:::: Spielfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 9.3.04
DEVOT
Deutschland 2003 - Regie: Igor Zaritzki - ca. 90min Deutscher Psycho-Liebesfilm. Eine junge Frau in einer regnerischen Nacht auf einer Brücke. Will sie sich umbringen? Sie wird von einem Mann, der denkt, sie sei eine Prostituierte, mit zu sich genommen. Zwischen den beiden beginnt eine lange Nacht voller psychologischer Spiele um Liebe, Macht und Unterwürfigkeit. Er denkt, sie spielt ihm was vor; sie denkt, er will sie ermorden. Beide begeben sich in die Gefahr, den Tricks des anderen ausgeliefert zu sein und nicht mehr zwischen Realität und Phantasie unterscheiden zu können.
Narrativ wird der Zuschauer mitgenommen auf dieses Verwirrspiel: man weiss nie genau, was Wahrheit oder Spiel ist. Bildlich ist die Verschiebung der Realitätsebenen nicht ganz so spannend inszeniert, bleibt bei klassischem Erzählkinoinszenierung, ohne die etablierte Bildebene zu verlassen und ohne bildliche Phantasieräume zu eröffnen, die die Spannung steigern könnten. Aber die Story/Handlungsebene trägt den Thrill an sich schon sehr gut.
Der Regisseur zur Frage, wer in diesem Film devot ist: "Devot ist die Person, die jeder der beiden jeweils auf den anderen projiziert. Beide gehen nämlich davon aus, den anderen besiegen zu können, wenn sie ihn den eigenen Spielregeln unterwerfen. Wenn ich glaube, jemanden besiegen zu müssen und zu können, dann gibt es in mir selbst die Figur des Siegers (der Unterwerfer) und die Figur eines Verlierers (der Unterworfene). Wenn ich mich aber mit der Figur des Siegers identifiziere (wie das bei beiden der Fall ist), projiziere ich den Verlierer auf den anderen. Und je devoter der andere ist, desto leichter kann ich ihn besiegen. Doch eine Projektion ist nicht die Realität. So treffen hier zwei Personen aufeinander, die sich nicht einfach in ihrer Opfer-Täter-Rolle ergänzen. Es treffen zwei Kontrahenten aufeinander, die sich beide mit der Rolle des Täter und Spielmachers identifizieren und davon ausgehen, dass der andere schwach und devot ist. So wird jeder der beiden durch die Auseinandersetzung mit dem anderen mit seinem eigenen Abgrund konfrontiert und mit seiner eigenen Schwäche bzw. Verliererseite.
Die Begegnung der beiden war ja von Anfang an keine auf menschliche Nähe gerichtete, sondern eine rein sexuelle, bei der keine Gefühle investiert werden. Zwar schien das Bedürfnis nach dieser Nähe immer wieder einmal präsent gewesen zu sein, wurde dann aber rasch wieder unterdrückt. Möglicherweise aus Angst vor Verletzung oder weil das Katz-und-Maus-Spiel schon zur zweiten Natur geworden ist.
Um dieses Spiel zu durchbrechen, hätte mindestens einer der beiden seine verletzliche Seite (Verliererseite) akzeptieren und zeigen müssen. Das tat aber keiner. So haben sie beide verloren."
A SHORT STORY (Opowiadamie)
Polen 2003 - Regie: Marcin Pieczonka - 24min.
Der 14-jährige Maurice liebt es, seine Familie mit einer Super8 Kamera zu filmen: seinen kranken Vater, seine gestresste Mutter und seinen jüngeren Bruder Caspar. Während er den Alltag dokumentiert ist er sich darüber bewußt, wie krank sein Vater ist. Kleines, beiläufig erzähltes Familiendrama. Das Drama entsteht aus Puzzelteilen des Alltags aus der Perspektive des Jungen, schöne Bilder.
JONNY VANG
Norwegen 2002 - Regie: Jens Lien Die drei sind seit der Kindheit eng miteinander befreundet - Jonny (Aksel Hennie), Tuva (Laila Goody) und Magnus (Fridtjov Saheim). Jetzt sind sie über 30 und manches zwischen ihnen ist anders geworden. Oder wie Jonny es ausdrückt: "Viele Leute glauben, das Leben in Kleinstädten sei weniger kompliziert als in größeren Städten. Aber das stimmt nicht. Das Leben ist nicht kompliziert, es ist komplex."
