Es ist ja ganz nett, Teil einer medial aufgewerteten Looser-Generation zu sein. Die aktuelle Zitty, die eine junge Studentin heute morgen mir gegenüber in der U-Bahn las, hat eine Titelstory einer 22-jährigen: "Die wollen nur spielen" - Menschen um die 30 können oder wollen nicht vorwärts. Aber es hilft nicht wirklich. Wieder fühle ich mich erwischt, durchschaut und doch nicht wirklich verstanden. Wieder das Gefühl, gar nichts wirklich ändern zu können, sondern verdammter Teil einer greisen Jugendbewegung zu sein.
Mir schwirrt der Film Die Spielwütigen von neulich noch durch den Kopf. Sich auf eine Profession festlegen, gleich nach der Schule, mit klarer Vorstellung eines Lebenssinns aus dem Inneren heraus die entscheidenden Weichen stellen können, komme was da wolle. Sehnsucht, jünger zu sein.
Gestern im Offenen Kanal Berlin gab es Uni-Streikfernsehen. Studierende, die nicht mal ohne sich zu verheddern vom Blatt lesen können, dann sich ihr Lachen nicht verkneifen können und gestikulierend die Regieanweisungen kommentieren. Live. Keine Sehnsucht, jünger zu sein.
War im Aquarium am Zoo. Seit 10 Jahren mal wieder. Da war nur Schauwertiges, hab wenig gelernt, Kinder interessieren sich nur für Nemo. War ein bißchen deprimierend, wie immer im Zoo.
Porrajmos - The Gipsy Holocaust
Ungarn 2002 - Regie: Agota Varga - 93min
Erinnerungen der Verletzung von Zigeunern in Ungarn gegen Ende des 2. Weltkriegs
Csúnya Betegség (Nasty Disease)
Ungarn 2002 - Regie: Zolt Juhász, Sára Schilling, Péter Szalay - 26min.
Die Eisenbahn und Dampfloks sind Lebensinhalt von 3 Männern mit unterschiedlicher Sicht auf den Umgang mit der Maschine- 3 Generationen: eine beendete Karriere, eine Erfüllung des Lebenstraums, eine Suche nach der Erfüllung.
Große Ausfahrt
Deutschland 2002 - Regie: Maximilian Erbacher - 60min
Porträt von Tagebauarbeitern
Sapiens
Regie: Alexander Ragoschkin - 13min
Zur Auflockerung ein Kurzspielfilm, der sich zu uns verlaufen hatte: Perspektive einer Pflanze von einem Straßenrand aus, Autos, Menschen und Tiere kommen vorbei. Dinge geschehen, bis die Blume geplückt wird. Sehr schöner Kurzfilm.
Mikor Szolgának Telik Eszlendeje (When Serving Years Go Past)
Ungarn 2002 - Regie: Attila Moharos - 42min
muss ich nochmal nachsehen, kann mich gerade gar nicht dran erinnern
Tabu
Ungarn 2003 - Regie: Ester Nordin - 75min
Doku über das Tabu der Sexualität von geistig Behinderten. Viele Einzelfälle, viele unterschiedliche Institutionen in Ungarn und ihre Herangehensweise an das Problem. Quantität statt qualitative Auswahl.
Táncremd (Ballroom Dancing)
Ungarn 2003 - Regie: Lívia Gyarmathy - 46min
Ein Tanzlehrer fährt auf ein Dorf ins Nirgendwo, um den Bewohnern Tanzunterricht zu geben, nach und nach lernen wir die Dorfbewohner einzelnd kennen und ihre Beziehungen zueinander. Ein bißchen wie ein Jaque Tati-Film, halt nur dokumentarisch.
Am Rande der Welt
Russland / Deutschland 2003 - Regie: Elena Bettkober (Rodnikowa) - 18min
Was ist Heimat, wenn man gegangen ist? Persönliche Auseinandersetzung der Filmemacherin als sie nach 8 Jahren wieder nach Russland fährt. Sehr assoziativ, merkwürdig auseinanderliegende Bild-Ton-Schere.
Visit Iraq
Deutschland 2003 - Regie: Kamal Aljafari - 28min.
Das seit 12 Jahren verlassene Büro der "Iraqi Airways" in Genf ist Anlass, Bewohner des Viertels zu befragen. Ist das Büro ein Überbleibsel einer Geheimdienstaktion, oder warum wurde die Filiale der Fluggesellschaft nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, obwohl die Miete noch immer bezahlt wird? Der Film spielt mit medial-vermittelten Vorurteilen und Erklärungsmustern, um letztendlich keine Antwort zu geben.
One Missed Call (Chakushin ari)
Japan - Regie: Miike Takashi :::: gesehen am 15.2.04 im Forum der Berlinale
Horrorfilm, in dem der Tod für eine Gruppe von Jungenlichen durch das Handy kommt. War ganz nett, aber hab mich schon mal mehr gegruselt. Kann mir gut vorstellen, dass es da irgendwann ein Hollywood-Remake von geben wird. Die Story wäre jedenfalls dazu geeignet.
Die Spielwütigen
Deutschland - Regie: Andreas Veiel :::: gesehen am 15.2.04 im Panorama der Berlinale / Publikumspreis
Porträt von vier Schauspielschülern. Der Film folgt ihnen über sieben Jahre vom ersten Vorsprechen an der Berliner Schauspielschule "Ernst Busch" bis zu ihren ersten Engagements nach der Schule. Für eine Langzeitbeobachtung verändert sich nicht viel in den beobachteten Schülern. Hätte ich mehr erwartet, mehr auf und ab im Leben, stattdessen plätschert das eher so vor sich hin. Teilweise sehr lustig, hat aber auch Längen, wo ich weniger Schauspielübungen und Schulinterna und mehr vom Leben der Leute gewünscht hätte.
Fühl mich - jetzt nach der Berlinale - emotional ausgelaugt. Ich glaube, ich muss mal ein Jahr oder zwei aussetzten.
HAVA ANEY DEY
Indien/Frankreich - Regie: Partho Sen Gupta :::: gesehen am 14.2.04 im Forum der Berlinale
Porträt einer indischen Jugend, die sich in der schnell wandelnden kapitalistischen Gesellschaft von Wohlstand träumt und zugleich der realen, alltäglichen Bedrohung durch den Konflikt der Atommächte Indien und Pakistan ausgesetzt ist. Stilistisch eher westlich geprägt problematisiert der Film eingepackt in eine Liebes- und Freundschaftsgeschichte sehr anschaulich den Zwiespalt Jugendlicher, einerseits die Alltags- und Konsumkultur des Westen reizvoll zu finden, andererseits aber der Heimatkultur den Rücken zu kehren auch keine Lösung darstellt. Die Frage nach der glücklichen Zukunft in der Immigration oder in der Heimat. Krasses, pessimistisches Ende: es kommt zum Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan. Hat mir persönlich - wo ich so gar keine Ahnung von Indien habe (außer aus dem Kino) - eine weitere Perspektive des Landes gegeben.
