:::: gesehen am 6.2.2009 im Cinestar

USA 2009 - Regie: Mike Bonanno, Andy Bichlbaum, Kurt Engfehr - Sektion: Panorama Dokumente



"Doku über die Aktionen der Yes Men, einer Gruppe von Aktivisten, die sich mit satirischem Witz als Vertreter der Welthandlsorganisation WTO ausgeben und auf Konferenzen in der ganzen Welt auftreten, wo sie die Teilnehmer mit überraschenden Ansichten konfrontieren. Sehr witzig teilweise."

Das hab ich vor ziemlich genau fünf Jahren geschrieben, als ich den ersten Film "THE YES MEN" auf der Berlinale gesehen hatte. Filmisch und konzeptionell hat sich nicht viel getan in der Arbeit der Yes Men. Die geben sich immer noch als Repräsentaten von Firmen oder politischen Funktionsträgern aus und machen Schabernack. Trotzdem gut und sympathisch. Denn sie richten Schaden an und sind sozusagen Reallife-Haker. Ich finde die Schubladenlosigkeit interessant, ist es Kunstperformance, ist es Satire, ist es politischer Aktionismus ... Das kann man sich alles ganz gut ansehen auf die typische amerikanische Investigativ-Dokustilmachart. Aber richtig unter die Haut geht das auch nicht, ist halt Polemik.

Kurz noch der Text aus dem Berlinalekatalog, für jene, die bisschen mehr noch wissen möchten zum Film:
Sie ist wieder da, die Spaßguerilla, die nicht nur im World Wide Web regelmäßig ihre Spuren hinterlässt. Nachdem die „Yes Men“ in dem gleichnamigen Film, der 2004 in der Sektion Panorama der Berlinale präsentiert wurde, in einer waghalsigen Hochstapler-Aktion die Welthandelsorganisation WTO vorführten und da mit einen beträchtlichen Wirbel auslösten, haben sich die Politaktivisten in ein neues Undercoverabenteuer gestürzt. Die ganze Freiheit des freien Marktes ist diesmal ihr Thema, und Konzerne wie Exxon oder Halliburton sind ihre willigen Opfer. So perfekt ihre Maske als Vertreter dieser Big Player auch ist, so gnadenlos nutzen sie ihre Verkleidung, um das Netzwerk aus Lobbying, Kumpanei und schlichter Korruption kenntlich zu machen, mit dessen Hilfe hier die ganz großen Geschäfte eingefädelt werden. Im trauten Kreis drehen Bichlbaum, Bonanno und Engfehr kräftig auf, und ihre vermeintlichen Kollegen lassen sich in ihren Entgegnungen nicht lumpen. Dabei sind die Einwürfe der Fake-Manager bei diesen Meetings von krachender Einfalt. Ihre Statements sind entlarvende Parodien auf kaum vorstellbare Zustände in Vorstandsetagen und elitären Think Tanks. Am Ende schaffen es Bichlbaum, Bonanno und Engfehr unter an derem bis in einen trauten Kreis aus 1.000 Bauunternehmern, die mit dem Bürgermeister von New Orleans die Zukunft für die von Hurrikan „Katrina“ verwüsteten Stadtteile beraten. So unterhaltend wie in THE YES MEN FIX THE WORLD waren investigative Recherchen noch nie. Andy Bichlbaum: „Anwälte kämpfen vor Gericht, Gewerkschaftler in der Arbeitswelt, wir können eben das hier. Für eine Veränderung des Systems ist das, was wir tun, allerdings weit weniger wichtig als richtige politische Arbeit. Doch es ist immerhin etwas.“ (Quelle: Berlinalekatalog)

Bin erstes Mal genervt gewesen, heute von drängelnden wie ignoranten Provinz-Cineasten, die das Prinzip der Schlange und von Wartenummern nicht raffen und denken, sie seien das Zentrum der Welt. Drängeln könnt ihr in Euren eigenen Kinos, in Berlin verhaltet ihr euch bitte kollegial und weltoffen.
 




