieder und versuchen an der Illusion ihrer Beziehung anzuknüpfen, was natürlich erneut scheitert.
Der Film gehört einer Bewegung an von jungen Filmemachern und seit 2002 zahlreich entstandenen Ultra-Low-Budget-Filme, welche unter dem Begriff Mumblecore (to mumble = nuscheln, murmeln) zusammengefasst wurden. Von dieser Strömung hatte ich vorher noch nicht gehört, Kernanliegen dieser Filme ist wohl immer, die Gefühlslage von Twentysomethings einzufangen. Schönes Thema, was allerdings besser schon in den 1990ern in vielen Arthouse-Filmen Hollywoods gelungen war. Ich muss sagen, für mich sah das alles ziemlich unausgegoren aus und die Schauspielerin nervte. Das war alles so leicht übertriebenes Acting auf so einer anstrengenden Realness-Ebene, aber halt nicht echt, sondern Schauspielform. Joe Swanberg haut wohl als Regisseur in Abständen von wenigen Monaten viele solche Filme raus. Daher ist die Qualität des Einzelfilms eventuell auch eher in dem Zusammenhang einer Arbeitsserie zu sehen. Mal beobachten. Mumblecore, noch nie gehört. Wird ja aber auf der Berlinale auch was von zu sehen sein.

Exkurs
Am Samstag dann am Nachmittag hängen geblieben bei einer Sendung auf arte über Alexander Kluge. Da war sie wieder, die Sehnsucht nach Realität im Bewegtbild und die Abkehr von medialer Illusion. Beide Filme oben haben beide auch den Anspruch durch Reduktion der stilistischen Mittel eine Form von Realismus zu zeigen. Beide Filme jedoch, der eine besser, der andere schlechter, stecken aber um für mich wirklich außerordentlich interessant zu sein, formal zu sehr in der Gattung "American Independent" und bedienen sich an Stilen, die seit den 1960ern im unabhängigen Kino etabliert sind. Darüber hat nun Alexander Kluge auch gesprochen, als es um seine frühen Film ging. Improvisation im Schauspiel, die Abkehr von "Opas Kino" (was wohl nicht nur thematisch gemeint ist, sondern auch rein die Produktionsmittel angeht), die Loslösung von Zwängen, das Entfesselte-Filme machen. Man kennt die Sehnsucht nach filmischer Freiheit aus dem Oberhausener Manifest vom 28. Februar 1962.

Was nun aber interessant war, dass Kluge sich innerhalb seines sehr vielschichtigen Anspruchs auf medialen Realismus für dieses Video begeistern konnte. Denn dieses 15 Sekunden langes Zoobesucher-Video schafft eine Realität einzufangen, die universal funktioniert und nicht durch irgendeine Inszenierung die Realität herausfordert.



Der neue mediale Realismus findet nicht in der Wiederholung der immer gleichen Filmstile von ehemals revolutionären Filmströmungen statt. Sie findet nicht dort statt, wo das scheue Reh Realismus mit schauspielerischen und visuellen Experimenten auf eine Lichtung gelockt wird. Und für mich persönlich findet das alles momentan auch immer weniger im Kino statt.
 




... hier noch was bloggen würde, hätte ich wahrscheinlich das Bedürfnis, über meine innere Wut seit wenigen Tagen zu schreiben, darüber dass der Verband der Branche, in der ich arbeite, mit einem Projekt aus Versehen und vollkommen in gutem Willen dermaßen in meinem Gewässer fischt, ich aber aus anderen Verquickungen und Interessenslagen nicht so wütend darüber sein darf, wie ich eigentlich möchte. Darüber blogg ich aber nicht. Wurmt trotzdem sehr.