THE GRAFFITI ARTIST
USA - Regie: Jimmy Bolton :::: gesehen am 14.2.04 im Panorama der Berlinale
Die Geschichte zweier junger Graffitikünstler und ihrer Probleme. Gedreht im Bundesstaat Oregon, dem ersten Staat in den USA, in dem Graffitisprayer grundsätzlich mit Gefängnis bestraft werden. Freundschaft zwischen zwei Jungen, die kurz ins Homoerotische abrutscht und immer die Angst von der Polizei geschnappt zu werden. Stilistisch: in DV-Handkamera Low Key und kühl. Die Figuren bleiben im Sprayer-Ghetto der nächtlichen Industriegebiete. Das Ziel, Graffiti als eine Kunst darzustellen und die Jungs mit dem Film zu entkriminalisieren, hat der Filmemacher meiner Meinung verfeht.
Die Gewinner der Berlinale 2004 stehen fest. Von der langen Liste hab ich nur zwei gesehen, und auch nur welche, die Nebenpreise gewonnen haben. Ich frag mich, wo ich die letzten Tage eigentlich war? Andererseits bedeutet das, dass ich im kommenden Jahr noch einige schöne Filme sehen kann.
JARMARK EUROPA
Deutschland - Regie: Minze Tummescheidt :::: gesehen am 13.2.04 im Forum der Berlinale
Essayistische Dokumentation über einen großen Basar in Warschau, auf dem zwischen Weißrussland und Polen pendelnde Händler am Rande des Existenzminimums ihr Auskommen suchen. Die Filmemacherin porträtiert einige Händlerinnen, reist mit ihnen über die Grenze und thematisiert dabie auch ihre eigene Beobachtungshaltung. Hat mir gut gefallen, schöne Bilder, auch wenn der Film einige Längen hat und man ihm anmerkt, dass der Filmemacherin es schwer viel, all ihre Eindrücke zu komprimieren. Teilweise recht naive Eindrücke, teilweise sehr clevere Beobachtungen.
QUATRO NOZA
USA - Regie: Joey Curtis :::: gesehen am 13.2.04 im Panorama der Berlinale
Dramatische Eifersuchts- und Rachegeschichte, angesiedelt im Milieu mittelamerikanischer Einwanderer in den Vorstädten von Los Angeles, wo die Jugendlichen illegale Autorennen veranstalten. Der Film hat mir sehr gut gefallen, ist ein modernes Melodrama im Digital Cinema Stil. Der technische Stil der Bildebene wirkt nicht kühl, sondern die Effekte spielen mit klassischen Melodramstilen und retten sie in eine zeitgemässe Darstellung, ohne zu schwülstig zu wirken. Eigentlich eine moderen Version des James Dean Films "Den sie wissen nicht, was sie tun".
JA LUBLJUTEBJA
Russland - Regie: Olga Stolpovskaja; Dimitrij Troitskij :::: gesehen am 13.2.04 im Panorama der Berlinale
Die schöne Nachrichtensprecherin Vera verliebt sich in den in der Werbebranche tätigen Tim. Die Beziehung scheint zunächst wunderbar zu laufen, doch eines Tages findet Vera ihren Freund in den Armen eines anderen Mannes. Die erste offen schwule Beziehungskomödie aus Russland. Teilweise zum Schreien komisch, teilweise etwas skuril, hat sich aber gelohnt.
Eines dieser neuen Berliner Lifesytle Mazine hat mich gefragt, ob ich einen Text zur Popularität von Mysterie-Fernsehserien schreiben könnte, schnell, am besten bis sofort. Würde ich schon gern machen, habe ich geantwortet. Nach ein bißchen hin und her kam raus, im Gegenzug bekäme ich Freiexemplare. Bei einer Auflage von 45.000 Stück und Anzeigenpreisen von 6.200,- € der 1/1 Seite war mir das dann doch nicht Anreiz genug. Okay, Berlin ist tariffreie Zone, okay mag eine coole, aufstrebende Zeitschrift sein. Aber hey, das Thema ist schon seit 5 Jahren nicht mehr hipp und um den eigentlich geplanten Montag mit der Liebsten aufzugeben, muss schon ein bißchen mehr als ein paar kostenlose Hefte rüberkommen. Wir sind ja schliesslich nicht mehr bei der Schülerzeitung.
Das war heute nichts, da am Potsdamer Platz. Erst bin ich nach der Arbeit für eine schnelle Recherche in die Bibliothek vom Filmmuseum, hatten aber nur 1/3 von dem, was ich suchte. Dann in einen polnischen Film - Dotknij mnie von Anna Jadowska und Ewa Stankiewicz. Klang eigentlich ganz nett, die Geschichte in verschiedenen Erzählsträngen von Bewohnern eines Mietshauses auf der Suche nach Liebe. Waren für mich aber wohl zu viele Erzählstränge. Bin nach 45 Minuten raus. Der Ausweichfilm nebenan war aber so voll, dass ich nicht mehr reingekommen bin. Bis 22:30 war's noch lang und auf die jungen deutschen Kurzfilme im Cinemaxx 3 hatte ich keinen Nerv. Musste ich mich in der Filmlounge vom Cinemaxx dann erstmal sammeln. Hab mit der Liebsten telefoniert, überlegt, wie es eigentlich nächste Woche weitergehen soll, hab die Kopien aus der Bibliothek gelesen, Bier und Bagel gekauft, den Journalisten von neulich wieder getroffen und dann S. - und schwupps war's schon wieder Zeit, ins Kino zu gehen:
ANONYMOUS
USA - Regie: Todd Verow :::: gesehen am 12.2.04 im Panorama der Berlinale
Ein Kinoangestellter vögelt sich durch die New Yorker Schwulenszene und verliert dabei seine sozialen Bindungen, bis er arbeitslos und obdachlos ist. Im halbdokumentarischen Stil auf DV ein recht harscher Film, aber nicht so verstörend, wie ich erwartet hatte. Vielleicht weil die Hauptfigur nicht gerade so angelegt war, dass man sich identifiziert/symphatisiert, blieb alles auf einem eher kühlen, distanzierten Level des Zuschauens, als des Mitfühlens. Überwachungskamera und in der Arbeitslosigkeit wird alles zur Wartehalle, nur ohne dass man aufgefordert wird, der Nächste zu sein.