::: gesehen am 6.2.2009 im Cinestar

Schweden 2008 - Regie: Måns Månsson - Sektion: Forum



Dokumentation im grobkörnigen Schwarzweiss im Stile des Cinéma vérité über den Gouverneur der schwedischen Provinz Uppsala, Anders Björck. Filmisch plätschert das alles sehr belanglos vor sich hin, kopiert einen dokumentarischen Stil, ohne aber bildliche Tiefe zu entwickeln. Das Direct Cinema, oder Cinéma vérité oder wie auch sonst sich die dokumentarische Formen nennen, mit tragbaren, kleinen 16mm-Kameras die Welt filmisch zu entdecken, lebte davon, dass das Reale im zufälligen Moment ertappt wurde, dass die entfesselte Kamera "Wirklichkeit" neu definierte.

Hier werden aber zumeist lediglich recht statische Aufnahmen der symbolisch-representativen Politikarbeit eines alternden Politikers gezeigt, ohne dass aber an irgendeiner Oberfläche gekratzt wird. Es gibt einige gute, humorvolle Momente, aber der Backstage-Bereich des Profipolitikers, der mit Kameras umzugehen weiss und sich seiner Wirkung in jeglicher Situation bewusst ist, wird nicht betreten. Auch wurden einem im Programmheft des Forums raffinierten Ton-Montage versprochen. Nichts da, da hat jemand irgendwie nicht aufgepasst, von den Kollegen. Es ist eines der alltäglichsten Stilmittel, ein Bild mit einem im anderen Zusammenhang entstandenen Ton zu überlagern (wie hier etwa die vollkommen verrückte Montage der Tonaufnahme eines Radiointerviews mit dem Politiker, während er dabei im Flugzeug sitzend und lesend zu sehen ist. Crazy!)

Was mich aber doch interessiert hat an dem Film: Die Beobachtung der Arbeit von alternden Männern, sei es Mehdron, der Pabst oder hier jetzt dieser alte Schwede. Alles Leuten, die vermutlich E-Mails ausdrucken (lassen) und die ihre Arbeit handschriftlich, per Telefon und vor allem gemächlich eins nach dem anderen erledigen. Die Demokratie und ihr amtlicher Vertreter sehen in dieser Spielart ziemlich altmodisch aus – und mitunter auch komisch.
 




:::: gesehen am 5.2.2009 im Cinemaxx

Frankreich 2008 - Regie: Rie Rasmussen - Darsteller: Rie Rasmussen, Nikola Djuricko, Nick Corey, Vojin Cetkovic, Hiam Abbass, Said Amadis - Sektion: Panorama



Zur Eröffnung der Berlinale gestern in diesem Panoramafilm gewesen, war ja auch noch nicht so viel Auswahl. Ich fand den Film recht packend, teilweise gut, teilweise etwas maneriert. Es wird die Geschichte um das Mädchen Adria erzählt. Sie ist halb Serbin, halb Albanerin. Zum einen spielt der Film in der Vergangenheit, zur Zeit der schlimmsten Kämpfe im damals noch unumstritten serbischen Kosovo, zum anderen in der Gegenwart in Marseille. In ihrer Gegenwart in Frankreich lebt die junge Frau als illegale Einwanderin. Sie lernt einen jungen Amerikaner kennen, merkwürdige Liebesgeschichte, sehr überhöhte Sehnsuchtsinszenierungen. Flashbacks lassen uns immer wieder zurück an ihre Vergangenheit teilhaben. Schreckliche Greueltaten im Krieg, Luftangriffe auf Belgrad und die europäische Unterwelt spielen darin ebenso eine Rolle wie spontanes Verlangen, aus dem sich echte Liebe entwickeln könnte.

Es geht um die Identität einer weiblichen Hauptfigur, deren Sehnsucht nach romantischer Liebe innerhalb eines Kriegsszenarios besteht. Als „ein Produkt imaginärer Grenzen sinnlos gewordener Staaten“ sucht Adria ihr seelisches Gleichgewicht – und ihre Identität als Mensch und Frau, während sie zugleich doch in einem von Gewalt geprägten, vorwiegend von Männern aufrechterhaltenen Zoo gefangengehalten und ausgebildet wird. Es ist nicht ihr Spiel – aber sie lernt es gut.

Insgesamt alles packend und recht sexy (manchmal bissle oversexed) in Szene gesetzt. Was zunächst etwas abschreckt ist eine sich durchziehende Überhöhung der Geschehnisse. Kein stilistischer Realismus, sondern die Bemühung, große Kinobilder zu bauen. Auch der junge Amerikaner scheint mir etwas zu excited verkörpert, genau wie die sehnsuchtsvoll bis lüsternen Blicke der Hauptfigur, die sich durch den ganzen Film ziehen. Aber solch kleinen äusserlichen Macken tun dem packenden Gesamteindruck dieses recht harschen Films keine Harm.

