Dieses Foto wurde mit einem Handy auf flickr.com hochgeladen, wie man das schon seit vielen Jahren mit jedem Handy kann, dass eine Kamera hat und MMS und/oder E-Mails versenden kann. Und eigentlich wollt ich zu der ganzen Sache schweigen, aber ... Der heutige Sturm im Wasserglas war davon geprägt, dass eine Bloggerin, die auf dem Namen Frau Schnutinger hört, sich entschlossen hat, nicht mehr im sogenannten Web 2.0 aktiv zu sein. Vorangegangen war der Start einer großen Werbekampagne eines großen Mobilfunkproviders, in der leider etwas glücklos versucht wird, jene Sorte von Menschen zu umarmen, die ins Internet reinschreiben, Fotos und Videos von ihren Erlebnissen hochladen und sich auch mobil auf dem Handy nicht von ihrer bevorzugten Kommunikationstechnik, dem Internet, trennen können und wollen. Also, so Leute, wie Sie und ich es sind und wie es Frau Schnutinger vielleicht war. Diese umfangreiche Kampagne schließt neben TV-Spots, Plakaten und dem normalen Anzeigenzeugs auch "Social Media Marketing" mit ein. Werbung also. Schön und gut. Braucht der Medienmensch im heutigen System, wie die Luft zum Leben. Frau Schnutinger ist Teil davon, weil sie offenbar ein bestimmtes Bloggerinnen-Stereotyp bedient. Im TV-Spot ist sie ganz kurz als Mutter mit einem Baby zu sehen, die auf einem begrüntem Dach einer Großstadt irgendwas am Computer macht. Und gestern hat Frau Schnutinger unter ihrem Realnamen im Blog des Mobilfunkanbieters einen etwas unglücklichen PR-Beitrag über sich, wie sie das Internet nutzt und ihr neues Handy veröffentlichen lassen. Unglücklich ist der Text für mich, weil er sich anbiedert. Er biedert sich an an die vermeintlichen LeserInnen, an den Werbetreibenden und auch an das Testhandy selber. Ich möchte diesen Artikel eigentlich nicht direkt verlinken, denn der ganze Salat wird ja eh schon viel zu wichtig genommen. Das Ganze ist gewohnt emotional beim Felix Schwenzel losgetreten und er steigt auch gleich mit dem betreffenden Textausschnitt ein - und ein ganz klein wenig Textkritik darf erlaubt sein. In dem PR-Beitrag wird beschrieben, wie wirklich, wirklich praktisch wenig Knöpfe das Testhandy hat, dass man damit Fotos auf die Foto-Sharing-Plattform flickr.com hochladen kann und dass zusammen mit dem Testhandy offenbar eine SIM-Karte mitgeliefert wurde, weshalb sich die Bloggerin keine Sorgen mehr über Online-Kosten machen müsse. Toll, wenn das einzige technische Herausstellungsmerkmal für das schicke Handy etwas ist, was heute wirklich beinahe jedes Handy kann. Das soll sicherlich ironisch gemeint sein, kommt aber in diesem Kontext auf dem Weblog eines Mobilfunkbetreibers nur ziemlich blöde als gebloggter Blondinenwitz rüber. Von dem ganzen Genderkram, den sowas theoretisch lostritt ganz zu schweigen, Frau Schnutinger hat wohl offenbar den Umfang und die Wirkung auf die eigene Persönlichkeitsphäre einer solchen Kampagne nicht so recht erfasst. Und dass, obwohl sie durch ihr eigenes Weblog doch durchaus etwas Übung mit Selbstdarstellung und vordergründigem Humor im Internet hat. Dass es auch anders geht, mit einem derartigen Marketing-Angebot umzugehen, ohne die Selbstachtung zu verlieren, zeigt Kosmar, er ist ebenfalls in die Kampagne als Sekundengesicht im TV-Spot und als Testhandytester involviert. Womit ich zum eigentlichen Punkt komme, der mich interessiert. Denn die ganze Welle ist ja in Wirklichkeit gar nicht so groß, is ja nur Internetz. Malte Welding gibt den Versuch einer emotions-psychologischen Analyse des Rücktritts von Schnutinger und genau darüber habe ich heute im Büro und auf dem Spielplatz auch die ganze Zeit nachdenken müssen. Mich wundert nicht die Schieflage der Kampagne, sondern mich interessiert, wie unterschiedliche