Das Mädchen am Fenster zum Hof ist schon schlafen gegangen. Eben, als Zycotas Kommentar mich darauf hinwies, dass das auch schon wieder eine Woche her ist, war bei ihr noch Licht an. Jetzt ist's aus. Und in der vergangenen Woche habe ich drüben auch keine weiteren Auffälligkeiten bemerken können. Nur schräg drunter hat noch jemand Weihnachtsschmuck im Fenster.
Drogennest Lüneburg... Eines der Gymnasien meiner Heimatstadt hat es in die Topmeldungen bei spiegel.de geschafft. Ich kann mir vorstellen, die Aufregung ist jetzt groß.
MON BAT LIU (Lost in Time)
Hongkong/VR China - Regie: Derek Yee :::: gesehen am 11.2.04 im Panorama der Berlinale
Nach dem tödlichen Unfall ihres Verlobten versucht die junge Widwe, sich und den Sohn ihres Verlobten aus erster Ehe mit dem Fahren eines Kleinbustaxis über Wasser zu halten. Doch es gibt viel Konkurrenz. Dai Fai, der den Unfall ihres Verlobten beobachtet hatte, versucht ihr zu helfen. Er zeigt ihr, wie man sich mit dem Bus im Verkehr durchsetzt, freundet sich mit dem Jungen an und hilft, wo er kann. Die Frau ist so sehr in finanzieller Not, dass sie kurz davor ist das Kind ab zu geben. Dai Fai, dessen eigene Frau ihn mit seinem Kind verlassen hat, weil er unzuverlässig war, krempelt sein Leben um. Zusammen bilden sie eine neue Familie.
Sehr sanfter Film. Ich weiss nicht was es ist, aber immer wenn sich Familien im Film wieder vertragen und alles, obwohl es so schlimm scheint, wieder gut wird, muss ich heulen. Blöde Harmoniesucht!
BEFORE SUNSET
USA - Regie: Richard Linklater :::: gesehen am 11.2.04 im Wettbewerb der Berlinale
Mein erster Wettbewerbsfilm in diesem Jahr. Bisher hab ich ja nur Sachen vom Panorama und vom Forum gesehen. Aber der Film musste sein: Die Fortsetzung von Linklaters Independent-Erfolg "Before Sunrise" - einer Liebesgeschichte zwischen zwei Reisenden, die sich zufällig in Wien begegneten. Neun Jahre später treffen Jesse (Ethan Hawke) und Céline (Julie Delpy) in Paris erneut aufeinander. "Before Sunrise" habe ich damals auf meine ersten Berlinale gesehen und fand ihn wunderbar. Danach hab ich ihn nochmal im Kino gesehen und fand ihn nicht mehr so klasse. Trotzdem jetzt die Fortsetzung, mit dem Wunsch, vielleicht selber zurück zu blicken, sich zu erinnern. In diesem Film ist jetzt Erzählzeit gleich erzählte Zeit - also 80 Minuten Gespräch zwischen den beiden, während sie durch Paris spazieren. Der Amerikaner Jesse hat ein Buch über das Liebeserlebnis in Wien geschrieben und ist auf Lesereise in Europa. Céline wohnt in Paris und ist wegen des Buches in die Buchhandlung, in der Jesse Journalisten Rede und Antwort steht (merkwürdiges Dejá Vu: Hab gestern Nacht die Pressekonferenz zum Film im Fernsehen gesehen: Die Journalisten haben den Schauspielern fast die selben Fragen gestellt...) Jesse hat nicht viel Zeit, sonst verpasst er sein Flugzeug. 80 Minuten also, in denen beide zurückblicken, wie sich die Zeit und sie selber verändert haben, wie das Erlebnis von vor 9 Jahren sie geprägt hat. Das Ende des Films ist offen. Der Film endet in ihrer Wohnung, wie es weiter gehen wird - ob er sein Flugzeug nimmt, oder bei ihr bleibt - wird wohl erst im dritten Teil geklärt. Ich hatte ein bißchen Angst, die Fortsetzung würde zu sehr auf dem ersten Film aufbauen. Tat er aber nicht. Stattdessen ist vieles von der naiven Romantik verloren gegangen, die Figuren sind erwachsener geworden, stehen im eigenen Leben aber hängen auch den Erinnerungen nach, die sich so wie vor 9 Jahren nicht wiederholen lassen.
Und sonst: Da unten im Tal ist so ein Laden mit gebrauchten Fahrrädern. Im Schaufenster stand ein Hollandrad, dass mich schon seit Tagen anlächelte, immer wenn ich auf dem Weg zur U-Bahn dran vorbeikam. Neulich war da ein Interessent, der mit dem Fahrrad probegefahren ist. Das tat mir ein bißchen weh. Heute steht es wieder im Schaufenster. Vielleicht sollte ich's jetzt einfach kaufen. Mein Fahhrad ist ja, seitdem ich damit im November Nachst gegen eine Baum gefahren bin, nicht mehr funktionstüchtig.
A TALE OF TWO SISTERS
Korea - Regie: Kim Jee-woon :::: gesehen am 10.2.04 im Forum der Berlinale
Zwei Schwestern haben Ärger mit ihrer Stiefmutter und erleben unheimliche Dinge in einem abgelegenen Haus. Toller, sublimer Horrorfilm. Es fängt alles recht ruhig und harmlos an und die Spannungsscharube wird immer weiter gedreht. Wahrnehmungsebenen verschieben sich, Träume in Träumen und Psychowahn. Am Ende erst findet der Film zur tatsächlichen Realität: Durch einen Unfall hat die Figur, aus deren Perspektive erzählt wird, ihre jüngere Schwester und ihre Mutter verloren. Ihre Schwiegermutter akzeptiert sie nicht. Die beiden Toten leben in ihrer Vorstellungswelt weiter. Ich hab lange mich bei einem Horrorfilm nicht mehr so gegruselt. Die Suspence ist klassisch inzeniert und führt zu tollen Schockmomenten.
DOPO MEZZANOTTE (After Midnight)
Italien - Regie: Davide Ferrario :::: gesehen am 10.2.04 im Forum der Berlinale
Ein Nachtwächter des Turiner Filmmuseums wird durch eine junge Frau auf der Flucht, in die er heimlich verliebt ist, in eine Kriminalgeschichte verwickelt. Humorvoll erzählte Dreiecks-Liebesgeschichte zwischen der Frau, ihrem Freund und dem Nachtwächter. Der Nachtwächter lebt in dem Filmmuseum, einer Welt zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Nebenbei thematisiert der Film ein bißchen Filmgeschichte und Filmtheorie, um die fantastische Welt des Nachtwächters zu schildern.