Ansonsten: Die zur Verfügung stehenden Taxis am Potsdamer Platz standen um halb drei noch bis zur Staatsbibliothek. Wird eine rauschende Eröffnung gewesen sein.
 




:::: beide Filme gesehen am 23.1.09 im Babylon Berlin:Mitte

Prince of Broadway

USA 2008; R: Sean Baker; mit Prince Adu, Karren Karagulian, Aiden Noesi; Digibeta, 100 min, OV

In der American Independent Filmreihe im Babylon gewesen. Zunächst diesen Film gesehen: Lucky lebt von der Hand in den Mund. Sein Job: Kundschaft vom Broadway anlocken für einen kleinen, halblegalen Shop, in dessen Hinterzimmer Schwarzimporte verkauft werden. Plötzliche taucht aus heiterem Himmel eine ehemalige One Night Stand Bekanntschaft bei Lucky auf und überlässt ihm kurzerhand den angeblich gemeinsamen Sohn. Zunächst vollkommen überfordert, selber ja kaum für sich selber Verantwortung übernehmend, reift Lucky an der überraschenden Vaterschaft. Bis dahin ist es jedoch ein weiter, verfluchter Weg durch den Großstadtdschungels New Yorks. Durch Improvisation mit den Schauspielern entlang eines Drehbuchs entsteht "Realismus". Dazu Handkamera. An sich ist das als Stilmittel von unabhängigen Filmen verschiedenster Länder seit den 1960ern ja nichts Neues. Hier jedoch gelingt die Mischung einer Street-Authentizität mit einem packenden, tiefen Handlungskern sehr gut. Homepage: www.princeofbroadway.com/

Nights and Weekends

USA 2008; R: Greta Gerwig, Joe Swanberg; mit Greta Gerwig, Joe Swanberg; Digibeta, 90 min, OV

Am selben Abend gleich noch einen Film hinterher, der war dann aber nicht so gelungen. Ebenfalls um Authentizität bemüht verfolgt man in "Nights and Weekends" eine etwas schleppende Paarbeziehung.
Er lebt in Chicago, sie in New York. Anstatt die Freuden dieser Fernbeziehung genießen zu können, werden die gemeinsamen Wochenenden zu Erinnerungen über die Schwierigkeiten ihrer Beziehung. Episoden in der Zeit später, nach der Trennung, treffen sie sich irgendwann wieder und versuchen an der Illusion ihrer Beziehung anzuknüpfen, was natürlich erneut scheitert.
Der Film gehört einer Bewegung an von jungen Filmemachern und seit 2002 zahlreich entstandenen Ultra-Low-Budget-Filme, welche unter dem Begriff Mumblecore (to mumble = nuscheln, murmeln) zusammengefasst wurden. Von dieser Strömung hatte ich vorher noch nicht gehört, Kernanliegen dieser Filme ist wohl immer, die Gefühlslage von Twentysomethings einzufangen. Schönes Thema, was allerdings besser schon in den 1990ern in vielen Arthouse-Filmen Hollywoods gelungen war. Ich muss sagen, für mich sah das alles ziemlich unausgegoren aus und die Schauspielerin nervte. Das war alles so leicht übertriebenes Acting auf so einer anstrengenden Realness-Ebene, aber halt nicht echt, sondern Schauspielform. Joe Swanberg haut wohl als Regisseur in Abständen von wenigen Monaten viele solche Filme raus. Daher ist die Qualität des Einzelfilms eventuell auch eher in dem Zusammenhang einer Arbeitsserie zu sehen. Mal beobachten. Mumblecore, noch nie gehört. Wird ja aber auf der Berlinale auch was von zu sehen sein.

Exkurs
Am Samstag dann am Nachmittag hängen geblieben bei einer Sendung auf arte über Alexander Kluge. Da war sie wieder, die Sehnsucht nach Realität im Bewegtbild und die Abkehr von medialer Illusion. Beide Filme oben haben beide auch den Anspruch durch Reduktion der stilistischen Mittel eine Form von Realismus zu zeigen. Beide Filme jedoch, der eine besser, der andere schlechter, stecken aber um für mich wirklich außerordentlich interessant zu sein, formal zu sehr in der Gattung "American Independent" und bedienen sich an Stilen, die seit den 1960ern im unabhängigen Kino etabliert sind. Darüber hat nun Alexander Kluge auch gesprochen, als es um seine frühen Film ging. Improvisation im Schauspiel, die Abkehr von "Opas Kino" (was wohl nicht nur thematisch gemeint ist, sondern auch rein die Produktionsmittel angeht), die Loslösung von Zwängen, das Entfesselte-Filme machen. Man kennt die Sehnsucht nach filmischer Freiheit aus dem Oberhausener Manifest vom 28. Februar 1962.