... den Tag zusammenfassen wollte, fiele mir als erstes der nicht geschriebene Blogeintrag von gestern ein, in dem ich darüber schreiben wollte, was mir durch den Kopf geht, dass so geschätzte Internetleute wie Don Dahlmann und Sascha Lobo jetzt aktuell auf eigener Namens-Domain ihre Privat-Blogs starten. Beide aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Ich habe ebenfalls über den Jahreswechsel darüber nachgedacht, diese wohlige Kinderstube blogger.de zu verlassen und tristesse-deluxe.de zu reloaden. Oder gleich alles auf meiner Realname-Domain, eventuell? Ist das ein aktueller Trend, dass jetzt nach den Blogs-sind-tot-Rufen eine Renaissance, ein neues Bewusstsein über das Bloggen eintritt? Basic hat sein Blog verkauft, um Privat- und Fachblog zu trennen und irgendwie, keine Ahnung, "was Neues" anzufangen. Ähnliche Motivation bei Herrn Dahlmann, (also jetzt nicht der Ausverkauf, wenn ich das richtig verstehe). Naja, und Sascha macht mit dem neuen Blog das, was ich mit hier eigentlich sowieso lange machen wollte, aber immer auf die lange Bank schiebe. Kann Zufall sein, kann aber auch schleichende Trendwende sein, dass sich die berauschende Twitter-Extase langsam konsolidiert und Weblogs als Instanz neben twitter neu bewertet werden. Medienhistorisch ja immer das selbe: Das neue Medium ersetzt nicht das alte vollkommen, sondern assimiliert Teile des alten Mediums, womit gleichzeitig die gesellschaftlichen Funktionen beider Medien neu bewertet und aneinander angeglichen werden. Egal, wahrscheinlich subjektive Wahrnehmung, aber auch bei weniger prominenten Bloggern/Twitterern glaube ich einen solchen Wechsel hin zum Reload-Blog zu erkennen. Und wenn ich selber schon tatsächlich ernsthaft darüber nachdenke, ... (aber egal, das war gestern und ist heute schon wieder irrelevant)

... ganz ehrlich sein müsste, ich würde euch sagen, ich sei gerade so müde vom Telefonieren im Büro und vom Floskeln sagen und vom Meinung performen und vom Wut unterdrücken. Und ich müsste gestehen, dass ich überhaupt keine Lust mehr habe, heute noch irgendwas zu bloggen, sondern mich lieber mit den beiden aktuellen, letzten Folgen von "30 Rock" und "Gossip Girl" auf dem Leih-Handy unter meine Bettdecke verkriechen möchte. Fragt nicht. Sind super TV-Serien, gibt es in Deutschland so eigentlich noch nicht, aber mein amerikanischer Gastbruder nimmt mir die immer auf VHS auf und schickt die mir rüber. Womit ich streng genommen natürlich Teil meines eigenen Problems bin.

... einfach noch mal zurück denke, was am krassesten war heute, dann ist es die Deutsche Sprache und vor allem der Verkehrsunfall zwischen Fahrrad und Auto, der um 20:10 Kreuzbergstraße Ecke Möckernstraße kurz vor meiner Nase passierte.
 




Ganz genau Ähnliches habe ich auch während der Feierlichkeit gemacht.
 






Zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten ein kurzes Video (eben hier gefunden). Ich find das nicht so richtig super, dass jetzt alle den Obama so super finden. Ich fänd das okay, wenn alle mich jetzt so richtig super finden würden, aber hey, bei mir geht es ja schließlich nicht um Politik, sondern um ganz andere wichtige Dinge. Na, das wird sich alles sicher mit dem jungen Mann an der Spitze zum Guten richten. Ich finde es ja auch nett, wie Obama rumzickt, dass die Staatssicherheit aus Sicherheitsgründen ihm seinen geliebten Blackberry im Amt nicht zu nutzen erlaubt.

Memo an mich: biblische Motive in meine Antrittsrede hinein copy&pasten (wegen der durchschlagenden Emotionalität)
 




A Man’s Style in Relation to His Body Type:
Thin men need to add weight to their bodies, and the fabric they choose is vitally important. Horizontal lines are a thin man’s friend, and textured fabrics such as tweeds and glen check will help add some substance to his frame. A thin man should be mindful of his clothing’s fit – too slim of a cut will only accentuate his narrow frame while too loose of one will exaggerate his lean structure. The thin man should look to overlap fabric in subtle ways such as with a double breasted jacket and double pleated trousers with cuffs. He should pay attention to his shirt’s fit, specifically in the neck (two finger allowed) and wrists (a man should not be able to slip his cuffs off without unbuttoning them). Details such as a pocket square and a medium spread collar will help give him a little more heft. Even his grooming can make a difference – allowing a little more hair to grow on his head can make a dramatic difference.

Wann ist ein Mann ein Mann? The Art of Manliness!
 






Promo-Downloads vom Gitarren-Elektro des James Yuill gibt es hier. Oder halt myspace.
 