Links neben mir saß eine Frau, die jeden 2. Satz witzig fand (so witzig war der Film nicht), rechst neben mir ein Typ, der die ganze Zeit mit seiner Gummibärchentüte knisterte (und mir keine anbot).
AVANIM
Isreal / Frankreich - Regie: Raphael Nadjari :::: gesehen am 10.2.04 im Panorama der Berlinale
Michale lebt in Tel Aviv. Sie hat einen Mann, einen Job bei ihrem gläubigen Vater, ein Kind und einen heimlichen Liebhaber, der bei einem Bombenanschlag umkommt. Die Ehe zerbricht, als sie sich wehrt, die Machenschaften ihres Vaters zur Erweiterung der Gemeinde zu zulassen. Ziemlich hartes Drama im realistischen Stil mit wenig lichten Momenten, aber durchgängig spannend erzählt.
D.E.B.S
USA - Regie: Angela Robinson :::: gesehen am 10.2.04 im Panorama der Berlinale
Eine lesbische Aktionkomödie. Die Filmemacherin war mit dem Kurzfilm schon letztes Jahr auf der Berlinale zu Gast. Jetzt durfte sie die Story mit Hilfe eines Majorstudios in einen abendfüllenden Film verwandeln. Amy, die Topagentin des ultrageheimen Geheimdienstes D.E.B.S. wird von der ultrabösen Lucy entführt, weil sie sich beide in einander verliebt haben. Amys Kolleginnen versuchen, ihre Freundin zu retten. Persiflage auf Spionfilme gekoppelt mit Teenagerkomödie und Girl-meets-Girl-Thema. Recht witzig und seicht, ein "Crowdpleaser", der insgesamt - trotz Längen - gefallen hat. Ich glaube für mich der Film mit dem kurzweiligsten Unterhaltungsfasktor, den ich seit 10 Jahren auf der Berlinale gesehen habe.
Insgesamt ein guter Berlinale-Tag. Vier Filme, die nicht nur "interessant" waren, sondern mich geschockt oder zum Schmunzeln gebracht haben. Viele Filmwissenschaftler heute gesehen, bin aber noch irgendwie auf keine Party gewesen. Hm. Die Hälfte ist rum, die kommenden 5 Tage lassen noch so einiges erwarten. Das Wetter wird schlechter, die Filme besser...
THE CONTROL ROOM
USA - Regie: Jehane Noujaim ::::gesehen am 8.2.04 im Forum der Berlinale / Sondervorführung
Dokumentation über die Berichterstattung während des Golfkriegs. Der Film beginnt im März 2003 - kurz vor den Angriffen auf den Irak. Während des Krieges beobachtet der Film die Journalisten von Al Jazeera, dem einzigen (und unabhängigen) Nachrichtensender in der arabischen Welt und westliche Journalisten im "CentCom" des US-Militärs in Qatar. Im Mittelpunkt steht die Frage nach Möglichkeiten der objektiven, fairen und ausbalancierten Berichterstattung während des Krieges, in einer Situation, wo das Militär Informationen steuert und manipuliert. Die Interviews mit Journalisten von Al Jazeera zeigen den Konflikt zwischen persönlicher Sicht und journlistischer Professionalität. Ganz ähnliche Fragen stellen sich die westlichen Journalisten, die einerseits gezwungen sind, zu verbreiten, was ihnen auf den Pressekonferenzen des Militärs vorgegeben wird, andererseits sich darüber bewusst sind, dass ihnen das gesamte Bild vorenthalten wird und sie damit Teil des Kriegs werden.
Der Film wurde noch außerplanmässig ins Programm der Berlinale aufgenommen, weil er kürzlich auf dem Sundance Filmfestival in den USA so große positive Resonance bekam. Dass was der Film letztendlich zeigt ist, dass es noch andere Perspektiven auf die Welt gibt, als wie sie die US-Medien verbreiten, dass Fernsehen eine Frage der Macht, der Interessen und der Sichtweisen ist. Das ist ja eigentlich nichts neues, es scheint, dass mit den positiven Kritiken in Amerika, die Amerikaner erst wieder eines ihrer höchsten Ideale neuentdecken müssen: Die Meinungsfreiheit. Das sagt viel über die momentane Situation in den USA aus. Im Filmgespräch nach der Vorführung wurde die Filmemacherin gefragt, was ihre größte Angst während des Filmes war. Sie antwortete, in ihrem Land als "anti-amerikanisch" zu gelten und nie wieder arbeiten zu können. Schon hart: nur weil man in einem intelligenten und nuancierten Dokumentarfilm zeigt, dass das Militär die Berichterstattung kontrolliert, dass die Motive und Vorgehensweisen der US-Regierung zu hinterfragen sein können, und dass es in diesem Krieg kein "Gut-und-Böse" - Schema gibt. Scheint so, dass die USA deftigst Nachhilfe in Pluralismus und demokratischen Idealen braucht.
EL TREN BLANCO (Der weiße Zug)
Argentinien - Regie: Sheila Perez Giménez, Nahuel und Ramiro Garía :::: gesehen am 9.2.04 im Forum der Berlinale
Doku über Menschen, die sich in Buenos Aires ihren kläglichen Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Müll für Recyclingfirmen verdienen. Sehr detailierte Beobachtungen mit Interviews. Immer wieder der Stolz der Menschen, nicht kriminell zu werden, oder zu betteln, sondern mit Arbeit sich über Wasser zu halten. Gegenübergestellt werden Aufnahmen von Plünderungen und Aufständen in Argentinien. Stellenweise etwas sentimental, aber insgesamt sehr nachdenklich stimmend.
DIESES JAHR IN CZERNOWITZ
Deutschland - Regie: Volker Koepp :::: gesehen am 9.2.04 im Forum der Berlinale
Fortsetzung des Themas von Volker Koepps erfolgreicher Dokumentation "Herr Zwilling und Frau Zuckmann". Mit einigen Emigranten und deren Nachkommen, darunter der Schauspieler Harvey Keitel, kehrt der Regisseur nach Czernowitz und Umgebung zurück und betrachet Vergangenheit und Gegenwart jüdischen Lebens in der Bukowina. Einige sehr persönliche Momente haben mich beeindruckt, in denen das Problem der Immigration und Assimilation in einem neuen Land in Verbindung mit der eigenen Herkunft und Heimat thematisiert wurden.
THE STRATOSPHERE GIRL
Deutschland, Schweiz, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande - Regie: M.X. Oberg ::::gesehen am 8.2.04 im Panorama der Berlinale
Die 18-jährige Angela zeichnet mit Begeisterung Comics im Manga-Stil. Spontan entschließt sie sich, in Japan zu leben. Sie bekommt einen Job als Hostess und lebt in einer WG, aus der eine Russin auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Angla versucht, die Sache zu klären, und zeichnet Mangas in denen naive Europäerinnen in die düstere Unterwelt Tokios verschleppt werden. Atmosphärisch sehr schöner Film.
