Seit mehr als 2 Monaten nicht mehr geführt. Zuerst weil wegen Berlinale so viele Filme unnotiert liegengeblieben. Dann Zeug im Kino gesehen und im Fernsehen. Schon vergessen was und wann. Dabei waren da ganz interessante Sachen dabei.

Reset und weiter gehts ohne Reue. Mal schaun.
 




USA, 2005 - Regie: Robert Greenwald
:::: gesehen am 13.2.2006 im CineStar7


[...]Wal-Mart ist ein global agierender Konzern, der sich sein Recht notfalls selbst schafft. Hier ist Sharholder Value oberstes Gebot. Für seinen Film befragte Greenwald ehemalige Konkurrenten des Handelsriesen und langjährige Mitarbeiter aus allen Ebenen des Konzerns. Von der alleinerziehenden afroamerikanischen Verkäuferin, die wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert wird, bis zum Manager, der die menschenverachtende Konzernpolitik nicht mehr mittragen will. Nur Wal-Mart-Betriebszugehörige trauten sich nicht, vor laufender Kamera Auskunft zu geben. Der Arm der Konzernzentrale ist lang und die Kontrolle des Personals umfassend. Das Wal-Mart-System ist ein Beispiel für klassischen Manchester-Kapitalismus in Zeiten der Globalisierung. [...] (Berlinale Katalogtext)

Reiner Agit-Prop. Die filmische Umsetzung, die Dramaturgie der Argumentation des Films ist tendenziös und unreflektiert. Warme Bilder vom sterbendem Einzelhandel und weinende Händlerfamilien vor traditioneller Kleinstadtidylle erinnern an gute, alte, amerikanische Werte – ähnlich der Wohlfühl-Inszenierung aus Jack-Daniels’ Werbung. Dagegen gestellt werden kalte Videoaufnahmen von Riesensupermärkten und ein aus dem Internet grobkörnig komprimierter Videoschnipsel einer Shareholder-Conference mit aus dem Zusammenhang geschnittenen Zitaten. Und das schon ganz am Anfang des Films. Hinzu kommen langweilige Talking-Heads, die teilweise auch so zusammen geschnitten sind, dass es eher scheint, die ach so bitteren Äußerungen und Erfahrungsberichte über Wal-Mart sind ihnen in den Mund gelegt. Damit auch alle verstehen werden in fetten Lettern Zahlen und "Beweis"-Schnipsel immer wieder hämmernd und nicht enden wollend eingeblendet.
Zum Glück bestätigt der Filmemacher selbst, dass er den Film als Werkzeug für seine kapitalismuskritische Message gegen den Großkonzenr und die Folgen der Globalisierung benutzt. Bestätigt sich ja der Eindruck von Propaganda. Fraglich nur, ob das so plump sein muss und was das in dieser Form auf einem Filmfestival wie der Berlinale zu suchen hat. Nichts dagegen, dass insgesamt eine Tendenz des Politischen Films auf der Berlinale zu spüren war. Und nichts gegen das eigentlich interessante Thema der politischen Aufklärung über die ökonomischen Machenschaften des Riesenkonzern Wal-Mart und die sozialgesellschaftlichen Konsequenzen sowohl national in den USA als auch global. Doch bitte mit etwas mehr filmhistorischer- und filmästhetischer Verantwortung gegenüber dem Zuschauer! Michael Moore ist dagegen ein liberaler Konsens-Regisseur.

