Endlich ist er auch bei mir da - der Berlinale-Kater. Zu müde, um noch über die Filme zu schreiben. Fast sogar gleichgültig, obwohl da die eine oder anderere ganz gute Sache dabei war. Heute nichts gesehen, weil Bett und Arbeit.
Deutschland, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Italien, 2006, 117 min - Regie: Bille August - Darsteller: Joseph Fiennes, Diane Kruger, Dennis Haysbert
Der Berlinale-Montag hat sich für mich etwas zerschossen. Zuerst im Büro das Nötigste für die Woche eingeleitet und am Nachmittag im Zweitjob im Kino schnell die Kurve gekriegt stand ich schließlich um 20h am Potsdamer Platz und musste feststellen, dass ich wohl meine Wohnungsschlüssel im Büro vergessen hatte. „Das ja mal nicht so gut, wenn die Liebste gerade nicht in Berlin ist,“ dachte ich. Da nun aber die Kollegen mit Büroschlüssel alle im Kino schienen/ihre Telefone aus hatten. Und nur der eine ran ging, der von Sonntag auf Montag wohl etwas zu gut gefeiert hatte und deswegen mal „früh ins Bett wolle“, hieß es also erstmal seinen Büroschlüssel aus Prenzl’berg holen, um ins Büro zu kommen, um Appartementschlüssel zu finden, und wo ich dann schon vier mal im Regen durch die Stadt geradelt bin, dachte ich, kann ich ja auch gleich besser erstmal zu Hause den Kater füttern und dann sehen, ob es vielleicht doch noch einen Film in der Ganz-Spätvorstellung gibt, der wenigstens halbwegs interessant schien.
Gab es, den hier über Südafrika und Apartheit: Über den Zeitraum von 1968 bis 1990 wird die Beziehung zwischen Nelson Mandela und seinem Gefängniswärter James Gregory skizziert und in Form von Gefühlskino mit historischem Hintergrund inszeniert. Nach und nach revidiert der weiße, südafrikanische Gefängniswärter seine rassistischen Ansichten und ein unausgesprochenes Interesse, schließlich eine Freundschaft verbindet Gefangenen und Wärter über den Lauf der Jahre. Der Film berührt, und wie es das Genre verlangt, werden die pathetische Mittel des Gefängnisfilms und des Historiendramas vermischt. Es lässt mich halt nicht kalt, wenn der Wärter nach und nach menschliche Züge zeigt und am Ende gar selbst als Gefangener des eigenen Systems ins Bild gesetzt wird. Und wie viel besser lässt es sich an das Gute im Menschen hoffen, wenn man dann noch weiß, dass all diese Menschlichkeit auch noch auf einer wahren Geschichte beruht?
Egal. Bei Sophie Scholl hat mich der Gefühlskitsch letztes Jahr total genervt. Selbes Kino, selbe Reihe ein Jahr später in einem nur etwas anderem Film hat’s für mich gepasst. Vielleicht war ich auch nur emphatisch erleichtert, es dann endlich doch zur allerletzten Vorstellung an diesem Tag ins Kino geschafft zu haben.
USA, 2006, 88 min - Regie: Mitchell Lichtenstein - Darsteller: Jess Weixler, John Hensley, Josh Pais, Hale Appleman, Vivienne Benesch, Lenny von Dohlen, Ashley Springer
Man mische die verklemmte Spießigkeit amerikanischer Jugendlicher aus High School Komödien mit Sex- und Gore Elementen und lasse malerisch die schleichende Radioaktivität eines Atomkraftwerkes darauf einwirken und man hat einen allemal unterhaltsamen, wenn auch nicht überraschenden, amerikanischen Independentfilm.
Regisseur Mitchell Lichtenstein erzählt in seinem erst kürzlich auf dem Sundance Filmfestvial uraufgeführtem Film von einer Teenagerin, die alles tut, um ihre aufkeimende Sexualität zu unterdrücken bis sie eines Tages feststellen muss, dass ihre Vagina mit Zähnen ausgestattet ist und sie der lebende Beweis des Mythos von der Vagina dentata ist. Nach und nach findet die junge Frau gefallen an ihrer neuen Waffe und rächt sich an der Männlichkeit.