THE ADVENTURES OF IRON PUSSY
Thailand, Regie: Apichatpong Weerasethakul :::: gesehen am 8.2.04 im Forum der Berlinale
Eine schrille Travestiekomödie: Iron Pussy bekommt als Spionin den Auftrag, einen Drogenring zu entlarven. Ziemlich schräg, hatte aber was.
THE YES MEN
USA - Regie: Dan Ollman, Sarah Price, Chris Smith :::: gesehen am 8.2.04 im Panorama der Berlinale
Doku über die Aktionen der Yes Men, einer Gruppe von Aktivisten, die sich mit satirischem Witz als Vertreter der Welthandlsorganisation WTO ausgeben und auf Konferenzen in der ganzen Welt auftreten, wo sie die Teilnehmer mit überraschenden Ansichten konfrontieren. Sehr witzig teilweise.
Ich habe heute nicht so viel Meinung über die Dinge. Bin ziemlich müde. Treffe auch keine Leute heute. Gleich sehe ich noch einen Film mit der Liebsten und dann Schluss für heute.
LALECET AL HAMAIM (Walk on Water)
Isreael - Regie: Eytan Fox ::::gesehen am 7.2.04 im Panorama der Berlinale
Ein Mossad-Agent erhält den Auftrag, den Enkel eines Nazis zu überwachen. Der Enkel lebt in Berlin und besucht seine Schwester, die in einem Kibbutz lebt, um sie zu überzeugen doch zum 70. Geburtstag ihres Vaters zu kommen. Der Agent und der Deutsche freunden sich an. Der Deutsche denket, sein Großvater sei schon tot und der Agent findet Gefallen an diesem Deutschen, der nicht so recht in sein Weltbild passen will. Der Agent folgt dem Enkel nach Berlin, dort taucht der Großvater wieder auf und die Freundschaft wird auf eine Probe gestellt.
Gute Dialoge, gute Story, hat Witz und ist ernst. Ich kann den Film wirklich empfehlen, war nur die letzte Vorführung auf der Berlinale.
Dann wollte ich eigentlich "Stratosphere Girl" sehen, aber es gab einige Probleme beim Einlass. Hab mich mit dem Kinomanager angelegt. Der "Kinomanager" vom Zoo Palast hat die Bezeichnung Manager nicht verdient, finde ich. Jemand, der so hektisch und aufgeblasen immer überall im Foyer rumrennt, nur weil endlich mal der Zoo Palast "ausverkauft" ist, nicht weiss, bis wann seine Einlasser arbeiten, um dann selber den roten Teppich einzurollen, scheint mir einfach in dem Job überfordert. Ausverkaufte Sääle sind ja der Deal der Berlinale, und wenn ich von Bekannten im Kino höre, es sei nicht sooo voll, der Herr Kinomanager das aber nicht hin bekommt, sich da mal selber ein Bild von zu machen, dass Verkaufzahlen und tatsächliche Besucher während der Berlinale etwas anderes sind, finde ich, dass die Berlinale mit recht dem Zoo Palast als Premierenkino den Rücken gekehrt hat. Da ist ja sogar der Cine Star besser organisiert.
Naja, hat mir alles ganz schön mein Programm durcheinander gebracht, aber der Ausweichfilm war dann auch okay:
GO FURTHER
Kanada - Regie: Ron Mann :::: gesehen am 7.2.04 im Panorama der Berlinale
Was macht eigentlich die amerikanische Ökobewegung? Der Schauspieler und Umweltaktivist Woody Harrelson (Was ich nicht wusste: Harrelson ist selber Aktivist) begibt sich mit einigen gleich gesinnten Freunden in einem von Biosprit angetriebenen Bus auf eine Tour von Seatle nach Los Angelses. Sie besuchen Colleges und Ökobauern, diskutieren mit Befürwortern und Gegenern ihrer Umweltanliegen.
Das schöne an Dokumentationen aus Amerika ist, dass die so locker sind, sich selber und das Thema auf eine angenehme Art nicht zu "ernst" nehmen, aber trotzdem ihr Anliegen rüber bringen können. In "Go Further" ist alles voll Sonnenschein - Peace, Love & Happiness - die Umweltschutzmission liegt offensichtlich und trotzdem schaut man es sich gerne an. Weil da Menschen versuchen für eine überzeugende Sache, ihr eigenes Leben um zu stellen. Weil es nebenbei noch eine nette Liebesgeschichte gibt, und auch weil es unfrewillig komische Bilder gibt (z.B. von singenden Aktivisten im Wald).
Etwas enttäuscht, nur 3 Filme gesehen zu haben, noch ein Bier getrunken, spricht mich einer an "sassen wir nicht gestern in dem polnischen Film nebeneinander...?" - Nettes Gespräch, ein Journalist.
Zuhause hing unten ein Zettel, von wegen Einweihungsparty. Sind R. und ich noch hin gegangen. Neue Nachbarn. War sehr lustig. Waren fast die letzten Gäste.
So, endlich bin ich im Berlinale-Fieber. Gerade eine kleine Pause, da ich für den kroatischen Film im Berlinale Palast keine Karte mehr bekommen habe. Auch gut, kann ich gleich mal aufarbeiten, was bisher geschah...
Los gings ja am Donnerstag. Bin 5 Minuten zu spät zum Akkreditierungscounter gekommen, gab's für mich also am Abend keine Chance mehr, was zu sehen. Nach Hause gefahren, abgewaschen und dann Rosa von Praunheims Doku über die RATTEN 07 auf arte gesehen. Immer wieder ein interessanter Effekt, Leute in Filmen zu sehen, die mit denen man auch schon mal in echt zu tun hatte.
Freitag vor der Arbeit dann die Akkreditierung geholt, kurz schlau gemacht, dann nach der Arbeit kurz vorm McDonald's K. getroffen, um ihr die Videos aus Wien zu übergeben. Dann der Hammer: Hab kurz V. getroffen, die mir erzählt, dass sie schwanger ist. In V. war ich mal ein bißchen verliebt, ist aber alles immer irgendwie nicht so leicht gewesen. Nun also bekommt die erste Person, die ich etwas näher kenne, ein Kind. Toll! V. ist übrigens eng mit der Entstehung des Namens "tristesse deluxe" verbunden, aber das nur am Rande.
