Eben kommt hier eine Pressemitteilung vom im letzten November neu gegründetem Betriebsrates des Kinos rein, in dem ich im Jahr 2007 als Filmvorführer gearbeitet hatte. Die Arbeitsbedingungen im Kino führten letztes Jahr sogar zu einem Rechtsstreit vor dem Berliner Arbeitsgericht (Bericht dazu auf taz.de). Offenbar lernt die Geschäftsleitung nicht dazu. Ich habe keine finanzielle Rechnung mehr mit dem Kinobetreiber offen, aber durchaus immernoch eine emotionale, denn auch ich litt unter den miesen Bedingungen. Daher lasse ich es mir nicht nehmen, die Kollegen zu unterstützen, und die Pressemitteilung hier zu veröffentlichen:

[EDIT, 22.1.2009: Inzwischen gibt es auch ein Weblog über die ganze Sache, das über die aktuellen Vorgänge informiert (ich vermute, es wird von Babylon-Mitarbeitern geführt wird)]


Hinter den Kulissen das Filmtheaters Babylon Berlin Mitte wird um bessere Arbeitsbedingungen gerungen

Guter Hoffnung, voller Optimismus und Tatendrang haben sich vor wenigen Wochen die Beschäftigten des Filmtheaters Babylon Berlin Mitte zusammengefunden, um mit der Wahl eines Betriebsrats einen großen Schritt in Richtung Verständigung mit der Betriebsleitung zu tun. Dies schien allen Beteiligten dringend nötig; auch in der Öffentlichkeit waren im vergangenen Jahr die schlechten Arbeitsbedingungen im beliebten Kino Babylon in Berlin Mitte be­kannt geworden, denn im Arbeitsgerichtsprozess eines ehemals vom Babylon Berlin Mitte Beschäftigten wurde offenbar, wie die Geschäftsleitung nach Gutsherrenart mit den Beschäftigten umspringt:

Miserable Löhne, unbegründete Kündigungen und eine Atmosphäre in der keiner, der seinen Job behalten will, es wagt um Urlaub zu bitten, prägen das Arbeitsklima. Doch auch gerichtliche Rückschläge und kritische Fragen der Kinokundschaft und von Veranstaltern scheinen am Gebaren der Geschäftsleitung bislang nichts ändern zu können.

Nachdem dann die erstmalige Wahl eines Betriebsrates Ende November von der Geschäftsleitung nach außen hin sogar begrüßt wurde, geraten gerade die neu gewählten Betriebsratsmitglieder schnell ins Schussfeld der Geschäftsleitung:

Versetzung in die Kellerräume des Kinos und die Nichtverlängerung eines Arbeitsvertrages kurz nach der Betriebsratswahl treffen direkt die Betriebsräte. An einen Zufall glauben die Betroffenen nicht. Beschäftigte des Kinos sehen hier vielmehr eindeutige Signale, die allen Betriebsangehörigen aufzeigen sollen was ihnen droht, sollten sie versuchen ihre Rechte einzufordern.

Die Kolleginnen und Kollegen reagieren aber anders als von manchen erwartet: sie stärken ihren Vertretern den Rücken und fordern von der Geschäftsleitung zunächst nicht mehr als die Einhaltung rechtlicher und menschlicher Mindeststandards: Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit, sowie die Anerkennung der Rechte des Betriebsrates.

Für die Finanzierung dieser Mindeststandards sollte genügend Geld da sein, denn das vielfältige und erstklassige Programm des Filmtheaters lockt steigende Besucherzahlen an den Rosa-Luxemburg-Platz, auch Premiumkundschaft wie die Berlinale lädt sich ins Haus ein; vor allem aber unterstützt der Senat das einzigartige Kino Jahr für Jahr mit mehreren hunderttausend Euro.

Die miserablen Arbeitsbedingungen gehen damit auch die Öffentlichkeit etwas an, die den Betrieb des Kinos zum großen Teil finanziert.

„Unsere Gäste sollen unter den schlechten Bedingungen hier im Babylon nicht leiden, aber ohne den Druck der Öffentlichkeit können wir hier scheinbar nichts ausrichten - die Öfffentlichkeit finanziert uns schliesslich mit!“ So einer der Beschäftigten der ungenannt bleiben will.

Der Betriebsrat des Kino Babylon Berlin Mitte

 





Photo uploaded by tristessedeluxe.

Da ich ja nur noch 3 Schichten auf Kinoarbeit vor mir habe, jedenfalls da in dem Kino seit 13 Monaten, habe ich mir mal erlaubt, ein paar Erinnerungsbilder von dem nun vakanten Arbeitsplatz zu machen, die man sich, wenn es denn interessiert, hier als Slideshow ansehen kann. Oder hier ohne Show. Da waren auch noch mehr Fotos auf dem Speicher, die hab ich dann mal auch gleich online gemacht. Nichts Wichtges, mal was mit der Katze, mal den beneidenswert spartansichen Arbeitsplatz von mspro.

