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:: gesehen am 12.2.2007 in der Urania

Deutschland, Frankreich, Belgien, Großbritannien, Italien, 2006, 117 min - Regie: Bille August - Darsteller: Joseph Fiennes, Diane Kruger, Dennis Haysbert



Der Berlinale-Montag hat sich für mich etwas zerschossen. Zuerst im Büro das Nötigste für die Woche eingeleitet und am Nachmittag im Zweitjob im Kino schnell die Kurve gekriegt stand ich schließlich um 20h am Potsdamer Platz und musste feststellen, dass ich wohl meine Wohnungsschlüssel im Büro vergessen hatte. „Das ja mal nicht so gut, wenn die Liebste gerade nicht in Berlin ist,“ dachte ich. Da nun aber die Kollegen mit Büroschlüssel alle im Kino schienen/ihre Telefone aus hatten. Und nur der eine ran ging, der von Sonntag auf Montag wohl etwas zu gut gefeiert hatte und deswegen mal „früh ins Bett wolle“, hieß es also erstmal seinen Büroschlüssel aus Prenzl’berg holen, um ins Büro zu kommen, um Appartementschlüssel zu finden, und wo ich dann schon vier mal im Regen durch die Stadt geradelt bin, dachte ich, kann ich ja auch gleich besser erstmal zu Hause den Kater füttern und dann sehen, ob es vielleicht doch noch einen Film in der Ganz-Spätvorstellung gibt, der wenigstens halbwegs interessant schien.

Gab es, den hier über Südafrika und Apartheit: Über den Zeitraum von 1968 bis 1990 wird die Beziehung zwischen Nelson Mandela und seinem Gefängniswärter James Gregory skizziert und in Form von Gefühlskino mit historischem Hintergrund inszeniert. Nach und nach revidiert der weiße, südafrikanische Gefängniswärter seine rassistischen Ansichten und ein unausgesprochenes Interesse, schließlich eine Freundschaft verbindet Gefangenen und Wärter über den Lauf der Jahre. Der Film berührt, und wie es das Genre verlangt, werden die pathetische Mittel des Gefängnisfilms und des Historiendramas vermischt. Es lässt mich halt nicht kalt, wenn der Wärter nach und nach menschliche Züge zeigt und am Ende gar selbst als Gefangener des eigenen Systems ins Bild gesetzt wird. Und wie viel besser lässt es sich an das Gute im Menschen hoffen, wenn man dann noch weiß, dass all diese Menschlichkeit auch noch auf einer wahren Geschichte beruht?

Egal. Bei Sophie Scholl hat mich der Gefühlskitsch letztes Jahr total genervt. Selbes Kino, selbe Reihe ein Jahr später in einem nur etwas anderem Film hat’s für mich gepasst. Vielleicht war ich auch nur emphatisch erleichtert, es dann endlich doch zur allerletzten Vorstellung an diesem Tag ins Kino geschafft zu haben.

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:: gesehen am 11.2.2007 im Cinemaxx7

USA, 2006, 88 min - Regie: Mitchell Lichtenstein - Darsteller: Jess Weixler, John Hensley, Josh Pais, Hale Appleman, Vivienne Benesch, Lenny von Dohlen, Ashley Springer



Man mische die verklemmte Spießigkeit amerikanischer Jugendlicher aus High School Komödien mit Sex- und Gore Elementen und lasse malerisch die schleichende Radioaktivität eines Atomkraftwerkes darauf einwirken und man hat einen allemal unterhaltsamen, wenn auch nicht überraschenden, amerikanischen Independentfilm.

Regisseur Mitchell Lichtenstein erzählt in seinem erst kürzlich auf dem Sundance Filmfestvial uraufgeführtem Film von einer Teenagerin, die alles tut, um ihre aufkeimende Sexualität zu unterdrücken bis sie eines Tages feststellen muss, dass ihre Vagina mit Zähnen ausgestattet ist und sie der lebende Beweis des Mythos von der Vagina dentata ist. Nach und nach findet die junge Frau gefallen an ihrer neuen Waffe und rächt sich an der Männlichkeit.

Mitchell Lichtenstein, der Sohn des berühmten Pop-Art-Künstlers Roy Lichtenstein schreibt dazu: In den vielen Kulturen, in denen der Mythos von der Vagina dentata existiert, ist der Kern der Geschichte immer derselbe: Ein Held muss die Frau mit der Vagina dentata bezwingen. Ich wollte diese Geschichte umkehren und den unschuldigen Teenager Dawn zur Heldin machen. Darum ist mein Film so etwas wie eine weibliche Rachefantasie mit einem scheinbar ganz normalen jungen Mädchen, das entdeckt, dass es übermenschliche Kräfte besitzt.

