Erinnert sich noch wer an den ersten deutschen Open Source Film "Route 66"? Nach vielen Jahren ist Anfang Januar ein neuer Road Movie vom Leipziger Open Source Film Netlabel VEB FILM erschienen.
Der neue Film von Stefan Kluge heisst "Der Geist der Biker", ist etwas mehr als eine Stunde lang und eine ansehnliche, unterhaltsame Dokumentation über eine Ostexpedition eines sächsischen Motorradclubs, über die Flucht aus der Informationsgesellschaft und über den Sinn des Reisens. Der Film ist derzeit als Prerelease in einem Webfilm-Wettbewerb in kompletter Länge sehen und braucht auch Euer Voting! Ein Klick! Hoppla, Onlinevoting ist schon abgelaufen.
Gute, wie unterhaltsame Creative Commons-Filme sind immer noch sehr rar. "Route 66" lief in den vergangenen Jahren immer wieder auf Open Source- & Free Culture-Events. Eigentlich wollte VEB FILM mit einem Science-Fiction-Film mit dem Titel "Die letzte Droge" an den Debütfilm anschließen, doch der Film steckt noch immer in der Postproduktion.
Der Filmemacher Stefan Kluge vom VEB FILM Leipzig schreibt dazu:
Unser Science Fiction-Spielfilm "Die Letzte Droge" hat sich inzwischen als eine Art persönliches Apocalypse Now entpuppt. Seit dem Abschluss der Dreharbeiten habe ich gut 3 Jahre fulltime reingesteckt; viel Lehrgeld bezahlt, viel gelernt und irgendwann beschlossen, dass wir den Film so lange postproduzieren, bis wir zufrieden sind. Nach so viel Fass ohne Boden tat es gut, mal wieder einen Film endgültig fertig zu stellen. Das hat mir auch wieder etwas Abstand gegeben, so dass ich jetzt hoffentlich mit Anlauf das Teil mit über die Ziellinie reissen kann.
Dieser Kurzfilm Staubkaskade wurde kürzlich unter einer Creative Commons Lizenz frei für die nichtkommerzielle Verbreitung im Internet heraus gebracht. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein besserer Bildschirmschoner aus Fraktalen, ist in Wirklichkeit große digitale Programmierkunst. Denn der Film kommt aus der Demoszene. Dahinter stehen Stefan Pautze und weitere Mitglieder der Commodore 64 Demogruppe Reflex. Die Musik zum Video ist auf dem Netlabel Phonocake erschienen (hier der Audio Release).
Wer mit dieser Form von Digitaler Kunst nicht so viel anfangen kann, dem möchte ich folgenden experimentellen Animationskurzfilm aus Argentinien von 2008 ans Herz legen. Echte, handgemalte Realtrickanimation, die ebenfalls unter einer CC Lizenz steht. Und beide Filme haben etwas gemeinsam: Sie weiten die Grenzen des Bekannten aus. Der eine Filme lotet die Grenzen des Machbaren auf Eben der Computerhardware aus, der andere Film erstreckt sich in den urbanen Raum von Buenos Aires und macht Hauserwände zur Leinwand der Animation. Ich finde, dass ist auch eine sehr reelle Form des Hackens.
Auf der wunderbaren Portfolio-Webseite http://www.blublu.org/ finden sich noch weitere Kunststücke dieser Art: Animation, Stopmotion, Illustration, Street- und Urban Art. Alles auf einmal! Was will man mehr?
Und weil es so schön ist, folgend noch der neuste Trickfilm von Blu in Kollaboration mit David Ellis, der 2009 auf dem Fame Festival in Italien entstanden ist. Hier ergänzen sich Illustration und Skulptur zu einem 3D-Trickfilm, der ganz ohne Polarisation und Plastikbrille funktioniert.
Noch drei Tage bis Selbstmord Weihnachten. Als Weihnachstgeschenk noch bis 1.1.2010 kostenlos online: Der Independentfilm CARTER auf Vimeo. Ein Film von Ryan Balas. Inhalt: In Three Days, Jebadiah Sminch Is Going To Kill Himself, And He's Never Been Happier.Mehr zum Film hier ...
The Lionshare - USA 2009 - Buch & Regie: Josh Bernhard - 65min.
