Erster Film in der Hommage des in Deutschland bislang unbekannten Nakagawa Nobuo, dessen Film Noir LYNCH auf einer Kurzgeschichte von Otsubo Sunao basiert und kurz vor Weihnachten 1949 in die japanischen Kinos kam.
Formal interessant, wie Stilmittel des Film Noirs in einem japanischen Kontext verwendet werden und die Mischung aus Moderne und Tradition, wie ich sie so gern habe in alten japanischen Filmen. Bin allerdings leider eingedöst im 2. Teil des Films, wo das wieder alles so melodramatisch wurde, und weil ich jetzt wirklich ins Bett muss, hier nur copy&paste die Handlung aus dem Festivalkatalog:
Der Film spielt in der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg und erzählt die Geschichte von Seikichi, der für ein Verbrechersyndikat arbeitet und den Auftrag erhält, eine goldene Buddha-Statue aus einem Tempel zu entwenden. Anstatt die Statue seinen Vorgesetzten auszuhändigen, versteckt er sie und setzt sich mit seiner Freundin Okayo ab, auf die auch sein Konkurrent Umewaka ein Auge geworfen hat. Aus Angst, gefangen zu werden, stellt er sich jedoch der Polizei. Während er seine Strafe im Gefängnis absitzt, warten seine ehemaligen Sugawara-Kollegen auf seine Freilassung. Nach einem Zeitsprung setzt die Handlung des Films viele Jahre später wieder ein: Im Mittelpunkt steht nun Seikichis Tochter Kuwako (gespielt von Kuga Yoshiko, die u.a. auch in Kurosawas The Idiot und Ozus Good Morning zu sehen ist), die zu einer etwas ungehobelten, aber schönen jungen Frau herangewachsen ist und als Sängerin mit einer Band umherreist. Sie träumt davon, endlich ihren Vater wiederzusehen, den sie all die Jahre als Matrosen auf See vermutet hat. Als Seikichi jedoch freigelassen wird, fangen ihn seine ehemaligen Kollegen am Gefängnistor ab. Mit seiner Mischung aus Action, Familiendrama und Yakuza-Ränkespiel ist Nakagawas LYNCH ein sehr ungewöhnlicher Film. Der schurkenhaft aussehende Schwertkampf-Star Arashi Kanjuro (auch unter dem Namen Arakan bekannt) wurde in diesem Film ganz gegen sein sonstiges Image besetzt und spielt hier den typischen Verlierer mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Die Veränderung seines Äußeren nach dem langen Gefängnisaufenthalt ist bemerkenswert, was zum Teil der überzeugenden Maske geschuldet ist. Kuga Yoshiko spielt die reizende, temperamentvolle Tochter Arashis, die nach außen die harte Schale einer Angehörigen des Show Business zeigt, in Wahrheit aber nie über das Verschwinden ihres Vaters hinweggekommen ist. Die Szene, in der die beiden endlich zusammentreffen, bevor er ein letztes Mal fliehen muss, ist wirklich anrührend. Im übrigen lässt sich hier einmal mehr der symbolische Gebrauch von Rädern in Nakagawas schicksalhaftem Universum beobachten. (Forum Katalog)
Typischer "Nichts-ist-was-es-scheint" Film, wie es sie zu Dutzenden gibt und daher meist arg nerven (typische Phase von jungen Filmemachern, oder Leuten, die wie David Lynch sein wollen). Hier gepaart mit viel Kunstwillen und roter Farbe, die gemeinhin gern symbolisch für Verführung und Sexualität der Frau verwendet wird. Außerdem haben die Frauen andauernd aus der Nase geblutet. Trotz der Wirrungen von Realitäts- und Fiktionsebenen kann man eine Handlung skizzieren: Ein Schuldirektor vergewaltigt seine 12-jährige Tochter. Zunächst wird aus der Perspektive des Mädchens erzählt, wie sie durch die Vergewaltigung und des durch den Vater erzwungenen Voyeurismus des Sex beider Eltern psychotisch wird und in ihrer Wahrnehmung die Rolle der (toten) Mutter wird/übernimmt. Perspektivwechsel: Die Mutter/Tochter schreibt erfolgreiche, fiktionale Romane über eben jene Inszestfamilie. Ein neuer, junger Assistent arbeitet mit ihr und soll für den Verlag die Geheimnisse um die Autorin aufdecken. Macht er auch ganz gut. Bis sich alles spannend entwirrt: Es stellt sich heraus das der androgyne Jüngling eigentlich die Tochter ist (inzwischen ohne Brüste), und die Mutter eigentlich die Psychose hat, sich für die Tochter hielt und ihre eigene Identität aufgab durch den Rollenwechsels zum Kind. Alles ziemlich krass und nett gerahmt durch einen traumartigen Varieté-Jahrmarkt. Trotz des arg durchschaubaren Psycho-Realitäts Wirrwarrs und der teilweisen arg effekthascherischen Symbolik hat der Film aber trotzdem Spannung halten können durch die immer noch krasser werdenden Wendungen der Erzählebenen, die sich aber gegen Ende dann doch erstaunlich klar auflösten. Psychologischen Figurentiefe aber hahnebüchend.
Aus gegebenem Anlass und weil ich schon mehr Filme aus Israel gesehen habe statt aus Iran, habe ich mich anstelle des 90minütigen Films aus Isreal über zwei Mädchen bei der Armee für den iranischen 90minüter entschieden über einen Widwer, der in seiner Trauer Teheran mit neuen Augen sieht. Der Protagonist spricht über den gesamten Filn kein einziges Wort, dafür kommen aber die Frauen zu Wort. Durch die Perspektive der Hauptfigur, die nach dem Tod seiner Frau Schwierigkeiten hat, sich in seinem Privat- und Büroalltag zurechtzufinden, beginnt der Film, Frauentypen und gesellschaftliche Frauenrollen im modernen Teheran zu reflektieren. Sehr spannend, wie dabei untergründig Kritik transportiert wird, ohne explizit und vordergründig zu werden. Oder liegt das am europäischen Blickwinkel? Hat mich an die versteckte Gesellschaftskritik bei Sachen aus dem Ostblock erinnert. Hatte teilweise aber auch ein ganz kleines bisschen was von Taxi Driver.
Sehr formale Form: 2 Teile, je 1 Stunde lang, jede Stunde unterteilt in 6 Einstellungen, je 10 Minuten lang. Zwischen den beiden Stunden 10 Minuten Pause. Im ersten Teil werden einzelne Kinder in der Natur beobachtet, im zweiten Teil werden Kinder in Natur beobachtet, die miteinander agieren. Die strenge Form zwingt zum Hinschauen. Die Figuren sind von Landschaft umgeben, eingeschlossen. Trotz Halbtotalen und Totalen ist die Landschaft nie "offen", nie ist der Horizont zu sehen, die Sonne scheint kaum. Jede der 10minütigen Einstellungen werden zu einem Tableaux, einer bewegten Landschaftsmalerei, in der die beobachteten Kinder aufgehen. Es erinnert teilweise an Tierbeobachtungen, so selbstvergessen die Figuren durchs Bild spielen und tollen. Und doch ist alles bewußt inszeniert, nichts in der Komposition der langen, ruhigen Einstellungen wurde dem Zufall überlassen.
Zum Einstieg auf die Berlinale ein nicht ungeeigneter Film, um die eigenen cinematographischen Sinne zu schärfen. Wie unterschiedlich lang können 10 Minuten sein, Augenmuskulatur trainieren und dem Film vertrauen, wenn man kurz einnickt.