Mitchell Lichtenstein, der Sohn des berühmten Pop-Art-Künstlers Roy Lichtenstein schreibt dazu: In den vielen Kulturen, in denen der Mythos von der Vagina dentata existiert, ist der Kern der Geschichte immer derselbe: Ein Held muss die Frau mit der Vagina dentata bezwingen. Ich wollte diese Geschichte umkehren und den unschuldigen Teenager Dawn zur Heldin machen. Darum ist mein Film so etwas wie eine weibliche Rachefantasie mit einem scheinbar ganz normalen jungen Mädchen, das entdeckt, dass es übermenschliche Kräfte besitzt.
Promt kommt im Publikumsgespräch dann auch die Frage aus einer Ecke des Saals, ob der Regisseur wirklich fände, dass Gewalt das richtige Mittel sei, sich gegen die männliche Unterdrückung von Frauen zu wehren. Zum Glück ruft das halbe Cinemaxx zurück, „It’s just a movie!“ Und zum Glück auch kein Seminar über Camila Paglia, der im Abspann des Films gedankt wird (was natürlich nur ich bemerkt habe...). Viel interessanter hätte ich ja die Frage gefunden, wie es sich eigentlich so lebt, als Sohn eines berühmten Pop-Art-Künstlers, aus dessen Schatten man im eigenen ästhetischen Schaffen nicht wirklich heraustritt. Aber ich hab mich mal wieder nicht getraut und meine gute Erziehung verbietet solche Fragen in der Öffentlichkeit. Einerseits habe ich mich gut amüsiert, andererseits frage ich mich, wie man ernsthaft im Jahr 2007 noch so einen postmodernen Schnickschnack im Kino betreiben kann. Dann doch vielleicht lieber das Zitat als reiner stilistischer Selbstzweck, ohne etwas Eigenständiges sein zu wollen.
Eigentlich ist es ein Dokumentarfilm über Danny Williams, der eine zeitlang im Kreise von Andy Warhols Factory gelebt und gearbeitet hat, wohl auch ein Verhältnis zu Warhol hatte, dann aber von der Gruppe abgestoßen wurde und verschwunden ist, bzw. sich umgebracht hat. Indem sich die Nichte des Verschwunden in ihrem Film hauptsächlich mit den Gedächtnisspuren an ihren Onkel in Interviews und gefundenem Archivbildern und Filmmaterial ihres Onkels beschäftigt, streift sie aber auch das Leben in der Factory. Indem die Filmemacherin einen Randbereich ausleuchtet kommt viel mehr über das Zentrum ans Licht, als wenn sie gleich das Zentrum ausleuchten würde. Sehr schöner, dokumentarischer Effekt. In den Erinnerungen über Danny Williams wird weniger über die Person, als über die Interviewten selber und die Zusammenhänge und psychologischen Abhängigkeiten innerhalb der Fatcory deutlich.
Die mit der Filmemacherin befreundete Kuratorin des Forums - Stefanie Schulte Strathaus – schreibt im Berlinale Katalog dazu folgendes: Nadia besucht ihre Enkelin am Arbeitsplatz - der Warhol Foundation - und erzählt, dass ihr unter mysteriösen Umständen verschwundener Sohn Andys Lover gewesen sei und bei ihm gelebt habe. Von dem Moment an werden zwei Familiengeschichten zur Projektionsfläche: die einer bürgerlichen amerikanischen Familie und die wohl legendärste der Kunst: Warhols Factory.