Homepage zum Film
 




Film #10: MONTAG KOMMEN DIE FENSTER
Deutschland, 2006 – Regie: Ulrich Köhler
:::: gesehen am 12.2.2006 im Cinestar8

Eine junge Familie hat in einer neuen Stadt ein Haus gekauft. Die Ärztin Nina und Hausmann Frieder scheinen zunächst gut zu harmonieren, trotz Umzug und Renovierungsstress. Doch langsam bauen sich Zweifel in Nina auf, ob das gewählte Leben, das richtige für sie ist. Eines abends lässt sie Mann und Kind zurück, streift durchs Mittelgebirge und lernt in einem Luxushotel einen alternden Tennisstar kennen. Ninas Ausbruch stellt sich nicht als Explosion dar, gründet sich nicht auf einen Streit, sondern vollzieht sich als flüchtige, vorsichtige Bewegung. Am Montag kommen die neuen Fenster für das Haus. Es sind die falschen, genau wie Frieder und Nina über sich selbst verwundert erkennen müssen, dass sie vielleicht doch nicht füreinander geschaffen sind. Der Film ist gerade durch die verschwommene Zeichnung der Gefühle seiner Charaktere besonders gelungen. Kein klares Ja/Nein-Pattern, sondern wo man hinschaut „ich weiss nicht“ und „vielleicht“ - insgesamt eine allgemeine Ratlosigkeit des Seins (kein Wunder, dass mir das gefällt). Atmosphärisch erinnert das alles ein bisschen an Die linkshändige Frau (Regie Peter Handke bei gleichzeitiger Entsteheung des gleichnamigen Buches). Alles so ruhig und ortlos, voller Bedeutung und unterlegt mit klasssicher Musik.


Film #11: TAE-POONG-TAE-YANG (The Aggressives)
Republik Korea, 2005 – Regie: Jeong Jae-eun
:::: gesehen am 13.2.2006 im ZooPalast4

Eigentlich wollte ich in einen anderen Film, in den ich aber nicht mehr reinflutschen konnte und als einzige Alternative bot sich zeitlich dieser Film aus dem Jugendfilm-Programm der Berlinale an. Persönlich tat es sehr gut zu sehen, dass auch an den Kinderfilmen reges Interesse herrscht und das Kinder auch nicht jammern, wenn der Film auf koreanisch mit englischen Untertiteln kommt. Der Film war okay, aber für mich nicht so wirklich spannend: Der Abiturient Soyo entdeckt für sich das Inline-Skaten und findet Anschluss an eine wilde Skater-Gruppe. Als Mitglied der Clique ändert sich sein Leben radikal. Soyos Einsamkeit verflogen und er blüht im Sport und unter den neuen Freunden auf. Als die Gruppe jedoch wegen eines größeren Sachschadens bei Aufnahmen eines Werbefilms in finanzielle Nöte gerät, droht die Freundschaft auseinander zu brechen. Viele tolle Aufnahmen von Inline-Skating mit Musik unterlegt. Die Story rankt sich eher als Nummernrevue von einem Event zum anderen, die zugrunde liegende Moral der Geschichte ist allemal für Kinder unter 14 geeignet, jedoch nicht die teilweise sehr explizit dargestellte Randerscheinung von Stürzen und Schmerzen. Das hat überrascht: wurden am Anfang des Films Stürze beim Inline-Skating nur angedeutet und genau beim Aufprall geschnitten wird dies im Verlauf des Film genauer thematisiert, einhergehend mit der Steigerung der Probleme des Gruppenzusammenhalts.

Danach war ich etwas frustriert von dem etwas entglittenen Berlinale-Tag (nur 2 Filme, davon einer nicht so der Bringer), bin auf die Going Underground Preisverleihung gegangen, habe eine alte Bekannte wieder getroffen, die jetzt Produktmanagerin einer DVD-Reihe in München ist und mich nach ein-zwei Bier bestens mit dem 2. Sieger unterhalten.
 




Jetzt sind die Tage 3, 4, 5 und auch fast der 6. Tag der Berlinale ja schon ein alter Hut und ich kann mich auch kaum mehr an die Filme vom gesamten Wochenende erinnern. Hätt’ste mal gleich aufgeschrieben, denkt sich da das gewissenhafte Blogger-Ego. Aber man kann halt nicht alles haben - Kino, Feiern, Small Talk, Arbeiten, Rosenkaufen und dann auch noch Bloggen? Zum Glück habe ich nicht den Ehrgeiz hier gut ausgearbeitete Filmkritiken zu veröffentlichen und kann einfach schnell ein paar persönliche Eindrücke runterrotzen. Ich bin Blogger, ich darf das.