Eben kommt hier eine Pressemitteilung vom im letzten November neu gegründetem Betriebsrates des Kinos rein, in dem ich im Jahr 2007 als Filmvorführer gearbeitet hatte. Die Arbeitsbedingungen im Kino führten letztes Jahr sogar zu einem Rechtsstreit vor dem Berliner Arbeitsgericht (Bericht dazu auf taz.de). Offenbar lernt die Geschäftsleitung nicht dazu. Ich habe keine finanzielle Rechnung mehr mit dem Kinobetreiber offen, aber durchaus immernoch eine emotionale, denn auch ich litt unter den miesen Bedingungen. Daher lasse ich es mir nicht nehmen, die Kollegen zu unterstützen, und die Pressemitteilung hier zu veröffentlichen:

[EDIT, 22.1.2009: Inzwischen gibt es auch ein Weblog über die ganze Sache, das über die aktuellen Vorgänge informiert (ich vermute, es wird von Babylon-Mitarbeitern geführt wird)]


Hinter den Kulissen das Filmtheaters Babylon Berlin Mitte wird um bessere Arbeitsbedingungen gerungen

Guter Hoffnung, voller Optimismus und Tatendrang haben sich vor wenigen Wochen die Beschäftigten des Filmtheaters Babylon Berlin Mitte zusammengefunden, um mit der Wahl eines Betriebsrats einen großen Schritt in Richtung Verständigung mit der Betriebsleitung zu tun. Dies schien allen Beteiligten dringend nötig; auch in der Öffentlichkeit waren im vergangenen Jahr die schlechten Arbeitsbedingungen im beliebten Kino Babylon in Berlin Mitte be­kannt geworden, denn im Arbeitsgerichtsprozess eines ehemals vom Babylon Berlin Mitte Beschäftigten wurde offenbar, wie die Geschäftsleitung nach Gutsherrenart mit den Beschäftigten umspringt:

Miserable Löhne, unbegründete Kündigungen und eine Atmosphäre in der keiner, der seinen Job behalten will, es wagt um Urlaub zu bitten, prägen das Arbeitsklima. Doch auch gerichtliche Rückschläge und kritische Fragen der Kinokundschaft und von Veranstaltern scheinen am Gebaren der Geschäftsleitung bislang nichts ändern zu können.

Nachdem dann die erstmalige Wahl eines Betriebsrates Ende November von der Geschäftsleitung nach außen hin sogar begrüßt wurde, geraten gerade die neu gewählten Betriebsratsmitglieder schnell ins Schussfeld der Geschäftsleitung:

Versetzung in die Kellerräume des Kinos und die Nichtverlängerung eines Arbeitsvertrages kurz nach der Betriebsratswahl treffen direkt die Betriebsräte. An einen Zufall glauben die Betroffenen nicht. Beschäftigte des Kinos sehen hier vielmehr eindeutige Signale, die allen Betriebsangehörigen aufzeigen sollen was ihnen droht, sollten sie versuchen ihre Rechte einzufordern.

Die Kolleginnen und Kollegen reagieren aber anders als von manchen erwartet: sie stärken ihren Vertretern den Rücken und fordern von der Geschäftsleitung zunächst nicht mehr als die Einhaltung rechtlicher und menschlicher Mindeststandards: Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit, sowie die Anerkennung der Rechte des Betriebsrates.

Für die Finanzierung dieser Mindeststandards sollte genügend Geld da sein, denn das vielfältige und erstklassige Programm des Filmtheaters lockt steigende Besucherzahlen an den Rosa-Luxemburg-Platz, auch Premiumkundschaft wie die Berlinale lädt sich ins Haus ein; vor allem aber unterstützt der Senat das einzigartige Kino Jahr für Jahr mit mehreren hunderttausend Euro.

Die miserablen Arbeitsbedingungen gehen damit auch die Öffentlichkeit etwas an, die den Betrieb des Kinos zum großen Teil finanziert.

„Unsere Gäste sollen unter den schlechten Bedingungen hier im Babylon nicht leiden, aber ohne den Druck der Öffentlichkeit können wir hier scheinbar nichts ausrichten - die Öfffentlichkeit finanziert uns schliesslich mit!“ So einer der Beschäftigten der ungenannt bleiben will.

Der Betriebsrat des Kino Babylon Berlin Mitte

 




Habe mich mit P. getroffen und dachte, mich mit ihm über seine lang geplante Internetseite zu unterhalten. Stattdessen bin ich irgendwie blöd auf dem Thema "Heimat" hängen geblieben. Zwangsläufig also auch Berlin. Auch Homepage.

Das hat Gründe:

- Der heutige Chat mit F., in dem das Motiv des Kofferauspackens in Berlin mal wieder aufkam. Und der Wunsch, Berlin mal zu verlassen.

- Die Liebste meint, ihre Koffer endlich auspacken zu können. Wenn ich durch unseren dreckigen Kiez streune, bin ich mir jedoch nicht so sicher, ob ich das ähnlich euphorisch formulieren würde.