Für Jonny ist das kein glückliches Arrangement und er würde es gerne neu ordnen. Kurz darauf wird er überfallen — ein Unbekannter schlägt ihn mit einer Schaufel nieder. Jonny glaubt, dass es da einen Zusammenhang gibt. Der mysteriöse Anschlag ist nur der Anfang einer ganzen Serie von Unfällen und Katastrophen, deren Opfer er nun wird. Aber Jonny Vang ist kein Mann, der deshalb einfach aufgibt! Hab ich im letzten Jahr schon mal irgendwo gesehen.
WOLFSSCHLUCHT
Deutschland 2003 - Regie: Anja Jacobs - 28min. Von der Filmakademie Baden Würtemberg: Der arme Kinovorführer Abesalom liebt die schöne Lisa. Aber deren Familie hat andere Pläne. Lisa ist dem reichen Büstenhalter-Fabrikanten Ilja aus dem Nachbardorf versprochen. Abesaloms einzige Chance, die Erwartungen der Familie zu erfüllen und Lisa heiraten zu können, ist , ebenfalls ein reicher Mann zu werden. Technisch/handwerklich sehr gut auf Hochglanz-Kino gemacht, aber die Story trägt so gar nicht. Osteuropa-Klisches und nicht bis ins Ende ausgearbeitet Charaktere.
Deutschland 2003 - von: Michael Brynntrup - 101 min.
:::: gesehen am 8.3.04 / Pressevorführung im Xenon
Filmisches Selbstporträt des Berliner Experimentalfimers und Multimedia-Künstler, was ich eigentlich schon auf der Berlinale sehen wollte, aber irgendwie verpasst hatte.
Katalog Berlinale: "Das Immanuel-Kant-Krankenhaus in Berlin-Neukölln um Mitternacht. Ein Patient wird gerade eingeliefert. TV-Journalisten sind vor Ort. – Der Anfang einer Geschichte, die sich selbst erzählt. Zu Beginn des Films wird eine dramatische Geschichte suggeriert, die sich im Verlauf des Films zu einer Reflexion über das Geschichtenerzählen entwickelt. Das Filme- und Bildermachen selbst rückt in den Blick. Der Umgang mit Bildern wird auf mehreren medialen Narrations-Ebenen thematisiert, visualisiert und dokumentiert: von der Entstehung (Dreharbeiten) bis hin zur TV-Berichterstattung zu just eben diesem Film, den der Zuschauer jetzt und im ?Original' live im Kino sieht. EKG untersucht die Nachhaltigkeit (bzw. Vorläufigkeit) von Erwartungshaltungen in Film und Fernsehen. EKG ist ein dramatischer Film und ein experimentelles Spiel."
Michael Brynntrup über den Film: Das Projekt E.K.G. Expositus hatte ich schon seit einigen Jahren vor, seit ich die einzelnen Filme gemacht hatte, die darin als Kurzfilme in voller Länge auftauchen. Sie standen für mich in einem sehr engen Zusammenhang: es ging mir um Untersuchungen des Bildes, um Fragen an das Bild. Unter ganz unterschiedlichen Aspekten nehmen alle drei Kurzfilme darauf Bezug. Das eine ist der Dokumentarfilm Aide Mémoire, eine klassische Interviewsituation. Dann Herzsofort. Setzung II, eine quasi materialbezogene Untersuchung des Bildes und seiner Reproduktionsmöglichkeiten. Und Loverfilm, der fragt, wie das Bild weiterlebt, was von so einem Bild übrig bleibt, wann und unter welchen Umständen es zum Dokument wird, zur Geschichte. Und dann gibt es nicht nur Fragen an das Bild, sondern auch Fragen an den Zuschauer. Das wird besonders im Loverfilm deutlich, in dem er direkt angesprochen und sozusagen zum Kollaborateur seines eigenen Voyeurismus gemacht wird. Jeder von ihnen hat öffentliche Resonanz erzeugt. Ich war überrascht darüber, dass Radio- und Fernsehsender sich gemeldet haben, um über Kurzfilme zu berichten. Und dann hatte ich die Fernsehteams bei mir hier zu Besuch und dachte, das passt eigentlich genau zum Thema der Untersuchung des Bildes: Wenn ich die Medien, die mich besuchen, im Gegenschuss wieder selbst filme oder inszeniere.