Mit Unterstützung von Callie Angell, Kuratorin des Andy Warhol Film Projects am Whitney Museum, gelingt es Esther B. Robinson, der Nichte des verschwundenen Danny Williams, eine Kiste 16mm-Filmmaterial im MoMA aufzuspüren, die mit seinem Namen beschriftet ist. Es öffnet sich eine Schatztruhe: Bilder aus der Factory, von Velvet Underground, bekannte Gesichter, in einer nie gesehenen Verschmelzung von Intimität und Glanz. Detektivisch macht sich Robinson auf Spurensuche. In Gesprächen mit Zeitgenossen und Familienmitgliedern, beim Betrachten der Filme, in der Recherche, wird vor allem eins deutlich: Familiengeschichtsschreibung ist ein amorphes Konglomerat von Erinnerungen, vorhandenen Bildern und der Distanz, die die Zeit geschaffen hat - nicht anders als Filmgeschichtsschreibung. Doch trotz der Unmöglichkeit, die eine Wahrheit zu erfassen, schält der Film eine ebenso einzigartige wie rätselhafte Künstlerbiografie heraus.
Filmisch versucht die Filmemacherin einen Dialog mit ihrem Onkel durch seine und ihre Filmmaterialien aufzunehmen. Das behauptete sie jedenfalls im anschließenden Filmgespräch. Das mag sie gerne gewollt haben – die gefunden Filmbilder ihres Onkels sind bei weitem vielschichtiger und ausdrucksstärker als ihre eigenen Interviewaufnahmen – der Schnitt fügt zwar alles okay ins Ganze, könnte aber viel radikaler mit Bildmaterial und Ästhetik umgehen.
Deutschland, 2006, 92 min - Regie: Bettina Blümner
Nette Dokumentation über drei 15-jährige Kreuzbergerinnen. Klara, Mina und Tanutscha kennen sich seit dem Kindergarten und die Filmemacherin hat zwei Sommer lang die Teenager beobachtet und ihre freundschaftliche wie individuelle Entwicklung begleitet. Frühreif sind sie und mit ziemlich vielen Wassern der Großstadt gewaschen. Manchmal fällt es schwer, zu glauben hier 15-jährigen zuzusehen. Und doch brechen hinter den coolen Sprüchen und der beinahe perfekten Gelassenheit doch immer wieder kleine Unsicherheiten und ganz ernste Fragen und Zweifel über die eigene Zukunft hindurch.
Der einen macht der Prüfungsstress vor dem „Real“, den sie unbedingt schaffen möchte, Sorgen. Die andere ist seit mehreren Monaten mit einem fünf Jahre älteren Abiturienten zusammen, der nach dem Abi ins Ausland geht – die längste Beziehung, die sie bislang hatte. Der Dritten kommen die Sprüche am lockersten über die Lippen - „ich bin jung, dynamisch und naiv“ – eine Sequenz später berichtet sie über ihre Drogenerfahrungen. Was sie nach der Schule machen möchte weiß sie noch nicht. Zwischen ihr und ihrer allein erziehenden Mutter gibt es aber eine Regel, „nicht schwanger werden und kein Heroin“.
Die Kamera folgt den Teenagern durch die Häuserschluchten Berlin-Kreuzbergs, ähnlich wie die Teenager sich durch die labyrinthischen Irrwege des Erwachsenwerdens winden (vielleicht lag's aber auch daran, dass ich in der ersten Reihe sitzen musste, dass mir etwas schwindelig wurde...). Was will meine Umwelt? Was muss ich darstellen, um in meiner Clique zu gelten? Wo und wie finde ich Liebe? Und vor allem, was will man eigentlich selber von sich und seiner Zukunft? Die Fragen, mit denen sich die jungen Frauen beschäftigen sind allgemein bekannt. Die Art und Weise, wie der Film seine Protagonistinne diese Fragen stellen lässt, ist sehr behutsam und sensibel ausgearbeitet dem schmalen Grad zwischen Nähe und Distanz. Trotzdem ein wenig das Gefühl, dass Beobachtungen zu sehr einem starren Rahmen folgen – der filmischen Ordnung wegen – und im Schnitt, im Sortieren der Szenen, die Nähe der Kamera wieder verloren gegangen ist zugunsten der Dramaturgie.