Protagonisten der Kampagne damit umgehen. Und dass jetzt jemand wie Frau Schnutinger offenbar so überwältigt von der Medienwirkung "Werbung" ist, dass sie ihre Onlineaktivitäten einstellt, bzw. zurückschraubt, bestärkt mich, mich weiter mit einem Thema zu befassen, das mir in den letzten Monate immer klarer erscheint. Im Mittelpunkt meiner Gedanken steht dabei sowohl die "Interaktion" zwischen Medienfiguren und Mediennutzern als auch die "Beziehungen", die das Publikum zu den Protagonisten der Medien unterhält. Man kennt es aus dem Fernsehen: Wenn etwa ein TV-Showmaster seine Zuschauer begrüßt, wenn Seifenopern-Rezipienten ihre Lieblingsprotagonisten anhimmeln, wenn NachrichtensprecherInnen zum fast ständigen Begleiter des Publikums werden, baut sich ein gewisses Beziehungsverhältnis auf. Innerhalb der Kommunikations- und Medienwissenschaft spricht man hierbei von "parasozialen Interaktionen", bzw. von "parasozialen Beziehungen". Theoretisch geht das zurück bis zum frühen Radio. Mich würde interessieren, das Ganze auf das soziale Internet auszuweiten. Denn anders als bei Radio und TV werden wir durch das Ins-Internet-Uploaden alle im kleinen oder wie im Fall Frau Schnutinger im größeren Maßstab zu Medien-Personæ. Also zu medial-vermittelten Figuren, die unter Umständen nicht mehr unserem eigenen Bild von uns entsprechen. Und da fangen die Probleme an: Wie fühlt es sich denn eigentlich an, wenn wir alle vom Gegenüber ein medial-vermitteltes Bild haben. Wie gehe ich damit um, wenn ich an der Imbissbude plötzlich von wildfremden Leuten, die ich zwar aus dem Internet kenne, angesprochen werde, weil die mich aus dem Internet kennen. Spannende Sache also! Daher mein Aufruf: Wenn jemand dafür eine/n interessierten DoktorvaterMutter in der Nähe von Berlin kennt mit weit offenem Stipendientopf - her damit! Es muss auch kein Doktortitel dabei rausspringen, ein ordentlicher Buchvertrag wäre auch schon okay. Ich hab auch bereits einen catchy Titel: "Web 2.0 als Beziehungskiste". Also: wenn wer einen Tipp hat, schicke ich gern mein drei-seitiges Treatment. Schließen möchte ich mit einem (unbezahltem) Literaturhinweis aus dem E-Mail-Newsletter eines mir bekannten Kleinverlegers. Ich finde, als Kommentar zu der ganzen Social Marketing Aufregung, den die VF-Kampagne da evoziert hat, ist das ganz passend, vielleicht interessiert Sie das ja auch: Dank der Verhaltensbiologie, Informatik und Biotechnologie hat sich die moderne Rinderhaltung vollkommen automatisiert. Das Zauberwort der schönen neuen Kuhstallwelt, deren Schöpfer stets behaupten, die Tiere könnten sich frei bewegen und würden artgerecht gehalten, lautet: Herdenmanagement. Wie in modernen Kuhställen öffnen sich heute Türen nur nach einer elektronischen Identifikation. Der Bankomat funktioniert wie ein moderner Kraftfutterausgabeautomat. Die automatisierte Tieridentifikation, Voraussetzung für jedes effiziente Herdenmanagement, findet sich in Krankenhäusern, Altenheimen, Gefängnissen, an Universitäten oder in der Verwaltung. Ohne die Erfahrungen der Rinderhaltung wäre die heutige Reproduktionsmedizin nicht zu denken. Die moderne Rinderhaltung ist Experimentierraum wie Modell künftiger Herrschaft und Kontrolle. Nicht anders als Kühe liefern wir an zahllosen Schnittstellen die für unsere Bewirtschaftung nötigen Daten. Nicht anders als Kühe werden wir zu ständiger Bewegung gezwungen und verwechseln Freiheit mit dem Zwang, zwischen vorgegebenen Angeboten wählen zu müssen. Wie das Rind konsumieren wir unsere Unterwerfung. Die Verkuhung der Welt ist nicht aufzuhalten. (Klappentext: Bernhard Kathan: "Schöne neue Kuhstallwelt - Herrschaft, Kontrolle und Rinderhaltung")
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