Mischung aus Selbstbeschau, filmischem Tagebuch und bildtheoretischer Reflexion. Der Narzißmus geht nicht auf die Nerven, sondern ist ironisierend gebrochen. Im "Loverfilm" - eine Chronologie der Männer in Brynntrups Leben - glaube ich, A. kurz gesehen zu haben. Muss ich ihn mal drauf ansprechen.
(Something´s Gotta Give) - USA 2003 - Regie: Nancy Meyers - mit: Jack Nicholson, Diane Keaton, Frances McDormand, Keanu Reaves u.a.
:::: gesehen am 7.4.04 im Filmpalast
Gestern abend mit R. in der Spätvorstellung gewesen. Davor waren wir noch kurz neben dem "Filmpalast" in dieser Mischung aus American Sportsbar und Berliner Traditionskneipe, und er fing an, über Liebeskummer zu berichten. Keine Ahnung, ob's in der Situation der richtige Film war. Wir waren zuerst die Einzigen, in der Werbung kam dann noch ein Paar - setzten sich einige Reihen hinter uns. Also ein sehr private Filmvorführung...
Zum Inhalt: Ein alternder Playboy, hat grundsätzlich nur mit Frauen Affären, die 30 Jahre jünger als er sind. Doch nach einem Herzinfarkt, wird er im Strandhaus von Erica, der Mutter seiner derzeitigen Freundin zur Pflege einquartiert. Erstmals ist er längere Zeit mit einer Frau seiner Altersklasse zusammen. Sehr zu seinem Mißfallen - und dem von Erica. Doch die Liebe geht seltsame Wege. Für beide ist die Affäre ein Katalysator zur Veränderung des eigenen Lebenswandels.
Für mich seit einiger Zeit mal wieder ganz normal "einfach nur ins Kino gehen". Und seit langem ein Film, den ich synchronisiert gesehen habe - und das ist mir ganz schon aufgefallen die ersten Minuten. Etwas anderes sehen, als gesprochen wird. Diane Keaton hat gefallen, Jack Nicholson fand ich ein bißchen übertrieben. Alles warm, leicht und problemlos im Film. Merkwürdig: Die Gestik einer Verliebten bei Keaton erinnerte mich ganz genau an die Gestik von Kathy Holmes (in der Teenager-Soap "Dawson's Creek"). "Dawsons's Creek" hab ich eine zeitlang gern gesehen, weil mich Kathy Holmes an eine Freundin erinnert hat. Genau in dem Augenblick, als sich Keaton und Nicholson das erste mal im Film küssen, meint R. Keaton würde in der Gestik an ebendiese Freundin erinnern.
Der Ku-Damm am Sonntagabend fast hübsch, so verlassen und beleuchtet.
:::: Spielfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 29.2.04 bei mir.
VANYA
Schweiz 2003 - Regie: Christina Zulauf - 22min
Begegnung eines alten Jägers und eines jungen Mannes in der frostigen Taiga. Der junge Mann ist flüchtig, der Jäger gewährt ihm Unterschlupf. Scheinbar entsteht eine Freundschaft in der Wildniss, doch das Blatt wendet sich.
KOKTEBEL
Russland 2003 - Regie: Boris Khlebnikow / Alexej Popogrebskij Roadmovie um einen arbeitslosen Ingenieur und seinem elfjährigen Sohn, die nach dem Tod der Mutter von Moskau nach Koktebel am Schwarzen Meer reisen, um dort ein neues Leben anzufangen. Der Zufall bestimmt die Reise der beiden. Der Vater ist zufrieden, wenn er unterwegs gelegentlich arbeiten kann, während der Junge von Koktebel träumt. Schließlich möchte der Vater bei einer jungen Ärtztin bleiben, in die er sich verliebt. Der Sohn reist alleine weiter. Sehr ruhiger Film über Selbstachtung und Sehnsucht nach einem besseren Leben. Der Junge kann die Stationen der Reise nicht genießen, angekommen in Koktebel stellt sich das Ziel der Reise aber auch nicht als Paradies heraus.
PREZEMANY (Changes)
Polen 2003 - Regie: Lukasz Barczy
hysterisches Familendrama um drei Schwestern, ihre Mutter und ihren Beziehungen zu Männern. Man kann Konflikte im Film ja auch aufbauen, hier werden die nur irgendwo her gezogen und sind dann da.