Aserbaidschan, Russische Föderation, 90 min - Regie: Oleg Safarliyev - Darsteller: Fuad Poladov, Fakhratdin Manafov, Mekhriban Zaki, Timur Badalbeoly, Kamal Khudaverdiyev
Weder die Inhaltsangabe aus dem Berlinalekatalog, noch die Kurzbeschreibung des Films im Programm des Tip-Magazins helfen weiter. Der Text im Katalog beschreibt eher, was der Filemmacher mit seinem Film erzählen wollte (es aber nicht schafft) und der Kurztext im Tip lässt eher darauf schließen, dass der Film vom Prakitkanten gar nicht im Vorhinein gesehen wurde.
Anhand der durch sein Stadtviertel streifenden Hauptfigur Alik werden Szenen aus Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans gezeigt. Es geht wohl um Generationen, um Veränderungen durch die politische Folgen, Stadt-Land Diskurse finden statt - eigentlich stellt Alik aber die ganze Zeit einer jungen Musikerin nach (er ist Moslem, sie wohl nicht...). Und irgendwie eine Jazzband ist da auch noch, die alle toll und kreativ sind, aber dann aus ihrem Übungskeller raus müssen. Das ganze schaut man sich gerne geduldig eine halbe Stunde an. Doch dann, wenn sich diese ersten Eindrücke von der Exposition zur eigentlichen Handlung verdichten sollte, plätschert es einfach so weiter. Hinzu kommt die technisch miese Nachvertonung des Films und ein bisweilen laienhaftes Schauspiel, dass sich in Überbetonung von Gesten und einer gewissen Selbstverliebtheit des Schauspiels kennzeichnet. Zeitsprünge soll es auch geben haben, doch auch mit wachem Auge waren die nur schwerlich entschlüsselbar. Insgesamt schien mir das alles eine etwas ziellose Collage der Veränderungen einer Statd anhand von zu offensichtlich symbolhaften Figuren, mit einem gewissen moralischem Grundton, der im Kern in die einfache Richtung "früher war alles besser" stößt. Mir nicht ersichtlich, warum der Film auf einem A-Festival laufen muss. Höchstens wegen Länderbonus.
Brasilien, 2006, 104 min, Regie: Cao Hamburger, Darsteller: Michel Joelsas, Germano Haiut, Daniela Piepszyk, Simone Spoladore, Caio Blat, Eduardo Moreira
Der zwölfjährige Brasilaner Mauro fiebert 1970 der Fußballweltmeisterschaft entgegen. Da erklären ihm seine Eltern unvermittelt, sie müssen dringend verreisen, und lassen ihn in der Obhut seines Opas. Der ist jedoch gerade gestorben, also nimmt der jüdische Nachbar den Jungen bei sich auf. Unausgesprochen erzählt der Regisseur in seiner Geschichte über Mauros neue Eindrücke in einer fremden Umgebung auch vom Schrecken der damaligen Militärdiktatur Brasiliens. Eine gelungene Mischung aus Drama und einer jüdischen Komödie. Sehr hilfreich, dass die Sichtweise der Hauptfigur eine Kindliche ist. Er bekommt zwar am Rande die politischen Umstände mit, sie spielen aber nicht die zentrale Rolle. Erst nach und nach erkundet der Junge, dass seine Eltern nicht im Urlaub, sondern ins Exil gegangen sind.
Republik Korea, 2006, 105 min, Regie: Park Chan-wook, Darsteller: Lim Soo-jung, Jung Ji-hoon
Young-goon ist Patientin einer Nervenklinik, denn sie glaubt, sie sei ein Cyborg. Nahrung verweigert sie, stattdessen verpasst sie sich Stromstöße mithilfe ihres Transistorradios, um ihre Batterien aufzuladen. Ihr Gesundheitszustand verbessert sich dadurch natürlich nicht. Unverdrossen trägt das junge Mädchen das Gebiss ihrer Großmutter und spricht mit den Maschinenwesen, seien es nun Automaten oder Lampen. Young-goon ist kein Einzelfall hier. Auch andere Patienten führen Gespräche mit imaginären Gesprächspartnern. Einer hat Angst vor seiner Frau und ist darüber impotent geworden. Ein anderer leidet unter einem Ödipuskomplex. Einer laboriert an einem Schuldkomplex und bittet laufend um Verzeihung. Eine weitere Patientin ist süchtig nach Schönheitsoperationen.