- Die langen Spaziergänge mit dem Baby durch Berlin, mit neuen Perspektiven auf die gewohnten Ausblicke. Und ja, immer wieder das äußere Gefühl von dem, was dem Bergriff "Heimat" am nächsten kommen würde.

- Letztes Weihnachten auch. Der Streit in der familiären Heimat. Das anschließende Wundenlecken in der eigenen, fragilen Heimat.

Berlin sei schon immer offen gewesen für diverse Projektionen, meint P. Und das, was wir Zugezogenen hier suchen oder verwirklichen, sei immer im Verhältnis zur regionalen Herkunft zu sehen. Das ist jetzt Quatsch. Das hat er so nicht gesagt. Aber er war auf eine Kontextualität zwischen Berlin und provinzieller Herkunft aus. Wir sind hier, weil wir da weg wollten. Wir sind in Berlin, weil wir hier so sein können, wie wir dort nicht sein konnten. Problem nur wieder für jeden: wer ist das ich? Und wenn wir zurürck fahren, erkennen uns selbst, dort wo wir herkommen, um dann wieder im Kern vor uns selbst zu flüchten, wenn wir zurück nach Berlin fahren. Dialektik Dort, wo uns keiner fragt, wo wir wirklich her kommen. Damit kann aber Berlin schwerlich Heimat werden. Eher so ein Interim-Ding höchstens. Alleine wegen der Landschaft. Heimat und die herzliche Umarmung von Landschaft.

Wie dem auch sei. Berlin als Flucht vor sich selbst. Durchlauferhitzer. Projektionsfläche. Höhle für Pelztierchen in ihren Erdlöchern.

Als ich vorhin mit F. gechattet hatte, fragte ich mich plötzlich, wie wir alle wohl mit 70 sind. Schaffen wir was Eigenes oder werden wir wie unsere Eltern? Gibt es ein Wir? Und wenn ja, wie soll das denn aussehen?

Während ich dies schreibe bin ich auf dem Heimweg.

Momentan hier:
Mobile Blogging from here.


 






Ein willkommenes, neues Modeblog: Sneakergirls (via)
 






Photographien von Julia Fullerton-Batten. Dort zu sehen: Teenager im freien Fall (In Between) und auch Riesen in Miniaturen. Besonderes Augenmerk bei mir auf die Serie Teenage Stories, aber alles sehr prima zwischen Teenage Körperlichkeit und artifizieller Über-Inszenierung (via riot36's nagelneuem Blog (womit dann auch hiermit herzlich willkommen in einem sterbenden Medium))
 




... kann man sich hier auf seinem Portfolio ansehen. Ist ein junger Filmemacher aus Lateinamerika, dessen Stücke auf eingen guten Festivals liefen. Ist hier gerade reingeflattert, hab nur kurz reingesehen, auf den ersten Blick ganz interessante, clippige Shorts.
 






Ausgeliehen bekommen und heute morgen gelesen. Comic von Liz Prince, den hier: Delayed Replays. Wenn man da auf Preview klickt, gibt es ein paar Strips aus dem Heft zu lesen. Alles schön ungeschliffen. Also, skizzenhaft, autobiographisch aber sehr symphatisch persönlich. Schöner Klappentext: From Liz Prince, the author of prevoius comics about Liz Prince, comes more comics starring Liz Prince. Witness her playing video games! Marvel at her conversational skills! Wonder at her interactions with cats!
Danach eher müde durch den Tag geschleppt.
 








:::: gesehen am 9.1.2009 im Yorck Kino, Berlin

Deutschland 2009 - Regie: Christian Petzold - mit: Benno Fürmann, Nina Hoss, Hilmi Sözer, u.a.



Eine Dreiecksgeschichte in der ostdeutschen Provinz zwischen einem deutschen Zeitsoldaten, einem türkischen Imbissbuden Besitzer und seiner Frau, die aus dem Schuldensumpf angeheiratet wurde. Der unehrenhaft entlassene Soldat Thomas hat alles Geld verloren, ist arbeitslos und will sich in der Provinz eine neue Heimat aufbauen. Ali, der Imbissunternehmer hat ein gutes Herz und wird von seinen Angestellten betrogen. Seine Frau war vormals wegen hoher Schulden im Gefängnis, hatte Gelegenheitsjobs und heiratete Ali wegen seines Geldes. Drei Figuren also, die emotional verlassen sind und nach Sicherheit in der Einsamkeit suchen. Durch einen Zufall wird Thomas als Fahrer von Ali angestellt, das Liebesdrama nimmt seinen Lauf.

