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Ich war vorhin im Theater und fand das Stück gar nicht mal so uninteressant. Das fanden Andere nicht. Nun gut, es war Premiere und in der Technik lief ein wenig schief. Und wenn dann die Schauspieler sich in ihrer Sache auch noch nicht so ganz sicher sind, dann wabbelt so eine Inszenierung schnell mal. Trotzdem, war gut! Es gab im HAU die Uraufführung einer Collage zum Thema Automobil mit dem Titel AUTO - unter der Regie von Gesine Danckwart. Bei Collagen zu komplexen Themenkomplexen darf man von vorne herein nicht zu viel Zuschauerführung durch Narration oder Dramaturgie erwarten. Meist ist diese Form des Theaters stark assoziativ gehalten mit sehr vielen Eindrücken, die wie Puzzleteile in der Schwerelosigkeit schweben. So auch hier. Viele gute Einzelteile, die sich aber erst durch den wahrnehmenden, sich auf die Inszenierung einlassenden Zuschauer zu einem Ganzen zusammensetzen. Beginnend mit der szenischen Einführung über die zitierfähige Kulturgeschichte des Autos wird schließlich die gesamte Produktionsstätte des Theatergebäudes für das Publikum durch inszenierte Führungen eröffnet, wodurch Parallelen zwischen Theater- und Automobilindustrie (Stichwort Autostadt in Wolfsburg) gezogen werden. Es wurden an dem Abend drei lebensgroße Autos auf der Bühne hergestellt, von deren Schicksal (vom Jubelobjekt, zum Unfall, zum Schrott) dann abschließend auch noch erzählt wurde. Gelungen, wie ich finde, wenn auch nicht bis ins Letzte auf Glanz geschliffen. Wenn dann aber der Herr Redakteur zur Premierenfeier am Tresen von seinem wunderschönen Oldtimer erzählt und nicht verstanden hat, dass es genau darum ging, diesen blöden Nutzgegenstand Auto einmal nicht zu heorisieren, dann war der Abend wohl nicht laut genug. Die Auto-Lobby ist schuld mit ihren Millionen. Das Stück AUTO ist noch bis zum 12. Jan. 2009 jeweils um 19.30 UHR im HAU 1 zu sehen.

Der Liebsten ihr Auto ist eines der wenigen in unserer Straße, das seit dem Schnee ungenutzt.
Auf dem Heimweg habe ich dann entdeckt, dass die Liebste ihr Auto als beinahe Einzigste in unserer Straße seit dem Schneefall nicht genutzt hat.
 




Ich lass mich mal treiben, textuell. Noch keine genaue Ahnung, wo die Aufregung nun her kommt, warum mich das beschäftigt und wo das Schreiben hier jetzt hinführen wird. Aber gestern fühlte ich mich (mal wieder) etwas gestört an den Weltverbesserungsidealen, die manche Blogautoren lautstark mit ihren Artikeln vor sich her tragen. Besonders gestört hat mich dabei die kurze Lektüre einiger deutscher Profiblogger in meinem Reader, die sich nicht selten internet-populäre Themen raussuchen - natürlich immer in guter Absicht - und diese mit ähnlichen populistischen Mitteln kundtun und rhetorisch "aufjazzen", wie jene ollen Medien (Bild, das Fernsehen, etc.) oder vergreisten Politiker, deren ideologische Haltungen und Handlungen sie eigentlich kritisieren. Klar, die alte Frage Zahn um Zahn, Gleiches mit Gleichem ... kenn wir ja, muss man nicht lange diskutieren. Was man aber diskutieren könnte ist, ob es eventuell eine viel tiefere Sache ist, die uns da umtreibt, wenn wir Blogger kritisieren, was wir so andauernd kritisieren.

Von allen Müttern und Vätern in der Welt, sind meine Mutter und mein Vater die, welche mich am geilsten so richtig nerven können. Dieses "Woher-ich-komme" lässt einen nicht los. Uns alle nicht, und wir wehren uns dagegen. Mit aller Kraft. Und so gern ich all eure Fotos im Netz mir anschaue von euren familiären Weihnachtsbäume in bildungsbürgerlichen Hütten, aus denen wir alle mehr oder weniger zu entstammen scheinen, umso deutlicher macht diese veröffentlichte Privatsphäre das, was man eigentlich nicht gerne unbeauftragt deuteln lassen möchte: Jenes, gegen das man sich tiefenpsychologisch implizit auflehnt, wenn man bloggt.

(EDIT: Missverständlich ausgedrückt. Man lehnt sich nicht gegen die Privatsphäre auf. Ich meine, die veröffentlichte Privatsphäre eines Bloggers bildet ein zusätzliches Indiz dafür, gegen was jener sich implizit eigentlich aufregt, wenn er einen sozial-, politik- oder sonstwie-kritischen Beitrag schreibt. Ein Beispiel: Fotos eines Bloggers, wohnhaft seit zwei Jahr in Friedrichshain, von Weihnachten in dicker Hütte irgendwo im südlichen Deutschland bei den Eltern mit Rotwein vorm Karmin. Warum macht der Blogger überhaupt dieses Foto und stellt es irgendwo online, wenn er doch sonst versucht in seinen gesellschaftskritischen Blogpostings sich gerade von diesem bildungsbürgerlichen Lifestyle und Weltanschauungen abzuwenden? Weil wir doppelt gebunden sind. Weil so das Leben ist. Das was wir lieben, hassen wir manchmal gleichzeitig. Daher sind Blogs so toll, wenn sie es schaffen, neben aller Ernsthaftigkeit auch Privatheit gelten zu lassen. Blogs die das bewusst vermeiden, finde ich persönlich uninterssant, und machen sich was vor in ihrer strebsamen Weltaufklärungs-Rhetorik.)