Als Il-soon eingewiesen wird, ändert sich für Young-goon alles. Der gutaussehende junge Mann, der sich gern maskiert, gilt als asozial. Seinen Mitpatienten macht er rasch klar, dass er ihnen leicht ihre Charakterzüge stehlen kann. Mit Young-goon verbindet ihn bald eine scheue Romanze, doch der Gesundheitszustand des Mädchens wird immer labiler. Nach einer Elektroschockbehandlung fühlt sie ihre Batterien aufgeladen - in ihrer Einbildung erschießt sie das Pflegepersonal mit Kugeln, die sie aus den Fingern feuert, während ihr Mund leere Patronenhülsen ausstößt.
Doch in Wahrheit ist Young-goons physischer Zustand besorgniserregend. In seiner Verzweiflung unternimmt der verliebte Il-soon den Versuch, ihr mit Hilfe der anderen Patienten wieder auf die Beine zu helfen. (Berlinale Katalog)
Symphatischer Film. Ich hatte aufgrund der Filmbeschreibung etwas Angst, ob das nicht zu blöde werden würde. Liebe unter Anstaltsinsassen. Aber das Irrenhaus ist in Style und Dekor und mit all den wirklich lustig gespielten Figuren sehr freundlich inszeniert und gibt als Rahmen schöne Möglichkeiten eine nette, kleine, "verrückte" Liebesgeschichte zu erzählen. Koreanisches Kino mal wieder - jung, ironisch und mit frischer Ästhetik. Etwas irritierend der Amoklauf des Cyborgs, zwar ironisierend gebrochen, aber doch arg blutig.
USA, 2006, 108 min, Regie: Steven Soderbergh, Darsteller: George Clooney, Cate Blanchett, Tobey Maguire
Berlin 1945. Der amerikanische Kriegskorrespondent Jake Geismer soll über die bevorstehende Konferenz von Potsdam berichten. Jake kennt Berlin - einst hat er hier ein Nachrichtenbüro geleitet. Und er hat sich hier verliebt. Das scheint aber Ewigkeiten her zu sein, als er jetzt mit dem Jeep die Berliner Ruinenlandschaft durchquert.
Jakes Fahrer, Corporal Tully, ist auf dem Schwarzmarkt aktiv - er handelt mit allem und jedem und spielt alle Seiten gegeneinander aus, um den besten Preis zu erzielen. Doch das ist durchaus nicht ungewöhnlich. Im Berlin dieser Tage verfolgt jeder eigene Strategien, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Jake ist an Tullys Schiebereien nicht interessiert, dafür aber an Tullys Freundin: Lena Brandt ist jene Frau, die Jake einst geliebt hat. Aber irgendwie hat sie sich verändert. Der Krieg, das entbehrungsreiche Leben in den Ruinen und das Trauma ihrer persönlichen Vergangenheit haben unauslöschliche Spuren in ihr hinterlassen.
Als Tully mit 100.000 Mark in der Tasche und einer Kugel im Rücken in der Sowjetisch Besetzten Zone aufgefunden wird, fühlt sich Jake von den Umständen dieses Mordes angezogen. Vor allem fragt er sich, warum sowohl die amerikanischen als auch die sowjetischen Behörden auffällig wenig Interesse an dem Fall bekunden. Je mehr Jake nachforscht, desto deutlichere Spuren führen zu Lena. "Du hättest nicht nach Berlin zurückkehren sollen", sagt sie zu Jake. Wahrscheinlich ist das der einzige wahre Satz, den er von ihr zu hören bekommen wird.