Dann endlich, der erste Film:
AKAME SHIJYUYATAKI SHINJYUMISUI (Akame 48 Waterfalls)
Japan - Regie: Genjirou Arato - 159min. :::: gesehen 6.2.04 im Panorama der Berlinale
Ikushima tritt einen Job in einem Restaurant des Slums von Amagasaki an. Er beginnt eine Affäre mit Aya, die von ihrem Bruder an eine Yakuza-Bande verkauft wird. Ihr Schicksal scheint besiegelt. Ikushima beschließt, gemeinsam mit Aya zu sterben. Ein ruhiger Film, etwas zu ruhig für meine Stimmung. Bin nach 1 Stunde raus, weil ich nicht reinkam und den Kopf noch bei V. hatte.
Also rüber in Cinestar...
NIENASYCENIE (Insatiability)
Polen/Tschechische Republik - Regie: Wiktor Grodecki :::: gesehen am 6.2.04 im Panorama der Berlinale
Schwarze Konödie um einen jungen Mann, der seine ersten Schritte ins Erwachsenleben tut, bisexuelle Kontakte pflegt und von seiner Umwelt zu einem wahnsinnigen Mörder gemacht wird. Während die chinesischen Kommunisten in Europa die Oberhand gewinnen, ermordet er sein eigenes Gehirn... Ziemlich hysterisch, viel Lärm, viel Overacting - was alles paßte, aber schon merkwürdiger Film. A., den ich vorher getroffen hatte, ist bald aus dem Film rausgegangen.
KYO NO DEKIGOTO (A Day On the Planet)
Japan - Regie: Isao Yukisada ::::gesehen am 6.2.04 im Panorama der Berlinale
Sieben Freunde, die sich in der Wohnung des Collegestudenten Masamichi treffen, durchwachen eine Nacht. Wichtige und unwichtige Dinge passieren - es ist ein weiterer, ganz normaler Tag im Leben. Nach einem Roman von Tomoka Shibazaki. Ganz nett eigentlich. Da ist ein gestrandeter Wal und ein Mann, der in einer Mauerspalte feststeckt - genau wie die Dialoge der Studenten nicht voran kommen. Am Morgen ist der Wal weg, der Mann befreit und alles sieht freundlicher aus. Ein etwas "junger" Film, der zwar nett erzählt ist, mich versöhnlich gestimmt hat, aber nicht umgehauen.
Ja. Jetzt eben erst einen Film gesehen, weil ich noch Schlange gestanden hab für Tickets und Geburtstaggeschenk besorgt...
TEXAS - KABUL
Deutschland - Regie: Helga Rademeister :::: gesehen am 7.2.04 im Panorama der Berlinale
Die Regisseurin spricht mit vier Frauen aus Indien, Serbien, Afghanistan und den USA. Alle engagieren sich gegen Krieg und Globalisierung und für die Menschenrechte. Die Mischung aus Reisefilm und Interviews ist spannend. Einnehmende Bilder - oft von Kindern - und kluge Standpunkte und Äusserungen der Frauen.
Ein aktuelles Interview mit dem amerikanischen Filmwissenschaftler David Bordwell:
"Was kann es noch für einen Sinn haben, Maler zu werden - Für filmtext.com sprach Regisseur Christoph Hochhäusler "Milchwald") mit dem US-Filmwissenschaftler David Bordwell über Globalisierung, Renaissance und Hong Kong"
gestern Nacht stand gegenüber, über den großen Hof da in der Etage, wo die WG ist von den jungen Leuten, die auch immer mal auf dem Dachvorsprung sitzten im Sommer, ganz lange eine Frau (?) - oder eine Person mit langen Haaren - bei Licht am offenen Fenster. Ich konnte nicht genau erkennen, was sie macht. Sie hat sich leicht bewegt, immer mal mit den Armen geschlackert. Auch einmal kurz und heftig, als ob sie mit jemanden redet. Aber vielleicht stand sie auch nicht am Fenster, sondern saß. Vielleicht auch am Tisch? Geraucht hat sie nicht. Ich auch nicht. Irgendwann ist sie vom Fenster weggegangen, das Licht war noch an, das Fenster noch offen. Vorhin immernoch.
:::: Dokumentarfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 4.1.04 bei mir
ES GEHT VORBEI
Deutschland 2003 - Regie/Buch/Kamera: Cristina Amrein - Filmakademie BW - 68min
Doku über eine 26-jährige, die gegen einen bösartigen Knietumor kämpft, gegen die Nebenwirkungen der Chemotherapie und mit Galgenhumor gegen die Angst vor der großen Operation. Der Film begleitet sie über mehrere Monate und versucht auch ihre inneren Bilder zu zeigen. Einnehmendes Thema, filmisch dicht dran an der Person, Stimmungs- und Traumbilder wirkten ein bißchen zu aufgesetzt/ zu sehr vom Kopf motiviert.
GAASTDIEP- EIN MATROSENFILM
Deutschland 2002 - Buch, Regie: Svenja Klüth, Knut Karger, Philip Vogt - HFF München - 47min.
Auf dem in Rumänien gebauten, unter gibraltarischer Flagge fahrenden, von einem deutschen Reeder verwalteten Frachtschiff mit dem holländischen Namen Gaastdiep arbeiten polnische Seeleute. Sie fahren zwischen Frankreich und Portugal. Sie transportieren Holz. Es ist Herbst.
Der Film begleitet drei Matrosen der Gaastdiep und beobachtet ihr Leben an Bord. Zwischen Putzen, Streichen und anderen anfallenden Arbeiten bleibt nur wenig Zeit, um persönlichen Beschäftigungen nachzugehen. Der Raum jedes einzelnen an Bord ist begrenzt und selbst im Hafen bietet sich selten die Möglichkeit, das Schiff zu verlassen. Janusz, "Dickerchen" und Tomek sind seit sechs Monaten an Bord. Als die Verträge von "Dickerchen" und Tomek auslaufen, bedeutet das auch das Ende einer Männerfreundschaft.
SLAVKO
Deutschland 2003 - Regie: Jan Gabriel - Filmakademie BW - 25min.
Slvako ist Serbe und lebt seit 12 Jahren in Deutschland. Er hat Famile, einen Sohn und eine Tochter. In der Ortschaft ist er akzeptiert, arbeitet als Lehrer und ist engagiert in einer Adventistengemeinde. Aber obwohl sein Lebensmittelpunkt in Deutschland ist droht ihm und der Famile jetzt die Abschiebung.
Irgendwo auf einem Plakat am U-Bahnhof hatte ich neulich mal gelesen, Berlin bräuchte Utopien statt Reformen. Das war keine Werbung für die transmediale.O4 mit dem so ungefähr auch so'n Motto. Fly, drive, ship away... Wie auch immer. Über Motten muss ud sollte man nicht zu viel nachdenken. Ist im nächsten Jahr sowieso wieder anders.