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf lesen sich Blogs gleich ganz anders. Egal ob privates Rumgeeiere oder vermeintlich Gesellschaftskritisches. Warum regt der sich da gerade über 15 Minuten Verspätung bei der Bahn auf, weil er selber immer zu früh kommt? Weil jener ein Lobby-Blogger-Streber ist, muss er Politiker dissen, die meist eben solche Streber sind und mit genau den Mitteln, wie sie Politiker und Lobbyisten nutzen um sich anzufeinden? Warum kritisiert gerade Hinz den Kundenservice von Hunz, wenn Hinz doch seinen Kunden gerade auch nicht im Fahrwasser schwimmt? Wenn ich eine schlechte Filmkritik schreibe, bin ich meistens genervt über mich, darüber, dass ich in der Zeit nichts Besseres angestellt habe (etwa einen vernünftigen Film gedreht habe, vielleicht (okay!!)). Oder sonst was, jedenfalls nichts Besseres. Das ist aber nicht die Schuld des Films, oder des Filmemachers, aber: auch nicht meine, denn ich schreibe keine Filmkritiken mehr. Höchstens persönliche Blogeinträge. Aber eine schlechte Filmblog-Kritik zu schreiben ist ebenso unbefriedigend und hilft bei all dem leider gar nicht weiter. Oder zumindest lehrt einen diese Erfahrung des unbefriedigenden Textes nicht, wieder einen Film zu sehen, wieder mit der unsagbaren Hoffnung, endlich etwas Gehaltvolles zu sehen, dass einem erspart, jemals wieder ins Kino zu müssen und - aber ich schweife aus. Das Wort "Filmkritik" kann in diesem Zusammenhang jedoch gerne durch "kritisches Blogposting" über was auch immer ersetzt werden. Deutungshoheit liegt beim Leser.

Weblogs als offene Briefe an Who the Fuck sollte eigentlich mein Thema für heute werden. Denn ich hab mich gestern hauptsächlich über obiges Zeug Gedanken gemacht und dann heute Vormittag kurz mal bei einem Kumpel vorbei gelesen und fand ganz frisch einen Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, über den ich mir heute beim Busfahren einige Gedanken gemacht habe. Da war sie wieder! Diese idealistische Haltung, man könne vielleicht durch Meinung haben in einem Blog doch etwas an dem Gesamtkack ändern. Abgesehen davon, dass ich den Autoren kenne, ich eine ziemlich okaye Meinung von ihm habe und er sowieso meistens Recht hat, macht er eines richtig: Er adressiert nicht an Who the Fuck (wie viele Blogger), sondern hat den Brief an einen anderen Kumpel von mir geschickt: den Wowi. Weiss jetzt nicht, ob mit Post. Aber Wowi wird schon Google Alerts für seinen Namen aktiviert haben, obwohl ... ?

Schwupps wären wir wieder beim eigentlichen Problem, glaube ich. Denn wie sicher können wir eigentlich sein, dass das, was wir so bloggen, auch seinen eigentlich adressierten Adressaten findet und nicht nur im eigenen Saft der Blogleser schmort. Okay, es gibt technische Tools und Agenturen, die das für so richtig fette Firmen scannen. Aber nur mal ich jetzt zum Beispiel mit diesem Posting: Den Bahn-Aufreger muss ich nicht verlinken, den kennen wir alle in uns selbst. Genau wie den Hinz, der gegenüber seinen Kunden den Hunz macht. Und den Netzpolitikblogger kennne wir auch alle. Ich will mich mit dem auch nicht anlegen, find nur die Art wie er bei 3sat über Mac-User herzieht, nur weil er sich proprietäre Computerlösungen nicht leisten möchte, ziemlich unpassend. Klar, die Politik der Plattformen. Revolution hat aber auch immer etwas mit Lifestyle zu tun. Und ist halt Mist, wenn die IT-Avantgarde der CCC-Kongress Besucher hauptsächlich Mac-User sind und olle Linux nicht nur politisch "PC" ist.

Eigentlich wollte ich schreiben, wie ich das finde, was Achim findet in seinem Posting an den Bürgermeister, wo er recht hat und wo nicht mit der Stadtpolitik und dem Stadtmarketing. Und dass sich Berlin für mich und vorher schon immer so verhalten hat, wie was er kritisiert, und er trotzdem Recht hat, weil die Politik der Stadt immer nur Politik macht, aber die Stadt mehr ist als ihre Politik und sich immer Lücken finden und Clubs, Szenen und Cultures, die die Lücken suchen. Achim, wann treffen wir uns endlich mal wieder für lecker Bier und Stammtisch?

Was machen wir überhaupt? Wem zum Fuck schreiben wir da eigentlich immer? Alle Fragen offen, ich leicht soffen.
 








TRISTESSE DELUXE

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