GONE
Deutschland 2004 - Regie: Zoltan Paul Ein weltentrückter, ehemals erfolgreicher Autor, begegnet der suizidgefährdeten Verlegersgattin Alma, die er zur Hauptfigur seines neuen Romans macht. Dem Roman folgend entspinnt sich zwischen den beiden eine fatale Leidenschaft mit tödlicher Konsequenz. Ein Spiel um Liebe, Leben, Tod, Fiktion und Wirklichkeit. Erstlingswerk, das komplett in der 24-High-Definition-Videotechnik gedreht ist, aber stilistisch und inhaltlich nicht überzeugt. Stilistisch wirkt es wie günstiger Fernsehfilm mit schlechten Dialogen. Inhaltlich - das Ringen eines einsamen Autors mit seiner Schreibblockade auf der Suche nach einer Muse - schon schöner gesehen. Und gekoppelt mit diesem Changieren zwischen Fiktion und Wirklichkeit ist es typisches Thema für Filmemacher, die sonst nicht viel über das Leben zu erzählen haben.
:::: gesehen 26.2.04 auf arte Diese Melodie des Film - irgendwann hatte ich sie mal auf dem Anrufbeantworter. Beim Zappen höre ich diese Melodie und sehe mir wieder mal "Absolute Giganten" an. Auch beim dritten mal ein schöner Film. Drei Kumpels verleben ihre letzte Nacht in Hamburg, weil der eine auf einem Schiff angeheuert hat. Drehbuchautor und Schauspieler Sebastian Schipper ("Winterschläfer","Lola rennt") erzählt in seinem Regiedebüt eine ebenso moderne wie unterhaltsame Großstadt-Version der "Drei Musketiere". Ich mag den Film, die Dialoge, der Humor, die Melancholie, die Musik... Kumpels fehlen mir zur Zeit auch gerade ziemlich.
Deutschland 1999 - Regie: Sebastian Schipper - Mit: Frank Giering, Florian Lukas, Antoine Monot jr., Julia Hummer, Jochen Nickel, Albert Kitzl, Guido A. Schick, Silvana Bosi, Johannes Silberschneider, Barbara de Koy, Gustav-Peter Wöhler, Michael Sideris, Hannes Hellmann, Peter Franke, Alfons Lütje.
Dokumentarfilm Auswahlsichtung für die GFT am 25.2.04 bei I.
HEJ, SLOVÁCI (Hey, you Slovaks)
Slovakei 2002 - Regie: Robert Kirchhoff - 48min
Ein Mosaik kleiner Geschichten aus der heutigen Slovakai. Die komplizierte Reise in einer post-kommunistischen Welt hin zur Demokratie und freier Marktwirtschaft. Durch die Schließung einer Glasfabrik wird ein Großteil der Bewohner eines Ortes arbeitslos. Wie ist es eine Million im Tv zu gewinnen? Der Film setzt der Nostalgie einiger Slovaken, irgendwelche Amerikaner entgegen, die im Osten jetzt den Neuen Westen zu erkennen glauben.
TO SME WY (This is who we are)
Slovakai 2000 - Regie: Jana Pirohova
Porträt einiger Behinderte in der Slovakai. Der eine arbeitet als Pförtner, einer bei McDonald´s - alle haben einen Job, alle sind happy.
DER AMTIERENDE REICHSKANZLER
Deutschland 2003 - Regie: Dennis Siebold - 48min
Der ehemalige Reichsbahnbeamte Wolfgang Gerhard Günter Ebel wurde 1980 von den USA, der Hauptsiegermacht des 2. Weltkriegs, als Kanzler des Deutschen Reichs dienstverpflichtet. In enger Zusammenarbeit mit dem interalliierten Geheimdienst bereitet die von ihm geführte kommissarische Reichsregierung die Zwangsauflösung der Bundesrepublik Deutschland durch die Alliierten vor (Quelle: Videocover)
EINMAL SUPERSTAR UND ZURÜCK?
Deutschland 2003 - Regie: Marcel Ahrens - 45min.