Das Gerüst der Handlung entstammt James M. Cains mehrfach verfilmtem Kriminalroman "The Postman Always Rings Twice". Wenn man das weiss und eine der Verfilmungen kennt, wird weniger die Handlung um den Ehebetrug mit abschließendem Mordplan spannend, sondern wie es Petzold schafft, diese Geschichte innerhalb seiner filmischen Welt zu erzählen, die geprägt ist von Figuren in melodramatischer Schwerelosigkeit zwischen ortsloser Natur (im klassischen Hollywoodmelodram gern den erotischen Exzess symbolisierend) und gesellschaftlichen Zwängen. Als Film ist der Film gelungen aber auch als Remake-Literaturadaption sehr spannend zu betrachten. Wer nur der tragischen Kriminalgeschichte folgen will, ist gebannt. Wer große Filmbilder sehen will bekommt eine pointiert reduzierte Kamera. Und wer sich eher aus kulturtheoretischer Perspektive an Remakes erfreuen kann, hat eine wunderbare Spielwiese an filmischen Referenzen und deren Neuausrichtung im Realismus Ostdeutschlands. Kann ich durchaus empfehlen.

Bleibt nur noch ein kleiner Exkurs: Seit langem mal wieder mit normalem Publikum im Kino gewesen. Sonst sind es ja eher die Fachveranstaltungen oder irgendwelche besonderen Anlässe vor interessierten Filmleuten, wenn ich im Kino sitze. Heute aber ganz normales Freitagabend-20-Uhr Kino-Bildungsbürger-Publikum. Das war ein nicht ganz so angenehmes Kinoerlebnis, wie einem die inhaltlich wie ästhetisch schrecklichen Imagetrailer der FFA immer suggerieren wollen: unkluge Bemerkungen von der einen Seite, Lacher an falschen Stellen, Reden während des Films von der anderen Seite, generell eine gewisse satte, verbohrte, selbstgenügsame Gemütlichkeit die ich da beobachtete. Ich hatte das etwas verdrängt. Ein neuer, persönlicher Level der schleichenden Kino-Abneigung ist bei mir erreicht (gepaart mit der schleichenden Film-Abneigung, puh!). Andererseits liegt es natürlich an einem selbst, wenn man es sich irgendwo in einer kulturellen Nische des medialen Longtails gemütlich macht und den Blick für den unmittelbaren Durchschnitt um sich rum vergisst. Die Berlin-vs.-Restdeutschland-Blase nun auf Ebene der Peergruppen-Wahrnehmung. Nun gut. Zum Glück gibt es mobiles Internet. Aber über dieses Problem schreibe ich vielleicht mal anderswann.
 




Ansonsten ist heute passiert:

# Der sogenannter "A-Blogger" Robert Basic entscheidet sich, sein super geranktes Weblog basicthinking.de auf ebay zu versteigern und hofft auf einigermassen okay viel Geld (Link zur Verkaufsentscheidung). Mir ist das eigentlich egal, weil ich das nie spannend fand, was er da treibt und es für mich keine Kunst darstellt irgendwelche Heise-Forum-Trolls als Fan-Boys zu rekrutieren. Viel bedenkenswerter finde ich, dass der deutsche Blogger mit der grössten Reichweite, offenbar die Medialität "Weblog" in all den Jahren nicht kapiert hat. Aber vielleicht lehrt einem das doch was: Das Internet ist und bleibt für weltfremde Geeks, die nur spielen wollen, aber in echt nicht zubeissen können. Ich hatte eigentlich vor, mich noch durch die Meinungen dazu bei rivva zu klicken, komm da jetzt aber nicht mehr zu, ist mir jetzt auch schon wieder egal. Ist eigentlich keine Meldung wert.

# Die Sache mit den gehakten Twitter-Accounts seit dem neuen Jahr ist am besten beim WIRED Blog nachzulesen. Unfassbar, dass eine Firma, die dabei ist einen weiteren infrastrukturellen Grundstein für das Internet zu etablieren, so schlecht organisiert ist, dass eine Mitarbeiterin das leicht zu knackende Passwort "happiness" verwendet und damit einem 18-Jährigen Zugang zur Admin-Oberfläche von Twitter ermöglicht.

# Aber HALT!!! Wie sieht es denn mit Deinen Passwörtern im Internet aus? Ich gebe es zu, ich muss mir da wohl auch mal was Komplexeres ausdenken. Die Wikipedia zur Frage "Wahl von sicheren Kennworten" kann da als Start nicht schaden:
Moderne Verschlüsselungsverfahren sind technisch so weit fortgeschritten, dass sie in der Praxis außer durch das Austesten aller möglichen Schlüssel - der sogenannten Brute-Force-Methode - meist nur durch einen Wörterbuchangriff geknackt werden können. Die Schwachstelle ist bei beiden Angriffen das vom Benutzer gewählte Kennwort. Damit ein Kennwort nicht unsicherer ist als die eigentliche Verschlüsselung (112 bis 128-Bit-Schlüssel bei gängigen Verfahren), ist für dieses theoretisch eine Folge von etwa 20 zufälligen Zeichen erforderlich. Falls das Kennwort nicht aus zufälligen Zeichen besteht, sind sogar deutlich längere Zeichenfolgen nötig, um die gleiche Sicherheit zu erreichen.

