Die Jury für den Deutschen Wettbewerb ist sich nicht über einen gemeinsamen Preisträger einig geworden. Stattdessen ist das Preisgeld auf drei Filme verteilt worden. Warum und weshalb - darüber wollten die Jurymitglieder eigentlich ein 2. Oberhausener Manifest verfassen. Herausgekommen ist ein schwammiger 7-Zeiler:
In der Auswahl von Filmen, innerhalb derer sich eine Jury bewegen soll, ist vieles unbewusst bewusst ausgeschlossen. Wenn sich eine/r gegen Ausschluss wehrt oder auch nur dazu äußert, ist es sehr leicht, das Geäußerte auf sie/ihn als persönliches Problem zurückzuwerfen. Das ist eine Lüge, hinter der ein sehr rigides politisches Programm steht.
Wir haben vier Filme ausgewählt, die eine eskalierte gesellschaftliche Wirklichkeit unterschiedlich zeigen.
Da muss ja was los gewesen sein. Mit der Entscheidung haben sie aber einen Film getroffen, den ich auch sehr bemerkenswert fand.
Vali Asr - Juli 2006
Norman Richter
Deutschland/Iran 2007, 14 min, 35 mm, Farbe
Mammal
Astrid Rieger
Deutschland 2006, 7,30min, Beta SP/PAL, Farbe
Three Notes
Jeannette Gaussi
Deutschland 2006, 4 min, DV/PAL, Farbe
Astrid Riegers Film fand ich super: verstöhrend, ironisch und diskursiv. Kann man da auch auf ihrer Homepage ansehen, einfach durchklicken. "Mammal" heißt Säugetier und zum Säugetier gehören immer zwei - das Säugende und die Säugende. Der Film kreist assoziativ um Diskurse von Mutterschaft, Abhängigkeit, Beziehung und Abnabelung - und bleibt dabei in einer angenehm irritierenden Schwebe. Trotz Theater- und Tanzchoreographie sehr sehenswert. (EDIT: meine Kollegin schaut sich den gerade an und findet den nur abartig... so kann's kommen.)
Erstmal zum Musikvideopreis. Alle Clips des MuVi Awards for the Best German Music Video kann man hier sehen. Den Hauptpreis gewonnen hat die Schnittübung von Oliver Pietsch Domin, libra nos (The Space Lady). Begründung der Jury: Wir haben uns für das Video "Domin, libra nos" von Oliver Pietsch entschieden, weil es konzeptionell rein ist und eine außerordentliche Wirkung entfaltet. Es zeigt, dass das Musikvideo eine erwachsene Kunstform ist. Sie kann kantig und brutal sein, nicht bloß unterhaltsamer Spaß. Hier können sich Mainstream-Popkultur und künstlerische Avantgarde treffen. Das nervt ziemlich! Das Video ist lediglich eine (wenn auch gute) Montageübung von Filmszenen, in denen Leute sich eine Knarre an den Kopf halten und schließlich abdrücken. Das mag ganz cool aussehen, wenn man sich nicht auskennt. Ist aber eigentlich langweilig und die Idee ist alt. Erstens hatte Oliver Pietsch das selbe Konzept schon vorher in seinem "Cat Power"-Video Maybe Not verfolgt, nur dass da die Sterbenden von Häusern fallen (und durch die Fallszenen wenigstens noch eine ästhetischer Reiz befriedigt wird und die Bilder in interessanter Korrespondenz zum Songtext stehen). Jetzt aber mit der selben Idee, schlechter umgesetzt, wirkt das alles nur wie ein blöder Montageversuch, wie sie zu Hauf in Medien- und Filmstudiengängen enstehen. Zweitens ist dieses Zitieren von Filmschnipseln in der Medienkunst nun wirklich ein alter Hut. Und Matthias Müllers Arbeiten, die einen ähnlichen Ansatz haben, sind dabei noch Vielschichtiger in den Diskursen.
Ich finde, es ist keine große Kunst in die nächste Videothek zu gehen und Filmschnipsel passend zum Takt einer Mukke zusammenzuklatschen. Und wenn schon mit "Found Footage" rumhantieren, dann doch bitte zeitgemäß, wie oben das Muiskvideo der Band Monta. Ist auch nur eine Schnittübung, aber mit gefundenem Videomaterial auf YouTube, womit eben auch heutige Ästhetik und Nutzung von Videos thematisiert wird.
Andere Musikvideos auf diesjährigen Kurzfilmtagen Oberhausen, die aus meiner Sicht erwähnenswert wären sind folgende:
Everyone - Everywhere / Produktion: Landjugend
Dieser Videoclip-Sampler clasht ein hartes, visuelles Portfolio für das Label Cock Rock Disco zusammen. Regie: M. Sulzer & M. Feder von the-landjugend.com.
OK Go - Here It Goes Again
Das Video von Ok go ist cool, weil die selbst das ohne Wissen der Plattenfirma bei YouTube reingestellt haben. Und weil's auch herrlich choreographiert ist.
Chattechnisch wie Charttechnisch ist twitter so am explodieren, dass das ja gar nicht anders kann, als bald wieder im Web 2.0-Nirvana zu enden. Keine Ahnung, hab ich so im Gefühl.