Promt kommt im Publikumsgespräch dann auch die Frage aus einer Ecke des Saals, ob der Regisseur wirklich fände, dass Gewalt das richtige Mittel sei, sich gegen die männliche Unterdrückung von Frauen zu wehren. Zum Glück ruft das halbe Cinemaxx zurück, „It’s just a movie!“ Und zum Glück auch kein Seminar über Camila Paglia, der im Abspann des Films gedankt wird (was natürlich nur ich bemerkt habe...). Viel interessanter hätte ich ja die Frage gefunden, wie es sich eigentlich so lebt, als Sohn eines berühmten Pop-Art-Künstlers, aus dessen Schatten man im eigenen ästhetischen Schaffen nicht wirklich heraustritt. Aber ich hab mich mal wieder nicht getraut und meine gute Erziehung verbietet solche Fragen in der Öffentlichkeit. Einerseits habe ich mich gut amüsiert, andererseits frage ich mich, wie man ernsthaft im Jahr 2007 noch so einen postmodernen Schnickschnack im Kino betreiben kann. Dann doch vielleicht lieber das Zitat als reiner stilistischer Selbstzweck, ohne etwas Eigenständiges sein zu wollen.

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:: gesehen am 11.2.2007 im CineStar8

USA, 2007, 75 min - Regie: Esther B. Robinson



Eigentlich ist es ein Dokumentarfilm über Danny Williams, der eine zeitlang im Kreise von Andy Warhols Factory gelebt und gearbeitet hat, wohl auch ein Verhältnis zu Warhol hatte, dann aber von der Gruppe abgestoßen wurde und verschwunden ist, bzw. sich umgebracht hat. Indem sich die Nichte des Verschwunden in ihrem Film hauptsächlich mit den Gedächtnisspuren an ihren Onkel in Interviews und gefundenem Archivbildern und Filmmaterial ihres Onkels beschäftigt, streift sie aber auch das Leben in der Factory. Indem die Filmemacherin einen Randbereich ausleuchtet kommt viel mehr über das Zentrum ans Licht, als wenn sie gleich das Zentrum ausleuchten würde. Sehr schöner, dokumentarischer Effekt. In den Erinnerungen über Danny Williams wird weniger über die Person, als über die Interviewten selber und die Zusammenhänge und psychologischen Abhängigkeiten innerhalb der Fatcory deutlich.

Die mit der Filmemacherin befreundete Kuratorin des Forums - Stefanie Schulte Strathaus – schreibt im Berlinale Katalog dazu folgendes:
Nadia besucht ihre Enkelin am Arbeitsplatz - der Warhol Foundation - und erzählt, dass ihr unter mysteriösen Umständen verschwundener Sohn Andys Lover gewesen sei und bei ihm gelebt habe. Von dem Moment an werden zwei Familiengeschichten zur Projektionsfläche: die einer bürgerlichen amerikanischen Familie und die wohl legendärste der Kunst: Warhols Factory.
Mit Unterstützung von Callie Angell, Kuratorin des Andy Warhol Film Projects am Whitney Museum, gelingt es Esther B. Robinson, der Nichte des verschwundenen Danny Williams, eine Kiste 16mm-Filmmaterial im MoMA aufzuspüren, die mit seinem Namen beschriftet ist. Es öffnet sich eine Schatztruhe: Bilder aus der Factory, von Velvet Underground, bekannte Gesichter, in einer nie gesehenen Verschmelzung von Intimität und Glanz. Detektivisch macht sich Robinson auf Spurensuche. In Gesprächen mit Zeitgenossen und Familienmitgliedern, beim Betrachten der Filme, in der Recherche, wird vor allem eins deutlich: Familiengeschichtsschreibung ist ein amorphes Konglomerat von Erinnerungen, vorhandenen Bildern und der Distanz, die die Zeit geschaffen hat - nicht anders als Filmgeschichtsschreibung. Doch trotz der Unmöglichkeit, die eine Wahrheit zu erfassen, schält der Film eine ebenso einzigartige wie rätselhafte Künstlerbiografie heraus.


Filmisch versucht die Filmemacherin einen Dialog mit ihrem Onkel durch seine und ihre Filmmaterialien aufzunehmen. Das behauptete sie jedenfalls im anschließenden Filmgespräch. Das mag sie gerne gewollt haben – die gefunden Filmbilder ihres Onkels sind bei weitem vielschichtiger und ausdrucksstärker als ihre eigenen Interviewaufnahmen – der Schnitt fügt zwar alles okay ins Ganze, könnte aber viel radikaler mit Bildmaterial und Ästhetik umgehen.

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