Ja. Hab ich ja nun doch noch nicht so viel gesehen auf der transmediale. Nachdem ich gestern beim Aufräumen meines Computers im Folder, wo die Attachments immer landen auf so eine Datei klickte, wo ich noch dachte "Was ist das denn wohl für ein Bildschirmschoner", hatte ich einen lustigen Sober-Wurm in Gang gesetzt. Das musste ich dann erstmal reformieren, statt sich am Nachmittag auf medienkünstlerische Utopien einzulassen. Aber nachdem J. und ich Nachts noch ausgiebig der anderen J. den Kopf gewaschen haben wegen ihrer merkwürdigen Affäre da, sind wir heute Nachmittag noch ins Haus der Kulturen gefahren. Hab mir einiges auf Monitoren angesehen aus dem Videoprogramm. Dabei hat mir am besten das Programm zum 11.9. gefallen. Und da am besten fand ich die Arbeit White Balance [to think is to forget difference] - von Francois Bucher.
White Balance (to think is to forget difference) is an effort to uncover the geographies of power, the frontiers of privilege. It revisits this problem from different angles, creating short circuits of meaning which are hosted by improbable audiovisual matches. Media and internet footage is intermixed with images shot in downtown Manhattan before and after the September 11th attacks. The video presents a question that needs to be visited over and over, a question that is always and necessarily larger then ourselves. Yvonne Rainer asked this question in her film Privilege: "Šis 'permanent recovering racists' the most we can ever be?" In this sense, offering a meta narrative that would pretend to describe the issues at stake is a failure to understand the layers of unspeakability that are hidden in the question of whiteness. The piece opts for a poetic language, an address that seeks to arouse thought by concentrating on the openings of the audiovisual experience, in the short-lived moment of the in-between. (transmediale.04)
Ein bischen wie bei Harun Farocki, aber assoziativer und nicht so sehr alleine auf der Analyse des Bildhaften an sich. Bin ich gut rein gekommen, in das Stück. Aber hab halt nicht alles geschafft zu sehen. Dann war da noch einer, der meinte zu seiner Freundin, als er das Stück sah, "das Problem an Videokunst ist ja immer, dass das so intellektuell ist..." - Tja, was der Bauer nicht kennt... Wie damals vor 12 Jahren in der Picasso-Ausstellung in Hamburg, wo so ein junger Mensch sich mit mir in einer Diskussion vestrickten wollte, was denn an dem Zeug Kunst sei.
Und sonst? - Hab den kleinen Fernseher wieder vom Dachboden geholt und ans Bett gestellt.
Als es nur fünf Fernsehprogramme gab, überstieg es schon weit das geistige Vermögen der beiden Deutschlands, diese zu füllen. Heute, bei mindestens fünfzig Programmen, bleibt nur noch, die Sendezeit totzuschlagen. (Harun Farocki)
Russland 2002 - Regie: Alexander Doulerain und Sergei Koryagin - Darsteller: Sergei Koryagin, Inna Kolosova, Boris Yuhananov, Oleg Haibullin, Dmitry Troitsky, Gleb Aleinikov, Sergei Chonivshily, Nina Ruslanova - 95min.
:::: gesehen am 3.1.04 auf Video bei mir (Auswahlsichtung für die GFT)
Eine russische Cyberkomödie. Der junge Ivan fährt zurück in seine Heimatstadt. Auf der rasanten Fahrt überfährt er beinahe eine junge Frau, die an Amnesie leidet und aus der Klinik des Genies Dr. Strauss geflohen ist. Nicht nur dass der böse Doktor heimlich in sie verliebt ist, er hat sie zum Subjekt eines fehlgeschlagenen Experiments gemacht, indem er ihr Gehirn an einen Computer angeschlossen hat. Jetzt hat sie Probleme sich an die Realität anzupassen. Um die Frau an sich zu binden, unternimmt Dr. Strauss einen letzten verzweifelten Versuch. Er versteckt sie mit Hilfe seines Computers in einer Untergrundrealität, aus der Ivan und seine Freunde sie nur hoffen können, zu befreien.
Der Film ist eine Skurrilität. Eine Vermischung von Klassikern des russischen Kinos mit heutiger Performance Art von einer neuen Generation Independent-Filmemachern. "Ivan der Idiot" ist eine der populärsten Figuren russischer Folklore mit einer grundelgenden Fabel: Der Held Ivan befreit eine schlafende Schönheit aus den Fängen des Bösen. Hier erzählt als ein "Cybercomic". Anspielungen auf "Matrix", "Men in Black" und anderen modernen Hollywood-Sci-Fi-Blockbustern vermischen sich mit Symbolen kultureller Identität Russlands in einem wirren Cyberspace. Die russische Seele, eine Auferstehungs-Sekte, westliche Pop-Kultur, die außeridische Erlösung. Viele Anspielungen, die nur der Russlandkenner zu entschlüsseln vermag. Postmoderne halt mal auf russisch. Der erste Cyber-Punk Film aus Russland, den ich gesehen habe.Stistisch ist der Film harsch, um nicht zu sagen trashig. Low Budget mit Detailliebe und viel kulturkritischem Konzeptionalismus.
Die Liebste hat mal wieder im Blog gelesen und war davon nicht angetan. Und dass, obwohl ich mir so viel Mühe gebe, hier so gut wie nichts mehr zu thematisieren, was ich als "zu privat" einstufen würde. Das war schon mal anders. Merkwürdiges Gefühl von Verletzung und gegenseitiges Sich-Nicht-Verstanden fühlen. Immer noch zu privat? Immer noch zu wenig abstrahiert? Wohl doch. Ich mag diese Auseinandersetzung nicht. Andere Vorstellungen von mir, als was hier zu lesen ist. Stimmungsabhängige Posts, die sich eigentlich in der Zeit versenden, bekommen Allgemeingültigkeit für die Ewigkeit, nur weil es im Internet steht. Das Argument, hier eine weitere Facette von mir zu entdecken, gilt nicht. Warum das nicht in Echt da ist, will sie wissen... Vielleicht, weil ich beim Schreiben anders denke, mich anders ausdrücke, als beim Rotweingespräch. Ich will mir eigentlich nicht verbieten lassen, was ich wie zu schreiben habe, aber wenn die Liebste sich da nicht wohl fühlt mit, muss ich wohl weiter an der Selbstzensur arbeiten. Oder mehr schreiben: Sie meinte neulich mal, in Realität würde ich auch gern viel weglassen, was einen Ausspruch eigentlich besser erklären würde. Ich würde dann immer den Gedankengang zur Erkenntnis weglassen, oder zu sehr Dinge beim Gegenüber vorraussetzten, auf die ich ruhig auch eingehen könnte.