Film #5: CONTAINER
Schweden, 2006 - Regie: Lukas Moodysson
:::: gesehen am 11.2.2006 im CineStar3

Nicht unbedingt das richtige gewesen für den Start am Samstag, ziemlich viel Zuschauerflucht, aber wenn man sich drauf einließ, ging es eigentlich: „Eine Frau im Körper eines Mannes. Ein Mann im Körper einer Frau. Jesus in Marias Magen. Wasser bricht durch. Es fließt in mich rein. Ich kriege den Deckel nicht zu. Mein Herz ist voll.“ So beschreibt der Regisseur Lukas Moodysson seinen Film. Zu hören ist aus dem Off ein Monolog einer angenehmen weiblichen Stimme, die einen poetischen Stream of Conciousness über Verlangen und Befindlichkeit eines Transsexuellen von mehr oder weniger einleuchtenden Sätzen wie, „wäre ich ein Junge, ich würde den ganzen Tag mit Paris Hilton Sex haben wollen“, bis hin zu eindringlichen Beschreibungen einer krankhaften Homophobie, die auch gegen sich selbst gerichtet sind. In grobkörniger Handkamera werden schwarzweiß Bilder geliefert, die diesen Bewusstseins-, Assoziations- und Gedankenraum mit Bildern füllen. Mehr als „semidokumentarisch“ und „Fotocollage“ allemal. Aber auch wenn ich nicht zu tief in Diskursen der Transsexualität und Genderfragen drinstecke. Der Film ging vor allem durch die ziemlich offensichtliche (Selbst-)Klischeesierung des Transsexuellen gehörig auf die Nerven. Da ging mir mal wieder Fassbinders Elvira näher. Aber wie man es von Moodysons anderen Filmen erwarten konnte auch hier die Schraube der Dramaturgie immer schön bedingungslos abwärts.


Film #6: NACHBEBEN
Schweiz, 2006 - Regie: Stina Werenfels
:::: gesehen am 11.2.2006 im CineStar3

Die Schweizer! Ich mag sie immer mehr. Ein emotional gelungener Film, über einen scheinbar erfolgreichen Investment-Banker, der seinen Chef und dessen Frau zu einem Grillabend in seine luxuriöse Villa am Zürichsee eingeladen hat. Alles große Dramatik, denn natürlich ist etwas faul und langsam entspinnt sich ein Netz von Abhängigkeiten und kleinen Intrigen in dem keiner vor dem anderen sicher sind. Frau gegen Mann, Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, alt gegen jung, dünn gegen dick. Inhalt nachzuerzählen wäre müßig, finde ich. Gerade dass, wie sich die Geschichte fort spinnt und was das in der Vergangenheit vergrabene, dunkle Geheimnis der feinen Gesellschaft ist, macht den Film aus. Kennt jemand den deutschen Film „Nackt“, wo sich so ein eleganter Pärchenabend in einer chicen Villa zum psychologischen Desaster wird? Ein bisschen so, gepaart mit dem Dogma-Stil aus „Das Fest“ (ich mein jetzt antikes Drama auf Digital), und die Umweltministerfamilie aus „Agnes und ihre Brüder“ ist auch mit drin.