Steven Soderberghs Film ist ein romantischer Thriller in der Tradition des klassischen Film noir. Er spielt nicht nur im Jahr 1945, sondern wurde auch mit der Kameratechnik der damaligen Zeit gedreht. (Berlinale Katalog)
Ich weiss nicht, ich weiss nicht. Für mich wollte der Film nicht so richtig funktionieren, trotz Pathos und Melodram löste der Film keine Spur von emotionaler Anteilnahme aus. Viel zu sehr steht das stilistische Spiel im Vordergrund, einen alten Noir-Thriller der direkten Nachkriegszeit nach zu inszenieren. Das gelingt auch stilistisch, manchmal fühlt es sich tatsächlich an wie in "Casablanca" oder viel eher noch in Billy Wilders "A Foreign Affair". Doch so recht kann man die Star-Personas Clooney, Blanchett und Maguire gedanklich nicht lösen aus der Gegenwart. Immer wieder ist die zitierte Noir-Geste und das attrappenhafte Nachkriegsberlin eher störend in der Filmwahrnehmung.
Außerdem: Es scheint, in der Urania wird neuerdings zur Berlianle HD gebeamt. Jedenfalls wurde der Film nicht von Film, sondern elektronisch auf die Leinwand gebracht, was auch irritierte. High Definition Hautporen in einer auf alt gemachten Filmästhetik.
Österreich, Deutschland, 2007, 104 min - Regie: Ulrike Ottinger
Mit betörenden Bildern verwandelt PRATER den beliebten Wiener Ort der Sensationen in ein Kinoerlebnis. Praterdynastien erzählen vom Schaustellerleben. Wir begegnen den Nachkommen des "Manns ohne Unterleib", der um 1900 mit Frau und Kindern eine Vielzahl bis heute bestehender Vergnügungsbetriebe gründete. Wir treffen die Besitzer des Schweizerhauses, Manager eines gastronomischen Spitzenbetriebs, deren Vorgänger kaiserliche Jagdtreiber waren, oder den Prater-Heinzi, der ausgemusterte Illusionsmaschinen pfleglich repariert. Zusammen mit den Praterbesuchern von früher und heute reisen wir, ohne uns von der Stelle zu bewegen: Wien verwandelt sich in Klein-Venedig mit Kanälen, Rialtobrücke und Dogenpalast. Und über all dies trägt uns das Riesenrad und bietet uns den Blick über die Dächer von Wien.
Mit Ulrike Ottingers Film PRATER taucht der Kinogänger in ein Universum der Wünsche und Sensationen ein. Die Regisseurin verbindet dabei die Kulturgeschichte des ältesten Vergnügungsparks der Welt mit Einblicken in die Wandelbarkeit der technischen Attraktionen. Zugleich erzählt der Film von Menschen, für die der Prater Ort der Unterhaltung, der Erinnerung oder ganz einfach Lebensmittelpunkt ist. Der Wiener Prater ist eine Wunschmaschine. Mit der neuesten Raumfahrttechnik lässt man sich in den Himmel schießen und in der Geisterbahn trifft man die Monster der Kinogeschichte. Die Wiese (Pratum) - früher Jagdrevier des Kaisers - ist heute Spielwiese für jedermann. Der Sprung durch Raum und Zeit: Hier ist er möglich. (Berlinale Katalog)
Insgesamt eine wirklich schöne Doku, auch wenn ich den Prater gar nicht wirklich, sondern nur aus Filmen kenne. Ich mochte den Humor in den Bildern. Der Film lässt sich treiben, umkreist sein Thema, könnte aber für meinen Geschmack etwas straffer einem roten Faden folgen und tiefer in die Psyche der Österreicher in Bezug auf ihren Vergnügungsmarkt einsteigen. Soll er aber wohl bewusst nicht, man lässt sich halt ähnlich wie tatsächlich auf einem Jahrmarkt von einer Attraktion zur nächsten treiben, lernt hier was, spielt da ein wenig mit Motiven, wundert sich dort und beobachtet die Mitmenschen. Dadurch entsteht eine schönes Mosaik des Praters, ein historisches und gegenwärtiges Bild.