Fernsehsendungen wie "Deutschland sucht den Superstar" und "Popstars" küren Nobodys innerhalb weniger Monate zu Popidolen. Den Gewinnern winkt eine Blitzkarriere, ein Leben auf der Überholspur und viel Geld - ein verlockendes Angebot für jeden, der schon immer auf der Bühne stehen wollte. Aber so schnell die Popularität kommt, geht sie meist wieder - und nicht selten entwickelt sich der Traum vom schnellen Ruhm zum Alptraum. Jürgen (Big Brother) und Martin S. (Touché) erzählen über Risiken und Nebenwirkungen einer Masseneuphorie, über das schnellebige Geschäft mit Emotionen - und über das, was bleibt... (Videocover)
Interviews mit Jürgen Milski (Zweiter der 1. Big Brother-Staffel / sagt einige kluge Dinge, hat sich in dem Trubel nich verloren), Martin Scholz (Boygroup Touché / kommt ziemlich viel zu Wort. Warum eigentlich? Hat doch gar nicht so viel kluges zu erzählen. Außerdem wirken Leute, die mit Sonnenbrillen im Fernsehen auftreten arrogant), Markus Kavka (MTV-Moderator / kommt viel zu kurz, sagt kluge Sachen), Detlef D! Soost (Choreograph / Jurymitglied "Popstars" / hat nicht viel zu sagen), Thomas M. Stein (Geschäftsführer BNG & Jurymitglied "Deutschland sucht den Superstar" / vermittelt klare geschäftliche Interessen).
Dokumentarfilm-Auswahlsichtung für die GFT am 22.2.04 bei mir
MORE THAN MUSIC
Deutschland 2003 - Regie: Frank Pfeiffer - 60min.
Joy Denalane macht deutschen Soul. Sie singt gegen Rassismus. Yage spielen Hardcore-Musik. Das ist Rebellion. Fiva MC ist Rapperin. Reimen um Zeichen zu setzen. "more than music" stellt die jungen Künstler und ihre Musikrichtungen gleichberechtigt nebeneinander. Alle haben einen gemeinsamen Antrieb: "Es gibt nur eine Welt zu verlieren." Der Dokumentarfilm zeigt drei Spielarten, Spuren zu hinterlassen. Egal ob orchestraler Soul, puristischer Hip Hop oder punkiger Hardcore – die Authentizität der Künstler zeigt die Kraft der Musik, politische Botschaften und persönliche Ideale zu transportieren.
PUTIN'S MAMA
Niederlande 2003 - Regie: Ineke Smits - 52min
Die 77-jährige Vera Putina glaubt, Vladimir Putin ist ihr lange verlorener Sohn. Warum dass so ist zeigt die Doku in Interviews mit der Frau, unterbrochen mit Bildern und Eindrücken von Nachbarn des georgischen Dorfs.
GUNNAR GOES COMFORTABLE
Norwegen 2002 - Regie: Gunnar Hall Jensen
Ausgesattet mit einer Amateurkamera reist der Filmemacher nach Indien, um sich selbst zu finden und zu ergründen, warum sein Leben zu unkonfrotabel ist. Persönliche Nabelschau eines Egozentrikers zwischen Krankheit, Drogenrausch, Selbstdekonstruktion und Beziehungsunfähigkeit. Bildlich sehr schöne Kollage aus Reisevideotagebuch, inhaltlich zielloser Kreislauf von Motiven.
MANNEN SOM ELSKET HAUSGESUND (The Man Who Loved Hausgesund)
Norwegen 2003 - Regie: Jon Haukeland; Tore Vollan
Moritz Rabinowitz war eine kontroverse Figur in der kleinen norwegischen Stadt Hausgesund in den 1930ern. Als jüdicher Einwanderer hatte der erfolgreiche Kaufmann mit Rassismus zu kämpfen. Stilistisch eine Doku für's Heimatmuseum.
Der schrille Maler Lars Kristian Guldbransen ist ein international respektierter Künstler. Trotzdem kämpft er einen Kampf der Akzeptanz in der norwegischen Gemeinde Hidra, wo er lebt. Der Film porträtiert den Künstler in seiner Umgebung, lässt ihn über seine künstlerische Welt- und Lebensicht erzählen und zeigt seine Probleme mit den Einwohnern, die seine Kunst nicht honorieren, weil Lars Kristian nicht konfrom zu ihren Lebensentwürfen ist.
Trilogie: DIE MOTTEN ZUM LICHT / DIE SCLÖSSER AUS LUFT / DER WEG DES HELDEN
Deutschland 2004 - Regie: Mathias Fritsch
Experimenteller Dokumentarfilm. Mathias Fritsch - Student an der HFG Karlsruhe - zeigt in diesem Bilderbogen Eindrücke von Reisen und versucht sie in einer Videocollage zu organisieren. Teilweise sehr klasse Beobachtungen, gutes Gespür für Bilder, aber teilweise Probleme in Rythmus und technischer Bildgestaltung. Formal wird Natur und Zivilisation gegenüber gestellt, die dramaturgische Struktur wirkt auf Dauer etwas beliebig und ziellos und wird auch nicht durch den Soundtrack organisiert.