Film #7: ANGEL FACE
USA, 1952 – Regie: Otto Preminger
:::: gesehen am 11.2.2006 im CinemaxX8

Das schöne an alten Filme im Kino ist das Publikum: Damen und Herren im weltgewandten Alter, die unter einem Filmfestival noch so etwas ähnliches verstehen, wie einen Opernbesuch und sich gut parfümiert in entsprechender Abendgarderobe neben Regiestunden am Einlass drängelnd, während sich jene Regiestudenten über das Aussehen ihrer jeweiligen Regieassistentinnen/praktikantinnen auslassen. Super, Jungs – wenn hier mal 70 seit, macht ihr sicher auch diese nach junger Haut geifernden Altherren-Autorenfilme. Macht’s halt einfach anders als eure Profs. Aber ich schweife ab. Eigentlich gut an alten Filmen im Kino ist, dass die im Fernsehen und auf Video einfach mistig aussehen. Und das ist jetzte mal kein Cineastenklischee. Das erkennt jeder, musste nur hinschauen, z.B. da die Zeichnung der Ränder von Buchstaben da im Titel, oder die Tiefe des Bildes bei unterbelichteten Nachtaufnahmen. Schön auch: Es wurde eine Wochenschau vorneweg gezeigt, um den Zuschauer ungefähr in den Aufführungskontext des Films zu versetzen. Ja und der Film? Ein recht passiver Robert Mitchum verfällt der jungen Jean Simmons, die eine kalt kalkulierende Jungfrau aus der Hölle gibt. Und Action mit Autounfällen kamen auch drin vor, ich war ganz hingerissen.

Film #8: ESPERANZA
Deutschland, 2006 – Regie: Zsolt Bács
:::: gesehen am 11.2.2006 im CinemaxX1

Kleines, deutsches Kammerspiel über 10 Passagiere, die alle ihre Fähre von Rostock nach Kopenhagen verpasst haben aber noch unbedingt vor Silvester aus unterschiedlichen Gründen dort ankommen müssen. Der Smutje eines alten Vergnügungsdampfers bietet ihnen die Überfahrt an. Das Innere des Dampfers funktioniert als Beichtstuhl für die Geheimnisse der unterschiedlichen Passagiere. Jeder hat ein Geheimnis, das nach und nach offenbar wird. Im Grunde ein sympathischer kleiner Film mit tollem Ensemble. Macht sehr Spaß, auch wenn es stellenweise etwas zotig wird, bleiben die Szenen in einer märchenhaften, geheimnisvollen Stimmung, in der alles möglich wäre. Vielleicht ist es das: Der Film holt aus der Grundidee nicht alles raus. Möglich wäre einiges, aber der Film bleibt einfach nur nett. Die Atmo für mehr wäre da, aber das was tatsächlich passiert folgt der Dramaturgie des „Traumschiffs“: Alle haben irgendwas, und wenn sie von Bord gehen, haben sie ihr Problem gelöst oder zumindest erkannt. Der Dampfer als Katalysator für die Gefühlswelten seiner Passagiere ist da wirklich keine neue Idee. Aber immerhin nicht langweilig, hätte ja auch über’n Jordan gehen können für die 10 Leutchen.

Film #9: JOHN & JANE
Indien, 2005 – Regie: Ashim Ahluwalia
:::: gesehen am CineStar8

Und von dieser Virtual-Reality-Sci-Fi-Doku-Fiktion über Call-Center-Jobber in Indien, die die USA bedienen und begehren. bin ich auch fasziniert gewesen. Auch wenn mich langsam die Befürchtung beschlich, dass ich eventuell zu unkritisch sei, oder vielleicht aus der Übung gekommen bin? Aus heutiger Sicht war es wohl einfach ein guter Tag, den ich erwischt habe. Sonntag und Montag war dann auch Nichtssagendes bis Unverschämtes zu sehen. Weil es aber jetzt schon wieder später ist, als gut hier schnell zur eigenen Erinnerung für mich aus dem Katalog kopiert:

JOHN & JANE ist eine Mischung aus beobachtender Dokumentation und tropischer Science-Fiction. Der Film folgt den Geschichten von sechs ‘Call Agents‘ in einem Call-Center in Bombay, deren Arbeit darin besteht, Anrufe von amerikanischen 1-800-Nummern entgegenzunehmen. Die Angestellten arbeiten für eine der vielen neuen ‘Glas und Stahl‘-Gesellschaften, die in den Sumpfgebieten außerhalb der Stadt wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Ihre Buüros sind nur nachts besetzt, um die täglichen Anrufe der amerikanischen Kunden entgegenzunehmen. Wenn die Angestellten die Anrufe entgegennehmen, hören sie aus der Ferne amerikanische Stimmen: eine einsame Frau aus Wichita Falls, die eine ‘Wunderklinge‘ bestellt; jemanden aus Evanston, der eine Kreditkartenrechnung bezahlen will. Wenn die Nachtschicht zu Ende ist, gehen die Angestellten nach Hause, um sich im tropischen Dunst Bombays schlafen zu legen. Und weil ihnen die Anrufe noch im Kopf herumspuken, träumen sie von fernen Orten, wo die Leute Kuchenformen besitzen, mit denen man dem Teig die Form eines Schneemanns geben kann. Nach einem strapaziösen Mix aus amerikanischer ‘Schulung‘ und einem 14-Stunden-Tag fordert der Job bald seinen Tribut. Während die Call Agents versuchen, ‘sich selbst zu finden‘ in dieser neuen kulturellen Land schaft, eröffnen sich um sie herum neue Perspektiven: Einkaufszentren, New-Age-Rituale, Lyrik-Wettbewerbe, Blondfärben der Haare, Aufhellen der Haut ... Der Film entdeckt eine neue Generation von Indern, die bereits zwischen realer und virtueller Welt leben (...) Diese futuristisch anmutende Welt zwischen amerikanischen ‘Alias‘ und einer simulierten Realität ist keine Science-Fiction, sondern die Zeit, in der wir leben.

Und das waren erst die Filme vom Samstag? Uff. (Zitat: Innere Stimme)
 




ach, ich schreib dann doch lieber erst morgen oder später über die fünf Filme vom Samstag. Dieser ganze Stress immer. Muss ja nicht sein. Waren aber eigentlich alle okay heute. Der problematischste Film war der von Moodyson: morgens als erstes dieser Stream-of-Conciousness eines Transsexuellen, grobkörnig in schwarzweiss. Dann kam der tolle Schweizer über die Welt eines Brokers, dessen Intrigen dramatisch zusammenbrechen. Dann was aus der Retrospektive mit Robert Mitchum (auch mit Intrige und Liebe und Autounfällen). Ein deutsches Komödien-Kamerspiel, Silvester auf einem alten Dampfer mit 10 Passagieren und als letztes die Virtual-Reality-Sci-Fi-Doku-Fiktion über Call-Center-Jobber in Indien, die die USA bedienen und begehren.
 




:::: gesehen am 10./11.2.2006 im CineStar8

Japan, 1949, 88 min - Regie: Nakagawa Nobuo

Erster Film in der Hommage des in Deutschland bislang unbekannten Nakagawa Nobuo, dessen Film Noir LYNCH auf einer Kurzgeschichte von Otsubo Sunao basiert und kurz vor Weihnachten 1949 in die japanischen Kinos kam.

Formal interessant, wie Stilmittel des Film Noirs in einem japanischen Kontext verwendet werden und die Mischung aus Moderne und Tradition, wie ich sie so gern habe in alten japanischen Filmen. Bin allerdings leider eingedöst im 2. Teil des Films, wo das wieder alles so melodramatisch wurde, und weil ich jetzt wirklich ins Bett muss, hier nur copy&paste die Handlung aus dem Festivalkatalog:

Der Film spielt in der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg und erzählt die Geschichte von Seikichi, der für ein Verbrechersyndikat arbeitet und den Auftrag erhält, eine goldene Buddha-Statue aus einem Tempel zu entwenden. Anstatt die Statue seinen Vorgesetzten auszuhändigen, versteckt er sie und setzt sich mit seiner Freundin Okayo ab, auf die auch sein Konkurrent Umewaka ein Auge geworfen hat. Aus Angst, gefangen zu werden, stellt er sich jedoch der Polizei. Während er seine Strafe im Gefängnis absitzt, warten seine ehemaligen Sugawara-Kollegen auf seine Freilassung. Nach einem Zeitsprung setzt die Handlung des Films viele Jahre später wieder ein: Im Mittelpunkt steht nun Seikichis Tochter Kuwako (gespielt von Kuga Yoshiko, die u.a. auch in Kurosawas The Idiot und Ozus Good Morning zu sehen ist), die zu einer etwas ungehobelten, aber schönen jungen Frau herangewachsen ist und als Sängerin mit einer Band umherreist. Sie träumt davon, endlich ihren Vater wiederzusehen, den sie all die Jahre als Matrosen auf See vermutet hat. Als Seikichi jedoch freigelassen wird, fangen ihn seine ehemaligen Kollegen am Gefängnistor ab. Mit seiner Mischung aus Action, Familiendrama und Yakuza-Ränkespiel ist Nakagawas LYNCH ein sehr ungewöhnlicher Film. Der schurkenhaft aussehende Schwertkampf-Star Arashi Kanjuro (auch unter dem Namen Arakan bekannt) wurde in diesem Film ganz gegen sein sonstiges Image besetzt und spielt hier den typischen Verlierer mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Die Veränderung seines Äußeren nach dem langen Gefängnisaufenthalt ist bemerkenswert, was zum Teil der überzeugenden Maske geschuldet ist. Kuga Yoshiko spielt die reizende, temperamentvolle Tochter Arashis, die nach außen die harte Schale einer Angehörigen des Show Business zeigt, in Wahrheit aber nie über das Verschwinden ihres Vaters hinweggekommen ist. Die Szene, in der die beiden endlich zusammentreffen, bevor er ein letztes Mal fliehen muss, ist wirklich anrührend. Im übrigen lässt sich hier einmal mehr der symbolische Gebrauch von Rädern in Nakagawas schicksalhaftem Universum beobachten. (Forum Katalog)


 




:::: gesehen am 10.2.2006 im CineStar8

Japan 2005, 108 min, Regie: Sono Sion

Typischer "Nichts-ist-was-es-scheint" Film, wie es sie zu Dutzenden gibt und daher meist arg nerven (typische Phase von jungen Filmemachern, oder Leuten, die wie David Lynch sein wollen). Hier gepaart mit viel Kunstwillen und roter Farbe, die gemeinhin gern symbolisch für Verführung und Sexualität der Frau verwendet wird. Außerdem haben die Frauen andauernd aus der Nase geblutet. Trotz der Wirrungen von Realitäts- und Fiktionsebenen kann man eine Handlung skizzieren: Ein Schuldirektor vergewaltigt seine 12-jährige Tochter. Zunächst wird aus der Perspektive des Mädchens erzählt, wie sie durch die Vergewaltigung und des durch den Vater erzwungenen Voyeurismus des Sex beider Eltern psychotisch wird und in ihrer Wahrnehmung die Rolle der (toten) Mutter wird/übernimmt. Perspektivwechsel: Die Mutter/Tochter schreibt erfolgreiche, fiktionale Romane über eben jene Inszestfamilie. Ein neuer, junger Assistent arbeitet mit ihr und soll für den Verlag die Geheimnisse um die Autorin aufdecken. Macht er auch ganz gut. Bis sich alles spannend entwirrt: Es stellt sich heraus das der androgyne Jüngling eigentlich die Tochter ist (inzwischen ohne Brüste), und die Mutter eigentlich die Psychose hat, sich für die Tochter hielt und ihre eigene Identität aufgab durch den Rollenwechsels zum Kind. Alles ziemlich krass und nett gerahmt durch einen traumartigen Varieté-Jahrmarkt. Trotz des arg durchschaubaren Psycho-Realitäts Wirrwarrs und der teilweisen arg effekthascherischen Symbolik hat der Film aber trotzdem Spannung halten können durch die immer noch krasser werdenden Wendungen der Erzählebenen, die sich aber gegen Ende dann doch erstaunlich klar auflösten. Psychologischen Figurentiefe aber hahnebüchend.