Schluss mit Kinoarbeit. Jeden Tag gewinne ich mehr Abstand zu dem Job. Geht superschnell. War gute Entscheidung da nicht mehr mitspielen zu wollen. Nur man vergisst so schnell. Eben vorhin schöne, ruhige Schicht, mit netten Abschiedsgesprächen. Fast schon wieder schade. Ach sei's drum, es hat genervt.


 




Der Cheffilmvorführer, dessen Aufgabe es auch ist, zwischen uns und der Geschäftsleitung zu vermitteln, schrieb eben eine kryptische E-Mail:
Es steht im BWR1 eine Box mit Ohrenstöpseln zur Eurer Verfügung. Gebrauchsanleitung ist auf dem Karton abgebildet. Gruss - D.

Sehr rätselhaft. Es ist nicht zu laut in den Bildwerferräumen. Das wird es also nicht sein. Vielleicht will er damit seiner Wut Ausdruck verleihen, dass wir weder auf ihn noch auf die Geschäftsleitung mehr hören mögen. Hihi!
 




Ich mach das jetzt. Ich ruf anonym meinen blöden Kinochef an. Und sag nix. Zu den blödesten Zeiten. Einfach, weil ich es kann.
 




Glückwunsch, lieber Kinochef, dass Du dich so langsam mal zusammen mit der neuen Buchhaltung mit dem Begriff "Lohnnebenkosten" beschäftigt hast. Als nächstes kommen dann die coolen Wörter "Feiertagszuschlag", "Elternzeit" und ganz wichtig: "Urlaubsgeld". Kann ja nicht immer so weiter gehen, dass Du bei dir Beschäftigten, die ihr Recht auf bezahlten Urlaub beanspruchen, den 6-Monats-Vertrag nach Ablauf nicht mehr verlängerst, oder? Jeden Monat neue Leute anlernen ist auch keine Lösung. Unsere Filmvorführer-Verträge enden übrigens fast alle am 31.12., wäre schön, mal den Entwurf eines neuen Vertrags zu sehen. Stattdessen sendest du Foyer-Funk, dass jeder, der Deine blöde Filmvorführer-Prüfung nicht macht, 50 Cent weniger Stundenlohn bekommen soll. Was war denn am Prüfungstermin Ende November? Ich war da, aber keine Prüfung! Glaubst du wirklich, eine Prüfung, ob langgediente Filmvorführer unterschiedliche Filmformate spielen können, wird die Probleme lösen? Es gibt ein russisches Sprichwort: Der Fisch beginnt am Kopf zu faulen. Die Probleme entstehen durch Fehlplanungen. Ich sag nur Belegungsplanung der Kinosääle und nicht aufeinander abgestimmte Anfangs- und Endzeiten von Filmlaufzeiten. Man hört, du befürchtest, wir Filmvorführer könnten streiken wollen. Ich kann Deine Befürchtung durchaus verstehen, nur wir brauchen lustigerweise gar keinen Streik. Deine Verträge mit uns enden am 31.12. - und wenn die nicht verlängert werden - ohne Lohnabzug und mit kündigungsfreiem Anspruch auf Urlaub - bleibt das Licht aus, Alder!

</luftablassen>

PS: Ich glaub, ich will einen anderen Job. Vielleicht auch ganz dringend mal nicht einfach der Wechsel von Frittenbude zur nächsten Frittenbuse.
 






Nicht angekündigter Saaltausch (inkl. Filmunterbrechung nach 30min., Saalwechsel mit Film und Publikum), falsche Filmtitel auf der Programmdispo, Start und Endzeiten von Filmen überlagern sich, Regisseure, die ihre Vorführkopien nicht beschriften können. Dann habe ich ein Bier, einen Kubalibre und noch ein Fahrradbier getrunken und alles war vergessen. Vielleicht sollte ich dem Kinochef aber doch noch eine Mail schreiben? Bessern wird sich dadurch aber wohl nichts, aber vielleicht lässt es etwas Luft aus der Blase.
 




Der Kinochef wünscht sich Tests für die Filmvorführer. Als Termin angesetzt wurden vor ein paar Wochen morgen und übermorgen. Bis jetzt haben wir keine Uhrzeit und keine Regelungen für den Test bekommen. Wir Vorführer sind uns einig: Das ist Quark.
 




Der Himmel durch die sich lichtende Linde im Hinterhof.

Die Sonne auf meinem Gesicht hatte mich geweckt. Der Himmel durch die sich lichtende Linde im Hinterhof. Das Geräusch von Graugänsen auf dem Zug nach Süden, dass ich auch eben wieder hörte, als ich nach Hause kam. Ich wohne jetzt in einer Gegend dieser großen Stadt, wo man so etwas hören kann.

Es ist ein Schmenn Kochalka - Vormittag

Dann nicht aufgestanden, Kochalka-Comic weitergelesen mit schnarchendem Kater am Fußende. Fast sowas wie innere Ruhe gefunden, Ausgeglichenheit. Dann aber beschimpft worden. Wahrscheinlich wegen den Hormonen und Nachhall von letztem Wochenende.

