Deutschland 2006; Regie: Matthias Glasner; Drehbuch: Matthias Glasner, Judith Angerbauer, Jürgen Vogel; Mit Jürgen Vogel, Sabine Timoteo, Manfred Zapatka, u.a.
Es kommt immer seltener vor, dass mich ein Kinofilm wirklich voll und ganz emphatisch einnimmt, so stark beeindruckt, dass ich weiche Knie bekommen, keine Fragen offen sind oder er mein Unterbewusstes so sehr zu öffnen vermag, dass nicht mindestens ein/zwei Tränen meine Filmwahrnehmung verwässern. Beim Freien Willen waren es die weichen Knie und eine gewisse moralische Ohnmacht, ob man einen Film, der gebrochenen Figur eines Vergewaltigers zu nähern sucht, gut finden kann. Nach ein paar Tagen Bedenkzeit und zwei Gesprächen über den Film bin ich mir immer noch nicht sicher, ob gut oder bedenklich. Es wird hier und da ja auch einiges geschrieben was ich aber gerade keine Lust habe zu lesen. Ich denke, der Film wird noch ein wenig in mir reifen. Das ist gut an dem Film, ich kann ihn nicht sofort in eine Schublade stecken. Vom Gefühl ähnlich wie bei Muxmäuschenstill
Gut fand ich den Film allemal, aber ob er ein guter Film ist, weiss ich nicht. Der durchweg harsche Realismus führt von der eindringlichen Psychostudie der Täterfigur über eine leicht hoffnungsfrohe Liebegeschichte zur nahzu schakespearisch überhöhten Tragödie. Keine Frage, die Schauspieler sind äußerst überzeugend und man verzeiht auch, das Jürgen Vogel immer mal wieder seinen Schniedel ins Bild hängen lässt. Was ich an dem Film unangenehm fand: er lässt dem Zuschauer vielleicht zu viel Raum für den eigenen freien Willen. Die Fragen, welche inneren Kämpfe ein Vergewaltiger eigentlich durch macht und warum es für ihn keine Erlösung durch die Liebe geben kann bleiben offen. Über drei Stunden wird ein Gefühlsstau aufgebaut, der sich am Ende des Films nicht entladen will - weder durch intellektuelle noch durch emotionale Katharsis. Am Ende verstehe ich die Psyche des Täters nicht, ich verstehe die Frauenfigur nicht und ich kann über die tragische Überhöhung nicht heulen. Muss ich vielleicht auch nicht, vielleicht ist die vom Boulevard befreite Auseinandersetzung mit einem solch harten Thema an sich ja schon genug. Es kann aber auch eine Falle sein.
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