 




:::: gesehen am 10.2.2006 im CineStar8

Iran 2006, 90 min, Regie: Nasser Refaie

Aus gegebenem Anlass und weil ich schon mehr Filme aus Israel gesehen habe statt aus Iran, habe ich mich anstelle des 90minütigen Films aus Isreal über zwei Mädchen bei der Armee für den iranischen 90minüter entschieden über einen Widwer, der in seiner Trauer Teheran mit neuen Augen sieht. Der Protagonist spricht über den gesamten Filn kein einziges Wort, dafür kommen aber die Frauen zu Wort. Durch die Perspektive der Hauptfigur, die nach dem Tod seiner Frau Schwierigkeiten hat, sich in seinem Privat- und Büroalltag zurechtzufinden, beginnt der Film, Frauentypen und gesellschaftliche Frauenrollen im modernen Teheran zu reflektieren. Sehr spannend, wie dabei untergründig Kritik transportiert wird, ohne explizit und vordergründig zu werden. Oder liegt das am europäischen Blickwinkel? Hat mich an die versteckte Gesellschaftskritik bei Sachen aus dem Ostblock erinnert. Hatte teilweise aber auch ein ganz kleines bisschen was von Taxi Driver.


 




:::: gesehen am 10.2.2006 im Delphi

USA 2006 - von Sharon Lockhart

Sehr formale Form: 2 Teile, je 1 Stunde lang, jede Stunde unterteilt in 6 Einstellungen, je 10 Minuten lang. Zwischen den beiden Stunden 10 Minuten Pause. Im ersten Teil werden einzelne Kinder in der Natur beobachtet, im zweiten Teil werden Kinder in Natur beobachtet, die miteinander agieren. Die strenge Form zwingt zum Hinschauen. Die Figuren sind von Landschaft umgeben, eingeschlossen. Trotz Halbtotalen und Totalen ist die Landschaft nie "offen", nie ist der Horizont zu sehen, die Sonne scheint kaum. Jede der 10minütigen Einstellungen werden zu einem Tableaux, einer bewegten Landschaftsmalerei, in der die beobachteten Kinder aufgehen. Es erinnert teilweise an Tierbeobachtungen, so selbstvergessen die Figuren durchs Bild spielen und tollen. Und doch ist alles bewußt inszeniert, nichts in der Komposition der langen, ruhigen Einstellungen wurde dem Zufall überlassen.

Zum Einstieg auf die Berlinale ein nicht ungeeigneter Film, um die eigenen cinematographischen Sinne zu schärfen. Wie unterschiedlich lang können 10 Minuten sein, Augenmuskulatur trainieren und dem Film vertrauen, wenn man kurz einnickt.


 




:::: gesehen am 3.2.2006 auf arte

D 2004 - Regie: Lars Jessen - Mit Gabriela Maria Schmeide, Peter Lohmeyer, Franz Dinda, Nina Petri, Richy Müller, Luise Helm, Peter Heinrich Brix, Jens Münchow, Eva Kryll, Falk Rockstroh

Nachts zurück kamen noch ein paar bekannte deutsche Schauspieler mit merkwürdig schlechten Frisuren in einer Öko-Tragikkomödie, die angesiedelt 1987 auf einem Alternativ-Bauernhof in Nordeutschland thematisch ein Stück meiner Jugend wiederspiegelte, ein bisschen Tragik hatte, auch Komik, überwiegend aber eher Fasching war. Bin im Nachhinein froh, dass ich den nicht im Kino gesehen habe. Einerseits wird der Film nie wirklich peinlich, die Schauspieler sind einfach zu gut dazu. Andererseits stört aber, dass die Emotionalität der Figuren nie Kino wird, sondern Fernsehspiel bleiben. Etwas mehr dazu bei critic.de .


 








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