Da die Länge der Kennwörter, die zur Verschlüsselung verwendet werden können, softwareseitig oft begrenzt ist (zum Beispiel bringen Kennwörter mit mehr als 32 Zeichen bei AES keinerlei Sicherheitsgewinn), sollte man immer Zeichenkombinationen wählen, die aus seltenen Wörtern und Wortstellungen, Phantasiewörtern oder fremdsprachigen Wörtern, Anfangsbuchstaben eines Satzes, Zahlen und/oder Sonderzeichen oder noch besser Kombinationen davon bestehen. Deren Bestandteile sollten für einen gut über die Person und ihre Interessen informierten Angreifer nicht vorhersehbar sein. Eine Alternative ist es, einen Kennwortgenerator zu benutzen und sich das Kennwort entweder gut einzuprägen oder an einem geheimen Ort zu notieren.

Ein recht sicheres Kennwort könnte sein: 0aJ/4%(hGs$df"Y! (16 Zeichen). Die Problematik solcher Zufallszeichenfolgen ist jedoch, dass sie schwer zu merken sind und deshalb irgendwo notiert werden. Eine leichter zu merkende Alternative ist ein einstudierter, zeichenweise veränderter Satz wie „dIE bANANNE*3 durch 1/4 nIKOTIN.“ (32 Zeichen), wichtig ist hier das Einstreuen von genügend Zufallszeichen. Gut geeignet ist die Verwendung der Anfangsbuchstaben eines Satzes („Hd7B%sd7Z“ gebildet aus den fett hervorgehobenen Zeichen von „Hinter den 7 Bergen % sind die 7 Zwerge“, mit eingestreutem Sonderzeichen).

Die Verwendung von Sonderzeichen kann zwar einen Sicherheitsgewinn bringen, da ein Kennwort dadurch komplexer wird, dennoch ist davon abzuraten, wenn mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass das Kennwort auch im Ausland verwendet werden muss, weil nicht auf allen Tastaturen die gleichen Sonderzeichen vorhanden sind.

Filmzitate, berühmte Aussprüche, Aneinanderreihungen von einfachen Wörtern, Geburtsdaten, Geburtsnamen, Haustiernamen, etc. sind als Kennwörter zu vermeiden, da sie mittels des Wörterbuchangriffes oder durch einen informierten Angreifer leicht geknackt werden können.


Nimm es ernst! Denn wenn Du es heute mit deiner Sicherheit im Netz ernst nimmst, wird dann auch in vielleicht 12 Jahren der Dödel-Admin, der am Hebel sitzt im Amt für die echte Sicherheit deiner Daten sorgen.
 







Photo uploaded by Marshall Astor - Food Pornographer.

Ich war vorhin im Theater und fand das Stück gar nicht mal so uninteressant. Das fanden Andere nicht. Nun gut, es war Premiere und in der Technik lief ein wenig schief. Und wenn dann die Schauspieler sich in ihrer Sache auch noch nicht so ganz sicher sind, dann wabbelt so eine Inszenierung schnell mal. Trotzdem, war gut! Es gab im HAU die Uraufführung einer Collage zum Thema Automobil mit dem Titel AUTO - unter der Regie von Gesine Danckwart. Bei Collagen zu komplexen Themenkomplexen darf man von vorne herein nicht zu viel Zuschauerführung durch Narration oder Dramaturgie erwarten. Meist ist diese Form des Theaters stark assoziativ gehalten mit sehr vielen Eindrücken, die wie Puzzleteile in der Schwerelosigkeit schweben. So auch hier. Viele gute Einzelteile, die sich aber erst durch den wahrnehmenden, sich auf die Inszenierung einlassenden Zuschauer zu einem Ganzen zusammensetzen. Beginnend mit der szenischen Einführung über die zitierfähige Kulturgeschichte des Autos wird schließlich die gesamte Produktionsstätte des Theatergebäudes für das Publikum durch inszenierte Führungen eröffnet, wodurch Parallelen zwischen Theater- und Automobilindustrie (Stichwort Autostadt in Wolfsburg) gezogen werden. Es wurden an dem Abend drei lebensgroße Autos auf der Bühne hergestellt, von deren Schicksal (vom Jubelobjekt, zum Unfall, zum Schrott) dann abschließend auch noch erzählt wurde. Gelungen, wie ich finde, wenn auch nicht bis ins Letzte auf Glanz geschliffen. Wenn dann aber der Herr Redakteur zur Premierenfeier am Tresen von seinem wunderschönen Oldtimer erzählt und nicht verstanden hat, dass es genau darum ging, diesen blöden Nutzgegenstand Auto einmal nicht zu heorisieren, dann war der Abend wohl nicht laut genug. Die Auto-Lobby ist schuld mit ihren Millionen. Das Stück AUTO ist noch bis zum 12. Jan. 2009 jeweils um 19.30 UHR im HAU 1 zu sehen.

