WeihnachtsmarktWas an Weihnachtsmärkten stört, ist das mässig leckere Essen zu überhöhten Preisen, diese Feuerschlucker-Gaukler im Barockkostüm, denen im Görlitzer Park schon lange niemand mehr Beachtung schenkt und dieses böse Alkoholgepansche (auch zu überhöhten Preisen). Und auch: selbstverliebte Offsetdrucker, die man nicht einfach so wegklicken kann.
 




:::: gesehen am 20.12.04 auf Video

(Die Flucht ins Ungewisse) - USA 1988 - Regie: Sidney Lumet - mit: Christine Lahti, River Phoenix, Judd Hirsch, Jonas Abry, Martha Plimpton, u.a.

In "Running on Empty" erzählt Sidney Lumet ein bewegendes Familiendrama um in eigener und fremder Schuld gefangene Menschen. Die Eltern zweier Söhne haben 1971 einen Bombenanschlag auf ein Militärlabor verübt und sind seitdem auf der Flucht vor dem FBI. Aus den Revoluzzern sind inzwischen liebevoll sorgende Eltern geworden (gespielt von Christine Lahti und Judd Hirsch), deren sehnlichster Wunsch es ist, eine funktionierende Mittelschichtsfamilie zu sein. Doch die Vergangenheit beeinflusst immer noch das Familienleben. Immer wieder muss die Familie ihre Identität wechseln und sich an einem neuen Ort eingliedern. Sidney Lumet inszeniert diese Geschichte nicht als spektakuläres Fluchtszenario oder als rasanten Roadmovie, sondern als ruhiges Drama und rückt die Menschen, ihre Verantwortung, ihre Gedanken und Gefühle in den Mittelpunkt. River Phoenix spielt den ältesten Sohn, der als musikalisch talentierter Teenager im dramatischen Konflikt zwischen erster Teenagerliebe, der eigenen Selbstverwirklichung und seiner Verantwortung gegenüber der Familie steht. Für seinen Traum, an einem Musikcollege zu studieren, muss er seine wahre Identität preisgeben und gefährdet somit die Tarnung seiner Familie. Das Leben hat keine einfachen Antworten und das erzählt der Film nicht nur thesenhaft, sondern er lässt es einen mit einem intelligenten Happy-Sad-Ending erleben. Wenn an Ende des Films die Eltern ihren Sohn aus tiefster Liebe ziehen lassen, ihm die Freiheit für sein eigenes Leben geben, verspürt man gleichzeitig Hoffnung und Schmerz. Manchmal, wenn ich im Kino sentimental werde, schäme ich mich gleichzeitig dafür, auf zu offensichtliche Inszenierungsstrategien hereinzufallen. Nicht so in diesem Film, weil er einen zu Tränen rührt, ohne auf standardisierten und manipulierenden Gefühlsphatos zu setzen.


 




:::: gesehen am 16.12.04 auf Video

Deutschland 2003 - ein Film von Lutz Dammbeck - Kinostart: 13.1.05

Das kann schon mal Grund einer Schreibblockade sein: Diese Roadmovie-Dokumentation mit assoziativem Ansatz auf der Spur von Techno-Utopie, Technophobie und eine Interview-Reise zu den Fundamenten unserer heutigen Vernetzung. Steckt viel drin, sehr interesanter Film, dessen Faszination und Verunsicherung ich für mich bis jetzt noch nicht auf den Punkt hab bringen können. Die Jury des EMAF Award 2004 begründete ihre Preisvergabe so: [...] eine intellektuelle Achterbahnfahrt durch Kunst, Technologie, Philosophie, Politik, Psychologie, Soziologie, die uns stark beeindruckt und zugleich verunsichert hat. Sie ist gegen eine eindimensionale Lesart resistent, weil sie - obwohl im linearen Medium des Films umgesetzt - eine nicht - lineare Rezeption auslöst. Der Film ist ein enormer Katalysator für interdisziplinäre Assoziationen [...]


Synopsis von der klickenswerten Homepage des Projekts:
1930 erschüttert der Wiener Mathematiker Kurt Gödel mit seinen Unvollständigkeitssätzen die Grundlagen der Mathematik.
1968 arbeitet der Physiker und Ingenieur Heinz von Foerster in seinem
Biological Lab an der Universität von Illinois an der Verschmelzung von digitalen und biologischen Systemen.
1995 verhaftet das FBI in der Wildnis Montanas den ehemaligen Mathematik- professor Theodore J. Kaczynski als den ?Unabomber“.
Was verbindet diese Personen, Orte und Ideen zu einem Netz?
Die Suche nach einer Antwort führt zurück in die 40er bis 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wo sich in Wissenschaft, Kunst und Technologie
die Horizonte nach allen Seiten zu öffnen scheinen.
Mit Kybernetik, Multimediakunst und militärischer Forschung werden die Fundamente der Moderne neu gesetzt.
Das wird die Basis für heute weltweit vernetzte Maschinensysteme,
die von Mathematik, Logik und binären Codes bestimmt werden.
?Das Netz“ zeigt Konstrukteure, Maschinisten und Agenten dieser Systeme. Einer steigt aus, und versucht die Maschinen zu stoppen.
Aber um welchen Preis.


 




:::: gesehen am 15.12.04 auf DVD

USA/Spanien 2003 - Regie: Oliver Stone - Kinostart: 13.1.05

Oliver Stone besucht Fidel Castro auf Kuba und in einem dreitägigen Interview-Marathon reden sie über Gott und die Welt. Auch wenn in dem Gespräch nicht viel Sensationelles zu erfahren ist, eines ist sicher: Oliver Stone hat in Castro einen Kumpel gefunden. Die Chemie zwischen altgedientem Politiker und altgedientem Regisseur scheint für beide aufzugehen, irgendwann landen sie sogar beim Alt-Herren Viagra-Witz und man fragt sich, warum die beiden nicht einfach beim Golfspielen gefilmt wurden. Diese Symphatie zwischen den beiden zu beobachten macht Spass, genau wie das Frage-und-Antwort-Spiel. Stilistisch ein schneller Sturm an Bildern. Das ist man von Stone gewöhnt, der gerne Archivmaterial zerlegt und Dokumentarisches fiktionalisiert statt zu analysieren. Die Verwendung historischen Bildmaterials dient ausschließlich der Illustration. Hinzu kommt dramatisierende Musikuntermalung und kaum ein Kuba-Klischee wird ausgelassen. "Comandante" ist mehr Legendenbildung als politische Reflexion und will, wie Oliver Stone selbst versicherte, nicht mehr als ein intimes Porträt einer historischen Legende sein. Der US-Sender HBO, der Stone mit diesem Projekt beauftragte, lehnte es ab, den Film zu senden. Begründung: mangelnde Distanz. Spätestens wenn Stone anfängt zu referieren über die Repräsentationen der USA in aktuellen Hollywoodfilmen als starke Macht im Kampf gegen den Terror, beschleicht einen das Gefühl, dieses Porträt sei das Produkt eines Schuldgefühls nach dem 11. September, einer Schuld Amerikas am Elend der Welt, dem der Vietnam-Veteran Stone oftmals öffentlichen Ausdruck gab.


 








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