Was nun aber interessant war, dass Kluge sich innerhalb seines sehr vielschichtigen Anspruchs auf medialen Realismus für dieses Video begeistern konnte. Denn dieses 15 Sekunden langes Zoobesucher-Video schafft eine Realität einzufangen, die universal funktioniert und nicht durch irgendeine Inszenierung die Realität herausfordert.



Der neue mediale Realismus findet nicht in der Wiederholung der immer gleichen Filmstile von ehemals revolutionären Filmströmungen statt. Sie findet nicht dort statt, wo das scheue Reh Realismus mit schauspielerischen und visuellen Experimenten auf eine Lichtung gelockt wird. Und für mich persönlich findet das alles momentan auch immer weniger im Kino statt.
 




:::: gesehen am 9.1.2009 im Yorck Kino, Berlin

Deutschland 2009 - Regie: Christian Petzold - mit: Benno Fürmann, Nina Hoss, Hilmi Sözer, u.a.



Eine Dreiecksgeschichte in der ostdeutschen Provinz zwischen einem deutschen Zeitsoldaten, einem türkischen Imbissbuden Besitzer und seiner Frau, die aus dem Schuldensumpf angeheiratet wurde. Der unehrenhaft entlassene Soldat Thomas hat alles Geld verloren, ist arbeitslos und will sich in der Provinz eine neue Heimat aufbauen. Ali, der Imbissunternehmer hat ein gutes Herz und wird von seinen Angestellten betrogen. Seine Frau war vormals wegen hoher Schulden im Gefängnis, hatte Gelegenheitsjobs und heiratete Ali wegen seines Geldes. Drei Figuren also, die emotional verlassen sind und nach Sicherheit in der Einsamkeit suchen. Durch einen Zufall wird Thomas als Fahrer von Ali angestellt, das Liebesdrama nimmt seinen Lauf.

Das Gerüst der Handlung entstammt James M. Cains mehrfach verfilmtem Kriminalroman "The Postman Always Rings Twice". Wenn man das weiss und eine der Verfilmungen kennt, wird weniger die Handlung um den Ehebetrug mit abschließendem Mordplan spannend, sondern wie es Petzold schafft, diese Geschichte innerhalb seiner filmischen Welt zu erzählen, die geprägt ist von Figuren in melodramatischer Schwerelosigkeit zwischen ortsloser Natur (im klassischen Hollywoodmelodram gern den erotischen Exzess symbolisierend) und gesellschaftlichen Zwängen. Als Film ist der Film gelungen aber auch als Remake-Literaturadaption sehr spannend zu betrachten. Wer nur der tragischen Kriminalgeschichte folgen will, ist gebannt. Wer große Filmbilder sehen will bekommt eine pointiert reduzierte Kamera. Und wer sich eher aus kulturtheoretischer Perspektive an Remakes erfreuen kann, hat eine wunderbare Spielwiese an filmischen Referenzen und deren Neuausrichtung im Realismus Ostdeutschlands. Kann ich durchaus empfehlen.

Bleibt nur noch ein kleiner Exkurs: Seit langem mal wieder mit normalem Publikum im Kino gewesen. Sonst sind es ja eher die Fachveranstaltungen oder irgendwelche besonderen Anlässe vor interessierten Filmleuten, wenn ich im Kino sitze. Heute aber ganz normales Freitagabend-20-Uhr Kino-Bildungsbürger-Publikum. Das war ein nicht ganz so angenehmes Kinoerlebnis, wie einem die inhaltlich wie ästhetisch schrecklichen Imagetrailer der FFA immer suggerieren wollen: unkluge Bemerkungen von der einen Seite, Lacher an falschen Stellen, Reden während des Films von der anderen Seite, generell eine gewisse satte, verbohrte, selbstgenügsame Gemütlichkeit die ich da beobachtete. Ich hatte das etwas verdrängt. Ein neuer, persönlicher Level der schleichenden Kino-Abneigung ist bei mir erreicht (gepaart mit der schleichenden Film-Abneigung, puh!). Andererseits liegt es natürlich an einem selbst, wenn man es sich irgendwo in einer kulturellen Nische des medialen Longtails gemütlich macht und den Blick für den unmittelbaren Durchschnitt um sich rum vergisst. Die Berlin-vs.-Restdeutschland-Blase nun auf Ebene der Peergruppen-Wahrnehmung. Nun gut. Zum Glück gibt es mobiles Internet. Aber über dieses Problem schreibe ich vielleicht mal anderswann.
 