Der Liebsten ihr Auto ist eines der wenigen in unserer Straße, das seit dem Schnee ungenutzt.
Auf dem Heimweg habe ich dann entdeckt, dass die Liebste ihr Auto als beinahe Einzigste in unserer Straße seit dem Schneefall nicht genutzt hat.
 




Ich lass mich mal treiben, textuell. Noch keine genaue Ahnung, wo die Aufregung nun her kommt, warum mich das beschäftigt und wo das Schreiben hier jetzt hinführen wird. Aber gestern fühlte ich mich (mal wieder) etwas gestört an den Weltverbesserungsidealen, die manche Blogautoren lautstark mit ihren Artikeln vor sich her tragen. Besonders gestört hat mich dabei die kurze Lektüre einiger deutscher Profiblogger in meinem Reader, die sich nicht selten internet-populäre Themen raussuchen - natürlich immer in guter Absicht - und diese mit ähnlichen populistischen Mitteln kundtun und rhetorisch "aufjazzen", wie jene ollen Medien (Bild, das Fernsehen, etc.) oder vergreisten Politiker, deren ideologische Haltungen und Handlungen sie eigentlich kritisieren. Klar, die alte Frage Zahn um Zahn, Gleiches mit Gleichem ... kenn wir ja, muss man nicht lange diskutieren. Was man aber diskutieren könnte ist, ob es eventuell eine viel tiefere Sache ist, die uns da umtreibt, wenn wir Blogger kritisieren, was wir so andauernd kritisieren.

Von allen Müttern und Vätern in der Welt, sind meine Mutter und mein Vater die, welche mich am geilsten so richtig nerven können. Dieses "Woher-ich-komme" lässt einen nicht los. Uns alle nicht, und wir wehren uns dagegen. Mit aller Kraft. Und so gern ich all eure Fotos im Netz mir anschaue von euren familiären Weihnachtsbäume in bildungsbürgerlichen Hütten, aus denen wir alle mehr oder weniger zu entstammen scheinen, umso deutlicher macht diese veröffentlichte Privatsphäre das, was man eigentlich nicht gerne unbeauftragt deuteln lassen möchte: Jenes, gegen das man sich tiefenpsychologisch implizit auflehnt, wenn man bloggt.

(EDIT: Missverständlich ausgedrückt. Man lehnt sich nicht gegen die Privatsphäre auf. Ich meine, die veröffentlichte Privatsphäre eines Bloggers bildet ein zusätzliches Indiz dafür, gegen was jener sich implizit eigentlich aufregt, wenn er einen sozial-, politik- oder sonstwie-kritischen Beitrag schreibt. Ein Beispiel: Fotos eines Bloggers, wohnhaft seit zwei Jahr in Friedrichshain, von Weihnachten in dicker Hütte irgendwo im südlichen Deutschland bei den Eltern mit Rotwein vorm Karmin. Warum macht der Blogger überhaupt dieses Foto und stellt es irgendwo online, wenn er doch sonst versucht in seinen gesellschaftskritischen Blogpostings sich gerade von diesem bildungsbürgerlichen Lifestyle und Weltanschauungen abzuwenden? Weil wir doppelt gebunden sind. Weil so das Leben ist. Das was wir lieben, hassen wir manchmal gleichzeitig. Daher sind Blogs so toll, wenn sie es schaffen, neben aller Ernsthaftigkeit auch Privatheit gelten zu lassen. Blogs die das bewusst vermeiden, finde ich persönlich uninterssant, und machen sich was vor in ihrer strebsamen Weltaufklärungs-Rhetorik.)