"The Lionshare" ist der Debutfilm des Amerikaners Josh Bernhard und ein weiterer sehenswerter CC-Film (der unter einer Creative Commons Lizenz frei im Netz zirkuliert und u.a. legal bei Filesharing-Platformen zu bekommen ist). Der Film ist schon seit Mitte dieses Jahres fertiggestellt, war schon auf einigen US-Independentfilmfestivals und College-Filmclubs zu sehen, wird aber erst seit letzter Woche offiziell auf Piratebay und anderen Filesharing-Plattformen promotet. Ähnlich wie die Filmemacher des hervorragenden, schwedischen Independentfilms Nasty Old People hat auch Josh Bernhard sich entschieden, seinen Film frei zum Download und Streaming im Netz zur Verfügung zu stellen, um eine größere Masse an Zuschauern zu erreichen. Das ist klug, denn der Film handelt vom Filesharing. Aber nicht alleine wegen dieses Inhalts ist der Film empfehlenswert.
"The Lionshare" reflektiert, wie Netzkultur unsere Kommunikation miteinander und unsere Online-Mediennutzung unsere Kultur verändern. Die Hauptfigur Nick, ein junger Filmemacher, der mit seinem Film nicht voran kommt, lernt per Onlinedating ein Mädchen kennen, das ihn zu einer exklusiven Filesharing Community einlädt. Er und das Mädchen haben sich nur eine Nacht gesehen, doch über die Musik, die sie ihm empfiehlt, verliebt er sich in sie. Immer mehr Musik und Filme lädt sich Nick von der Plattform, ohne selber mit seinem eigenen Projekt voran zu kommen. Gleichzeitig versuchen seine Freunde mit einer Band Erfolg zu haben.
Im filmischen Stil ist "The Lionshare" der neuen Welle des Do-It-Yourself Independentkinos der USA zuzuordnen, die auch gern mit den Label "Mumblecore" oder "The New Talkies" versehen wird: Junge Filmemacher, die mit Consumerkameras und einem kleinen Budget von wenigen tausend Dollar ihre Filme machen, in denen es um Coming-of-Age Situationen geht, um naturalistische, ehrliche Dialoge und um einen filmischen Stil ohne viel Schnickschnack. Oft wird - zu Recht - die ästhetische Analogie zum Free Cinema, zu Dogma95 und dergleichen Filmbewegungen gezogen.
Schön finde ich, wie der Film narrativ die typischen Situationen einwebt, wie und warum es zum Filesharing kommt: weil traditionelle Distributionsmodelle für eine neue Generation an Medienkonsumenten nicht flexibel, nicht schnell genug oder schlichtweg nicht erreichbar sind. Es geht nicht um das Kostenlos, es geht um das unvermittelte Verlangen nach einem Film oder von Musik, und es geht um das Mitteilen, das Kommunizieren über diese Medieninhalte, dass die alte Medienindustrie nicht befriedigen kann.
Keine rechte Lust mehr, Filme zu sehen. Das Gefühl, alles schon gesehen zu haben. Und wenn Filme sehen, dann schon gar nicht mit dem nörgelnden Kritiker auf den Schultern und das Pflichtgefühl darüber dann auch schreiben zu müssen und sei es auch nur hier in meinem Filmetagebuch. Ich bin froh, dass es nicht nur mir so geht, sondern gerade lesen darf, dass die Sache ganz ähnlich im Hause Gröner gelagert ist. Sie liest stattdessen Comics. Ich habe mich heute trotzdem wieder zur Berlinale akkreditiert. Muss ja.