::: gesehen am 28.11.08 auf der Eröffnung des Filmfestivals: Around the World in 14 Days

USA 2007 - Regie: Harmony Korine - mit: Diego Luna, Samantha Morton, Werner Herzog, Denis Lavant, u.a.



Harmony Korine komponiert mit erzählerischer Anarchie sein ganz persönliches Filmgedicht aufbauend auf Traumbildern. Im Mittelpunkt steht die Liebe eines Michael-Jackson-Imitators zu einer Marilyn-Monroe-Doppelgängerin im schottischen Hochmoor, umringt von Gleichgesinnten, die ihre Selbstfindung in der Verkörperung historischer Persönlichkeiten suchen. Eine christliche Mission im Dschungel von Panama, unnachahmlich demagogisch initiiert von Werner Herzog, konterkariert die bizarre Aussteigerkolonie. Eine Hymne an die Unschuld des menschlichen Idealismus.

Nach langer Zeit im Vakuum der Drogenmythen um das One-Hit-Wonder des amerikanischen Independent-Kinos ist Harmony Korines neuer Film angenehm unprätentiös in seiner Erzählart. Viel Visualität, Bilder und Tableaus, die sich im Imaginären verknüpfen und irgendwo im Phantasma einen Sinn machen, aber diesen Sinn nicht psychoanalytisch vor sich her tragen. Aber auch liebevoll verspielt und lässig, aber gleichzeitig voll persönlicher Tiefe. Die ungeschliffene Atmosphäre von LowBudget-Kunstkino, die ich lange nicht mehr gespürt hatte.
 




:::: letzten Samstag gesehen

USA 2008 - Regie: Ethan Coen, Joel Coen - mit: George Clooney, Frances McDormand, John Malkovich, Tilda Swinton, Brad Pitt, Richard Jenkins, David Rasche, J.K. Simmons, Olek Krupa, Michael Countryman, Kevin Sussman, J.R. Horne, Hamilton Clancy, Armand Schultz



Nach dem Mammut-Projekt "No Country for Old Men" ist dieser Film wieder ganz die alte Coen-Schule: eine skurrile Parabel, mit menschlichen Bösewichtern voller Selbstüberschätzung und egositischem Geltungsdrang. Immer wirrer werden die Umstände um eine Amatuererpressung, spiralförmig verstricken sich alle Protagonisten immer tiefer in einen Spionagethriller, sodass selbst der Geheimdienst nicht mehr durchblickt und versucht, das Schlamassel unter den Teppich zu kehren. So was macht mir ja Spaß. Vor allem, wenn es eher dieser zwischen-den-Zeilen-Humor ist. Die Liebste hat allerdings zuerst gelacht.
 





www.mirandapennell.com

Lasse gerade die letzte Woche Revue passieren, Erholung vom Festival, Aklimatisierung an den Alltag. Von allen Programmen auf dem 24. Kurzfilmfestival interfilm Berlin ist mir die Retrospektive Miranda Pennell (Offizielle Homepage / Retrospektive auf dem Festival) am liebsten gewesen. Ihre Filme haben überrascht und wieder eine Lust am bewussten Filme-Sehen geweckt, weil sie visuell herausfordern und sich nicht an Erwartungshaltungen messen mussten. Das mag ich am experimentellen Kino, man muss sich drauf einlassen wollen.