Larisa hat das Tagebuch ihrer Großmutter gefunden, in der sie schreibt, sie hätte schon von ihrer Enkelin geträumt, als die Tochter noch nicht geboren war. Die Traum-Notizen verbinden sich mit Larisas Leben. Beobachtungen einer Trinkerehe in einem Plattenbau.
CHINESISCHE SCHULE
Deutschland 2004 - Regie: Tamara Wyss
Die Filmemacherin begibt sich in diesem Reisefilm auf die Suche nach ihren Großeltern. Ihr Großvater war Anfang des 20. Jahrhunderts deutscher Konsul in China. Fotos und Reisenotizen der Großeltern dienen als Reiseführer im heutigen China.
WHAT TO DRINK?
Deutschland 2003 - Regie: Nancy Brandt; Thomas Doberitzsch
Doku über einen scheinbar ständig alkoholisierten Bildhauer in Dubrovnik. Der Film läßt ihn erzählen...
TUBE SWAPPER
Deutschland 2003 - Regie: Meike Walcha - 19min.
"Tupe Swapping" ist ein neues Phänomen der Großstadt: Um gegen Langweile in der U-Bahn an zu kämpfen, machen sich Leute das System der U-Bahn zum Spielfeld. Nach bestimmten Regeln gilt es von A nach B zu gelangen. Sieger ist, wer mit möglichst vielem Umsteigen in kürzesten Zeit das Ziel erreicht. Meike Walcha fand Swapper unterschiedlicher Altersgruppen und brachte sie vor die Kamera. In erstaunlicher Offenheit erzählen sie die vielfältigen Gründe ihrer Leidenschaft und nehmen uns mit auf eine rasante Reise durch den Untergrund. "Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, hier führt uns jemand an der Nase herum ..."
Spielfilmauswahlsichtung für die GFT am 20.2.04 bei E.
VERIRRTE ESKIMOS
Deutschland 2003 - Regie: Ferdinand Paul Barth - 29min
Melodramatische Begegnung eines Obdachlosen und einer alleinstehenden Frau im Winter. Er klopft an ihre Haustür, gibt vor taubstumm zu sein und bittet um einen Schlafplatz für die Nacht. Sie lässt ihn eintreten. Probleme der schüchternen Annäherung. Zwei Verlorene in der Kälte...
DIE REISE INS GLÜCK
Deutschland 1993-2004 - Regie: Wenzel Storch
Der Kultregisseur von "Der Sommer der Liebe" hat seinen neuen Film fertig grstellt. Eine skurile Mischung aus Phantasy-Märchen und Abenteurfilm: Kapitän Gustav will sich zur wohlverdienten Ruhe setzen. Mit seiner bunt zusammen gewürfelten Mannschaft aus Mensch und Tier, zu der neben zahlreichen Eingeborenen auch ein Bär, eine Eule und diverse Frösche gehören, strandet er an einer geheimnisvollen Insel. Und rettet am Ende die Welt. Unglaublich verrückte und detailverliebte Ausstattung. Die Story verliehrt sich darin ein wenig. Im Vergleich war "Der Sommer die Liebe" eingänglicher.
?Storch ist eine Ausnahmeerscheinung in der Filmbranche. Der Mann arbeitet Tag und Nacht an einem Ausstattungsfilm, wie es ihn in Deutschland sonst nur als Major-Produktion à la Die unendliche Geschichte gibt."(Die Zeit)
NOVEMBER
Schweiz 2003 - Regie: Luki Frieden - 89min
Tristes Vorort-Familienmelodrama: Eine Ehe droht durch einen 2.7 Mill. Lottogewinn zu zerbrechen. Der anfängliche Glaube, mit dem Geld aus der Enge des Mittelstandes ausbrechen zu können, weicht einem Gefühl der Ohnmacht. Die Familie sucht das grosse Glück, ohne zu merken, dass sie sich an einem gefährlichen Abgrund bewegt. Draussen wie drinnen wird es kalt. Sehr ruhiger Film mit angenehm kühler Atmosphäre. Die Figuren kreisen wie Planeten umeinander, die Beziehungen nähern und entfernen sich. Erfreulich unaufgeregter Debütfilm.