"Ich fang dann mal an", dachte ich mir vor einigen Tagen, "muss ja einer mal machen und es scheint da ja keine wirklich umfassende Liste zu geben über Filme die unter einer Creative Commons Lizenz stehen." (Häh? Was ist CC? Creative Commons?) In den letzten Tagen habe ich hier und dort mal gesucht und in Blogs zurückgelesen, aber ich habe den Eindruck, dass ich in den letzten Jahre die wenigen einigermaßen vorzeigbaren CC-Kurzfilme ohne viel Aufwand mitbekommen habe. Es ist sicher ein subjektiver Eindruck von mir, aber im Bereich Kurzfilm und CC-Lizenz hat sich nicht gerade eine lebhafte Szene mit tiefem Zusammenhalt entwickelt. Hier und da ein paar Vorzeigeprojekte für das Konzept des für Filmemacher immer noch neuartigen Lizenzmodells, der Rest der kurzformatigen Filme unter CC-Lizenz verwaist auf irgendwelchen Videoplattformen und schafft es nicht so recht in die Blogs und in eine relevante Empfehlungszirkulation. Ein Grund, warum das vermutlich so ist, könnte sein, dass Filmemacher erstens keine Webfreaks sind und zweitens denen das oft nicht primär wichtig ist, was mit dem Film passiert, wenn er fertig ist. Die machen ihren Kurzfilm auf dem Weg zur Profession und wenn der Film fertig ist, dann ist meist schon gut. Für eine Distributionsstrategie war während der Produktion keine Zeit. Naja, und wenn der Film fertig ist, so richtig auskennen und kümmern wollen sich junge Kreative dann nicht wirklich mit dem leider recht trockenen Thema Kurzfilmdistribution. Ich hab in den letzen Jahren hin und wieder mal offline Kurzfilme gesehen, die einen CC-Lizenz-Stempel hatten, aber dann nicht wirklich lautstark als CC-Film im Netz aufzufinden waren. Selten - so scheint es mir - haben Filmemacher, die sich für eine CC-Lizenz entschieden haben, nach ihrem Filmprojekt noch die Energie, das Selbstmarketing im Internet für ihr Projekt lange aufrecht zu erhalten. Nächster Film, neuer Job, mal dann auch damit Geld verdienen wollen, man kennt das ja ... Ich glaube, dadurch zeigt sich für viele, wie schwer es überhaupt ist, aus dem Nichts eine Community und daraus etwas Ruhm aufzubauen.
Frage ist also, wie bekomme ich als Filmemacher mit weniger Aufwand im Internet mehr Aufmerksamkeit für meinen CC-Kurzfilm, sodass der noch nach Jahren in aller Munde ist? Eine Antwort ist sicher die Machart der obigen fünf Filme: Computeranimation, Komödie, Technik- oder Cyberwelten, wenn nicht narrative Leichtigkeit oder Humor, dann sollte es zumindest ein netzpolitisches Thema sein. Da scheint der große gemeinsame Nenner im Geschmack der Netzkulturen zu liegen. Eine solide, schön gemachte Dokumentation über die Veränderung kroatischer Wochenmärkte durch die EU-Erweiterung kommt da einfach nicht so weit in der Empfehlungsökonomie des Web2.0 (Beispiel: PLAC (The Market) by Ana Husman).
Ach, bevor ich's vergesse. In diesem Zusammenhang möchte ich natürlich noch auf den No-Budget Open-Source Kurzfilm What a Witch hinweisen, der als Co-Filmmaking-Projekt aus einer Facebook-Gruppe hervorgegangen ist und im Oktober Premiere hatte. Tolle Sache!
Und was ist mit Langfilm? Da sieht's nicht anders aus. Sammlungen zu CC-Filmen haben offenbar immer einen unvollständigen Charakter. Aber kucken kostet ja bekanntlich nichts: Liste von Filmen mit CC Lizenzen.
Das Vorurteil, dass CC-Filme oft den Hauch des Unprofessionellen versprühen, musste ich in der Vorrecherche zur Sendung etwas revidieren. Natürlich findet man (noch) nicht die perfekten Blockbuster, aber interessant finde ich, dass Independetfilmemacher mehr und mehr zur CC-Lizenz greifen, um eine viel weitere Zirkulation zu ermöglichen, als es die klassische Arthous-Distribution könnte.
Folgende zwei Filme kann ich guten Gewissens empfehlen (und ich nehme mir vor, in Zukunft weitere neue CC-Filme hier zu besprechen):
Nasty Old People
Ist eine Fiction-Independentproduktion aus Schweden, die im letzten Oktober Premiere hatte. Die Story handelt von einer jungen Neonazi-Frau, die als Altenpfelgerin arbeitet. Am Anfang geht sie fast menschenunwürdig mit ihren Pflegepatienten um und im Laufe des Films änder sie aber ihre Einstellung und verhilft ihren Patienten und sich zu einem schöneren Leben. Der Film ist gutes, gefühlvolles Independentkino aus Schweden. Die Schauspieler können was, die Filmstyle und die Kamera sind sehr solide. Der Film könnte von seiner Machart einem auch in einer Sektion für junges europäisches Kino auf großen Filmfestivals wiederbegegnen.