Miranda Pennell macht choreographische Filme. Keine "Tanzfilme" an sich, aber Filme, die durch Choreographie der visuellen Ebene eine weitere Perspektive hinzufügen, den Film um ein eher filmfremdes Element formal stilisieren und damit bereichern. Man könnte von choreographierten Dokumentarfilmen reden, von Bewegungs-Porträts oder von narrativ-experimenteller Körpervisualisierung, um zu versuchen, sich der Sache zu nähern. Angenehm zwischen den Stühlen, das alles. Und auch eine angenehme, ihre Arbeit reflektierende Filmemacherin, schien es mir. Auf YouTube findet sich ein Ausschnitt einer ihrer Filme - Miranda Pennell: You Made Me Love You (2004) - Einundzwanzig Tänzer spielen Katz und Maus mit einer unberechenbaren Kamera.
 




USA 2008 - Regie: Andrew Stanton



Ja, süß. Handlung recht vorhersehbar. Fehler: nicht auf großer Leinwand gesehen. Zwei Dinge, die mir durch den Film mir gedanklich aufhebenswert erscheinen:

1. menschliche Darstellung in Computeranimationen: Ich finde es interessant, welche visuellen Lösungen gefunden werden, um Menschen in CGI-Filmen darzustellen. Die vormalige Gangart des Fotorealsimus in der Darstellung von Menschen wird nicht mehr verfolgt. Ich kann mich irren, aber seit "Final Fantasy" oder dem ver-cgi-ten Tom Hanks in "Polarexpress" wird nicht mehr versucht, ein perfektes, realitätstreues Abbild von Menschen am Computer zu entwickeln. Stattdessen wird der Mensch karrikiert, während Landschaft, Umwelt, Gegenstände und evtl. Pflanzen weiterhin Thema des Computerrealismus bleiben. Ist jetzt hier bei "Wall-E" nicht ganz zutreffend, weil alles in einer Zeichentickwelt angesiedelt ist. Trotzem aufgefallen.

2. distopische Zukunftsentwürfe: Find ich ja immer toll im SciFi und die zukünftige Welt, die in "Wall-E" beschworen wird hat trotz sweetness des Hauptdarstellers doch einen herrlich grausigen Beigeschmack. Dickliche, menschliche Maden, die nur noch auf Bildschirme starren und Instant-Nahrung aus Bechern schlürfen - bisschen wie auf der Games Convention.
 




:::: heute nachmittag gesehen

USA 2008 - Regie: Michel Gondry - mit: Jack Black, Mos Def, Danny Glover, Mia Farrow, u.a.



Von Michel Gondry erwartet man visuelle Verspieltheit, doch leider geht in seinem neuen Film - mit dem lahmen deutschen Titel "Abgedreht" - die sympathische Bastel-Kino-Attitüde auf Kosten von Tiefe und emotionalem Kern der Narration. Bin etwas enttäuscht nach dem Film im Vergleich zu seinen vorherigen Filmen "Vergiss mein Nicht" und "Science of Sleep".

Kurz der Inhalt, woanders herkopiert: Durch einen Unfall löscht der vertrottelte Jerry versehentlich alle Kassetten in der Videothek seines Freundes Mike. Doch die beiden haben eine zündende Idee: für eine Kundin, die unbedingt Ghostbusters sehen möchte, drehen sie den Film kurzerhand einfach selbst nach! Wider Erwarten steigt die Nachfrage nach den Bändern und nun müssen neue Filme produziert werden. Zusammen mit den Bewohnern des Viertels drehen die beiden ihre eigenen Versionen von zahlreichen Filmklassikern nach. Über Nacht werden sie zu den Stars der Nachbarschaft und hauchen nicht nur der alten Videothek neues Leben ein.

Diese selbstgedrehten Filme sind dann auch das einzige Highlight der Geschichte. Jedoch bleiben diese überdrehten Parodien alleine doch recht fade. Der Rahmenhandlung fehlt an Tiefe und die Story insgesamt verläuft recht zäh und innerhalb unlustiger Dialoge ab. Nun, auch die Überdrehtheit von Jack Black muss man mögen. Das, was mich an "Be Kind Rewind" interessiert hätte - der filmische Umgang mit dem Thema Remakes - wurde schnell uninteressant. Statt dessen aber interessant: Der Film romantisiert eine Ideologie der Sebstermächtigung, die ja dem sharing-Geist und dem user-generated-Content im Internet gleich kommt, sowie der Remix-Kultur heutiger Zeit. Super Thema für einen Kinofilm, aber bleibt trotzdem ohne weiteren Erkenntnisgewinn (außer vielleicht, dass user-generated Kram zwar toll Hype ist, weil selbstgemacht, aber an Qualität leidet, was ja aber nichts Neues...).
 








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