Porrajmos - The Gipsy Holocaust
Ungarn 2002 - Regie: Agota Varga - 93min
Erinnerungen der Verletzung von Zigeunern in Ungarn gegen Ende des 2. Weltkriegs
Csúnya Betegség (Nasty Disease)
Ungarn 2002 - Regie: Zolt Juhász, Sára Schilling, Péter Szalay - 26min.
Die Eisenbahn und Dampfloks sind Lebensinhalt von 3 Männern mit unterschiedlicher Sicht auf den Umgang mit der Maschine- 3 Generationen: eine beendete Karriere, eine Erfüllung des Lebenstraums, eine Suche nach der Erfüllung.
Große Ausfahrt
Deutschland 2002 - Regie: Maximilian Erbacher - 60min
Porträt von Tagebauarbeitern
Sapiens
Regie: Alexander Ragoschkin - 13min
Zur Auflockerung ein Kurzspielfilm, der sich zu uns verlaufen hatte: Perspektive einer Pflanze von einem Straßenrand aus, Autos, Menschen und Tiere kommen vorbei. Dinge geschehen, bis die Blume geplückt wird. Sehr schöner Kurzfilm.
Mikor Szolgának Telik Eszlendeje (When Serving Years Go Past)
Ungarn 2002 - Regie: Attila Moharos - 42min
muss ich nochmal nachsehen, kann mich gerade gar nicht dran erinnern
Tabu
Ungarn 2003 - Regie: Ester Nordin - 75min
Doku über das Tabu der Sexualität von geistig Behinderten. Viele Einzelfälle, viele unterschiedliche Institutionen in Ungarn und ihre Herangehensweise an das Problem. Quantität statt qualitative Auswahl.
Táncremd (Ballroom Dancing)
Ungarn 2003 - Regie: Lívia Gyarmathy - 46min
Ein Tanzlehrer fährt auf ein Dorf ins Nirgendwo, um den Bewohnern Tanzunterricht zu geben, nach und nach lernen wir die Dorfbewohner einzelnd kennen und ihre Beziehungen zueinander. Ein bißchen wie ein Jaque Tati-Film, halt nur dokumentarisch.
Am Rande der Welt
Russland / Deutschland 2003 - Regie: Elena Bettkober (Rodnikowa) - 18min
Was ist Heimat, wenn man gegangen ist? Persönliche Auseinandersetzung der Filmemacherin als sie nach 8 Jahren wieder nach Russland fährt. Sehr assoziativ, merkwürdig auseinanderliegende Bild-Ton-Schere.
Visit Iraq
Deutschland 2003 - Regie: Kamal Aljafari - 28min.
Das seit 12 Jahren verlassene Büro der "Iraqi Airways" in Genf ist Anlass, Bewohner des Viertels zu befragen. Ist das Büro ein Überbleibsel einer Geheimdienstaktion, oder warum wurde die Filiale der Fluggesellschaft nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, obwohl die Miete noch immer bezahlt wird? Der Film spielt mit medial-vermittelten Vorurteilen und Erklärungsmustern, um letztendlich keine Antwort zu geben.
One Missed Call (Chakushin ari)
Japan - Regie: Miike Takashi :::: gesehen am 15.2.04 im Forum der Berlinale
Horrorfilm, in dem der Tod für eine Gruppe von Jungenlichen durch das Handy kommt. War ganz nett, aber hab mich schon mal mehr gegruselt. Kann mir gut vorstellen, dass es da irgendwann ein Hollywood-Remake von geben wird. Die Story wäre jedenfalls dazu geeignet.
Die Spielwütigen
Deutschland - Regie: Andreas Veiel :::: gesehen am 15.2.04 im Panorama der Berlinale / Publikumspreis
Porträt von vier Schauspielschülern. Der Film folgt ihnen über sieben Jahre vom ersten Vorsprechen an der Berliner Schauspielschule "Ernst Busch" bis zu ihren ersten Engagements nach der Schule. Für eine Langzeitbeobachtung verändert sich nicht viel in den beobachteten Schülern. Hätte ich mehr erwartet, mehr auf und ab im Leben, stattdessen plätschert das eher so vor sich hin. Teilweise sehr lustig, hat aber auch Längen, wo ich weniger Schauspielübungen und Schulinterna und mehr vom Leben der Leute gewünscht hätte.
Fühl mich - jetzt nach der Berlinale - emotional ausgelaugt. Ich glaube, ich muss mal ein Jahr oder zwei aussetzten.