Film: Cesare Pavese. Turin-Santo Stefano Belbo

Nachmittags bis eben Kinoarbeit. Fing gut an, Stimmung arg gekippt, adäquat zur allgemeinen Stimmung unter den Kollegen. Es bahnt sich eine Meuterei an, wenn der Kapitän so weiter macht. Neulich wurd auch ich vom Kinochef angeschrien für Kram, den nicht ich verzapft habe. Das kommt wohl mal bei allen vor. Die neue Assistentin fürs operative Geschäft ist nach einem Tag wieder gegangen.

Eben noch per E-Mail ein Lob von jemandem aus dem Publikum bekommen für meine Projektion am frühen Abend. Das tut gut. Versöhnt mit dem Scheiß eines Tag, der sehr ausgeglichen und vielversprechend anfing und dann aber auch nur einfach wieder entglitten ist.
 




Vorführkopie.

Es gab heute nicht so viel zum Abendessen - ein Bounty und die angefangene Tüte Gummibärchen, die wohl Herr Król nach der Lesung heute in der Gaderobe liegen gelassen hat. Ich komme gerade gelangweilt und leicht melo von der Kinoarbeit. Zum einen, weil das da heute mal gar nicht so viel zu tun gab. Zum anderen, weil der Disponent mir heute eröffnet hat, dass er noch diesen Monat zu CineStar wechselt. Ich gehe davon aus, weniger Nerv für mehr Geld. Dass er zu den Bösen geht, ist auch nicht das Problem, dass Problem ist, dass ich in dem Laden - nach nichtmal einem Jahr - langsam zu den altgedienten Herren gehöre. Der Disponent hat ungefähr mit mir da angefangen. Ich mochte den, der war da wie ich irgendwie Fehl am Platz. Immer wenn ich Kinoarbeitsgram verspührte war er mir ein Licht, dass mich wissen ließ, "du bist nicht allein, lass uns diesen Weg gemeinsam überstehen". Wie z.B. rottige, selbstgebrannte, verschmutze und unbeschriftete DVDs ohne Hüllen von Kinoevent-Veranstaltern, wie z.B. die da oben auf dem Bild, die mir heute übergeben wurde für den feierlichen Festivalabend morgen Abend. Abgesehen davon, das DVD kein adäquates Vorführmedium auf einer 10 Meter breiten Leinwand über einen HD-Beamer ist, gehört sowas beschriftet! Aber egal. Viel wichtiger: Warum bin ich eigentlich noch da, wenn andere lieb gewonnene Mitarbeiter längst das Boot verlassen (haben).
 




A.C.A.B.

Auf Kinoarbeit ist in letzter Zeit alles sehr routiniert. Selbst Pannen quittiere ich meist nur noch mit einem Schulterzucken. Außer wenn ich was verbockt habe - dann isses mir arg unangenehm. Isso.

Heute war mal wieder eine Filmpremiere. Großer Bahnhof im vorhinein. Auf der Tagesdispo stand schon laut: "Achtung mit anwesenden Filmemachern. Und 300 Gästen!!!" (ungefähr soviel passen auch in den großen Saal). Der Film sollte digital vom Server gespielt werden. Ganz toll, neue Technik, alles digital. Ist viel besser. Isso. Außer bei Stromausfall bei der Vorstellung. Dann kannste erstmal wieder den Server hochfahren und den Film an die richtige Stelle spulen. Oder der Filmverleih bekommt es nicht hin, die richtige Datei ins Kino zu schicken. Bild ja, Ton nein! Huch! Gestern getestet, heute zweiter Versuch mit neuer Datei auf mobiler Festplatte - haut immer noch nicht hin. Prima Premiere von DVD. Von den 300 sind auch nur 180 Gäste gekommen - inklusive Gästeliste.

An der Projektion konnte man - vom Gong bis zum Vorhang - nüscht meckern, finde ich.

Weil es auf Kinoarbeit wenig Neues gibt (neben dem üblichen Rumgezicke der Technik), fange ich seit einigen Wochen an, die Fahrstrecke zur Arbeit zu improvisien. Hier mal lang, da mal lang. Neulich dachte ich, ich hätt eine Strecke gefunden, die 5 Minuten kürzer ist. Aber getäuscht, lag am Rückenwind. Es bleiben 30 Minuten. Wird auch schon langweilig, das. Daher bin ich heute mal zur Abwechslung die alte Strecke langgefahren. Immer schön gerade aus die Hauptstraße runter. Hab ich das Graffiti da oben gesehen:

A.C.A.B. - All Creatures are Bewtiful :-). Musste ich gleich nochmal schmunzelnd an meinen Kinochef denken, wie er vorhin nach der Premiere nach vorne ging, um die Gäste auf das Podest zu bitten. Er stand hinter dem Podest in dem kleinen Graben zwischen Leinwand und Podest. Beinahe hätte er sich in dem sich schließenden Vorhang verheddert. Einfach Bewtiful! Fast wie hier in diesem stylish-komischen Kurzfilm: ZEIT (da am Anfang, als der Vorhang aufgeht...).
 








TRISTESSE DELUXE

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