Ich sitz gerade wieder hier bei ihr, um die Handwerker rein und raus zu lassen, wie vor einer Woche. Nur heute ist der Maler schneller und mir ist das heute alles so ziemlich egal.
Am Freitag war Eröffnung der transmediale 04. Gab Freigetränke. C. hat schlaue Sachen gesagt, darüber die Dinge, die man sieht und erlebt aufzuschreiben. Hat er auch ein Weblog? Danach noch mit in der Maria gewesen. War okay, hätte besser am Samstag gehen sollen, denke ich im Nachhinein. Heute Nachmittag will ich mir endlich ein paar Sachen ansehen, nachdem ich jetzt schon das ganze Wochenende nicht da war.
Die Plakate an den Bushaltestellen zur aktuellen BILD-Aktion "Ist es meine Schuld, dass ich alleine bin?" sind nach Regen bei Nacht besonders hübsch. Tränen auf den verletzlichen Gesichtern, die am nackten Körper runterlaufen. Daneben dann eingemummelte Realitäten, die auf den Bus warten.
:::: Dokumentarfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 31.1.04 bei I.
FRISCHES BLUT
Russland 2003 - Regie: Ponomarev-Mandel - 10min.
Kurzpoträt eines jungen Mannes (Leher, Musiker und Blutspender). Nach dem Motto "schaut her, es gibt auch gute junge Menschen, die sich zwar die Haare färben und HipHop machen, aber trotzdem keine Drogen nehmen".
ZONE DER ENTFREMDUNG
Russland 2003 - Regie: Svetlana Mozychenko
Eine Fahrt mit der Transsibierischen Eisenbahn. Beobachtungen von Fahrgästen, der Landschaft und Interviews mit den Bahnangestellten im Zug, die wie eine kleine Familie.
Dann so ein Tape mit Filmen von Studierenden der VSMU:
CZEK ONKO (DURCH DAS FENSTER)
Slovakai 2003 - Regie: Peter Filo
Kurze Beobachtung von zwei Eisenbahnschrankenwärtern. Ein Mann mit seiner Frau und eine alleinsstehende Frau, deren Mann auf der anderen Seite des Bahndamms beerdigt ist.
STRANGER
Slovakai 2001 - Regie: Milan Balog
Tagebucheinträge eines alten Kieswerkarbeiters werden überlagert mit Beobachtungen eines aktuellen Kieswerkarbeiters in seiner Hütte. Melancholisch-düstere Stimmung, märchenhafte Vermischung von heute und gestern.
KULTURFABRIK - 9 RULES HOW TO PREPARE PROPER MEAT
Slovakai 2003 - Regie: Milan Balog
Ein Gastspiel eines Off-Opernensambles aus Bratislawa in der luxemburgischen "Kulturfabrik" (ein umfunktioniertes Schlachthaus). Der Film dokumentiert die Proben zur Oper und ordnet die Inszenierung nach "Regeln" wie Fleisch hergestellt wird. Der Zusammenhang wirkt konstruiert, auch die Probenarbeiten kommen ziemlich maniriert rüber.
SO FAR, SO GOOD
Slovakai 2003 - Regie: Viera Baciková / Iveta Grófová
Beobachtungen an einem kleinen Fußballplatz. Der Platzwart, das Training, die Spieler, die Zuschauer...
WIPE-OUT
Slovakai 2003 - Regie: Zusa Piussi
Die Kamera folgt den Operationen eines Polizei-Sonderkommandos in Bratislava. Zwischen den Einsätzen Interviews mit einigen der Polizisten. Konzentriert sich nicht auf eine Person, und der Grundtenor ist etwas verschwommen zwischen "einsame Helden" "ja, schlimm die Kriminalität". Die Polizei-Dokutainments auf RTL2 sind spannender.
25 MARRIED COUPLES AND ONE THREESOME
Polen 2002 - Regie: Malgorzata Kozera - 9min
Eine alte Frau, die in ihrem Haus über die Zeit mehrere Menschen umsonst hat wohnen lassen erzählt mit Humor und Sentimentalität über ihr Leben.
:::: Dokumentarfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 29.1.04 bei N.
JESUS, DU WEISST
Österreich 2003 - Regie: Ulrich Seidl - Buch: Ulrich Seidl, Veronika Franz - Kamera: Wolfgang Thaler, Jerzy Palacz - Produzent: Martin Kraml - 87 Min.
Der Filmemacher Ulrich Seidl ("Hundstage") hat sechs streng gläubige Menschen in außergewöhnlichen Lebenssituationen zu ihrem Gottesbild befragt. Beim Filmfestival in Karlovy Vady (Karlsbad) machte dieser Film den ersten Preis. Dem Film fehlt ein bißchen der seidl'sche Biss und lässt viel Raum für die Entwicklung der beobachteten Menschen im Gebet. Zwar für Seidl typische Bildinzenierung, aber der Blick des Filmemachers hier sehr zurück genommen (im Vergleich zu seinen anderen Filmen).
DER PREIS DES ÜBERLEBENS
Niederlande 2003 - Regie: Louis van Gastern - 56min.
Doku über die Familie eines KZ-Überlebenden. Nach dem Tod des Vaters schildert der eine der Söhne, wie die erlebten Grausamkeiten des KZ alle Lebenslagen der Familie bestimmt haben. Die ältere Tochter und der ältere Sohn melden sich lediglich in Textpassagen zu Wort, die aber ebenfalls sehr klar die geschädigte Kindheit vermitteln. Die Mutter hat ihr Leben vollkommen auf ihren Mann abgestimmt, lebt die Leiden des KZ, in dem sie nicht war. Ein sehr aufwühlender Film mit einer neuen Sichtweise auf das Thema: Das Leid eines Überlebenden übertragen in die Kindergeneration. Der Film ist die Fortsetzung von der Dokumentation "Verstehst Du jetzt, warum ich weine?" (1969/71) des selben Regisseurs. Wird im diesjährigen Forum der Berlinale zu sehen sein.
THE CLOWN FAMILY
Russland 2003 - Regie: Natalia Gugueva - 28min.
Charmante Doku über eine Clown-Ehe. Das Künstlerpaar zwischen Liebe, Streit, Zirkusauftritten und Privatheit. Eine merkwürdige Vermischung von Berufung und der privaten Beziehung.
PULS
Polen 2003 - Regie: Anna Kazejak - 9min
Die Geburt eines Babys in eine nicht alltägliche Famile: Die junge Mutter verlassen vom Vater des Kindes. Der Großvater, der selber an Krebs erkrankt ist, tritt an die Stelle des Vaters.