Sita sings the Blues
Für jene, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, ist dieser abendfüllende Trickfilm schon ein ziemlich alter Hut. Trotzdem nochmal an Herz gelegt, weil es wirklich eine tolle, künstlerische Animation ist, die es damals sogar auf die Berlinale schaffte. Die Filmemacherin Nina Paley äußert sich auf ihrer Seite recht ausführlich, warum sie den Film unter CC-Lizenz gestellt hat: Zum einen gab es für eine kommerzielle Distribution Lizensierungsprobleme mit der im Film verwendeten Musik, zum anderen ist der Film finanziert über Spenden des Publikums, sodass Nina Paley den Standpunkt vertritt, "from the shared culture it came, and back into the shared culture it goes".
In der letzen Folge von Fringe erklärt der wirre Dr. Walter Bishop der schönen Agentin Olivia Dunham, dass unsere vermeintliche Wahrnehmung des Lebens als Linearität trügerisch sei und stattdessen man das Leben als Multidimension denken muss. Erlebe man ein Déjà-vu, sei das ein kurzer Einblick, ein vager Schatten der eigenen Existenz in einer Paralleldimension. Die Mischung aus "Twilightzone", "Akte X" und CSI-Grenzwissenschaften macht "Fringe" für mich einigermaßen erträglich, obwohl es ansonsten eine von amerikanischen Konservatismen durchdrungene FOX-Serie ist.
Eine Art Déjà-vu hatte ich heute, als ich folgenden Kurzfilm (über das Blog von The Junction) sah, denn wahrscheinlich wäre ich in einer Parallelwelt wohl europäischer Ethnologe geworden (damals noch NC-frei) und würde jetzt kleine Web-Dokumentarfilme über die modernen Stämme europäischer Metropolen drehen:
Dieser Kurzfilm THE LOST TRIBES OF NEW YORK CITY von Carolyn und Andy London zeigt animierte Objekte in den Straßen New Yorks, die Interviews über ihr Leben im Melting Pot geben. Auf humorvolle Weise werden die Gegenstände zu Gesichern. Typen verschiedener Ethnien und der immer wiederkehrende Mythos von New York als dem Prototyp des Amerikanischen Multikulturalismus wird konterkariert. Carolyn und Andy London sind Kultur- und Stadtantrophologen, sie gründeten 1999 ihre eigene Produktionsfirma ‘London Squared Productions‘.
Andererseits, vielleicht ist die Auseinandersetzung mit Blicken in Pipilotti Rists ca. 12-minütigem Videokunstkollage Entslastlungen AKA Pipilolottis Fehler (1988) in einer Paralleldimension auch nichts weiter als eine Internettheorie:
"I see. You see. I see you seeing. You see me seeing. I want to show what I see. You want to show what you see. Nirvana in the rose garden".
Am 13.6.2009 startet eine neue Webisode auf Myspace: Die Prenzlbasher.
Sechs Pseudoaktivisten haben sich über ein Weblog zusammengefunden, um gegen die Verspießerung des Berliner Stadtteils Prenzlauer Berg zu kämpfen. Die Kampfansage gilt den Bio-Muttis, den Luxuskarren aus Stuttgart und auch ein wenig der Digitalen Bohème: Geht zurück wo ihr her gekommen seid. Doch im Kampf gegen die Gentrifizierung übersehen die Aktivisten, dass sie auch ein Teil des Übels sind.
Ich weise deswegen darauf hin, weil ein Bekannter hat's gemacht, und ich musste eben beim Sehen tatsächlich zwei-dreimal über die Dialoge schmunzeln. Könnte gut werden.
Überhaupt, Webisodes und Mobisodes! Damit müsste ich mich ja eigentlich auch mal etwas mehr beschäftigen. Doch jedes mal, wenn ich wieder so eine Sache sichte, schüttelt es mich. Meistens fand ich eher miese Produktionsqualität, miese Dialoge, miese Schauspieler. Mich erinnert das dann alles zu sehr an diese Serien im Offenen Kanal. Und auch das Themenspektrum - ach - schrecklich, schrecklich, schrecklich. Ich hab mich jedenfalls noch nie so recht als Zielgruppe einer Webisode gefühlt. Wie seht ihr das? Was gibt's denn da so eigentlich alles seit den letzen drei Jahren nach Lonely Girl 15? Das letzte, was ich mir ein wenig angesehen hab ist Candy Girls. Was für Webisodes oder auch Mobisodes sind denn sonst noch so für +25 gemacht und zu empfehlen?