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf lesen sich Blogs gleich ganz anders. Egal ob privates Rumgeeiere oder vermeintlich Gesellschaftskritisches. Warum regt der sich da gerade über 15 Minuten Verspätung bei der Bahn auf, weil er selber immer zu früh kommt? Weil jener ein Lobby-Blogger-Streber ist, muss er Politiker dissen, die meist eben solche Streber sind und mit genau den Mitteln, wie sie Politiker und Lobbyisten nutzen um sich anzufeinden? Warum kritisiert gerade Hinz den Kundenservice von Hunz, wenn Hinz doch seinen Kunden gerade auch nicht im Fahrwasser schwimmt? Wenn ich eine schlechte Filmkritik schreibe, bin ich meistens genervt über mich, darüber, dass ich in der Zeit nichts Besseres angestellt habe (etwa einen vernünftigen Film gedreht habe, vielleicht (okay!!)). Oder sonst was, jedenfalls nichts Besseres. Das ist aber nicht die Schuld des Films, oder des Filmemachers, aber: auch nicht meine, denn ich schreibe keine Filmkritiken mehr. Höchstens persönliche Blogeinträge. Aber eine schlechte Filmblog-Kritik zu schreiben ist ebenso unbefriedigend und hilft bei all dem leider gar nicht weiter. Oder zumindest lehrt einen diese Erfahrung des unbefriedigenden Textes nicht, wieder einen Film zu sehen, wieder mit der unsagbaren Hoffnung, endlich etwas Gehaltvolles zu sehen, dass einem erspart, jemals wieder ins Kino zu müssen und - aber ich schweife aus. Das Wort "Filmkritik" kann in diesem Zusammenhang jedoch gerne durch "kritisches Blogposting" über was auch immer ersetzt werden. Deutungshoheit liegt beim Leser.

Weblogs als offene Briefe an Who the Fuck sollte eigentlich mein Thema für heute werden. Denn ich hab mich gestern hauptsächlich über obiges Zeug Gedanken gemacht und dann heute Vormittag kurz mal bei einem Kumpel vorbei gelesen und fand ganz frisch einen Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, über den ich mir heute beim Busfahren einige Gedanken gemacht habe. Da war sie wieder! Diese idealistische Haltung, man könne vielleicht durch Meinung haben in einem Blog doch etwas an dem Gesamtkack ändern. Abgesehen davon, dass ich den Autoren kenne, ich eine ziemlich okaye Meinung von ihm habe und er sowieso meistens Recht hat, macht er eines richtig: Er adressiert nicht an Who the Fuck (wie viele Blogger), sondern hat den Brief an einen anderen Kumpel von mir geschickt: den Wowi. Weiss jetzt nicht, ob mit Post. Aber Wowi wird schon Google Alerts für seinen Namen aktiviert haben, obwohl ... ?

Schwupps wären wir wieder beim eigentlichen Problem, glaube ich. Denn wie sicher können wir eigentlich sein, dass das, was wir so bloggen, auch seinen eigentlich adressierten Adressaten findet und nicht nur im eigenen Saft der Blogleser schmort. Okay, es gibt technische Tools und Agenturen, die das für so richtig fette Firmen scannen. Aber nur mal ich jetzt zum Beispiel mit diesem Posting: Den Bahn-Aufreger muss ich nicht verlinken, den kennen wir alle in uns selbst. Genau wie den Hinz, der gegenüber seinen Kunden den Hunz macht. Und den Netzpolitikblogger kennne wir auch alle. Ich will mich mit dem auch nicht anlegen, find nur die Art wie er bei 3sat über Mac-User herzieht, nur weil er sich proprietäre Computerlösungen nicht leisten möchte, ziemlich unpassend. Klar, die Politik der Plattformen. Revolution hat aber auch immer etwas mit Lifestyle zu tun. Und ist halt Mist, wenn die IT-Avantgarde der CCC-Kongress Besucher hauptsächlich Mac-User sind und olle Linux nicht nur politisch "PC" ist.

Eigentlich wollte ich schreiben, wie ich das finde, was Achim findet in seinem Posting an den Bürgermeister, wo er recht hat und wo nicht mit der Stadtpolitik und dem Stadtmarketing. Und dass sich Berlin für mich und vorher schon immer so verhalten hat, wie was er kritisiert, und er trotzdem Recht hat, weil die Politik der Stadt immer nur Politik macht, aber die Stadt mehr ist als ihre Politik und sich immer Lücken finden und Clubs, Szenen und Cultures, die die Lücken suchen. Achim, wann treffen wir uns endlich mal wieder für lecker Bier und Stammtisch?

Was machen wir überhaupt? Wem zum Fuck schreiben wir da eigentlich immer? Alle Fragen offen, ich leicht soffen.
 






TRISTESSE DELUXE

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