Deutschland 2004 - von: Teresa Renn / Perspektive Deutsches Kino
Der Fall Janine F. ging im November 2002 durch die Presse. Die 24-jährige Frau hatte sich aus dem fünften Stockwerk des Berliner Kunsthauses Tacheles gestürzt. Die Zeitungen gaben den Tacheles-Künstlern eine Mitschuld an ihrem Tod. Sie hatten Janines Todesankündigung auf Video aufgenommen, aber nicht ernst genommen. Am nächsten Morgen hatten Touristen ihre Leiche fotografiert. Sie glaubten an eine Kunstperformance. (Berlinale Programm zum Film)
Der Film begibt sich auf die Spurensuche des Todes von Janine anhand von Interviews mit ihrer Ateliergemeischaft und engen Freunden. Spannend an dem Film ist, wie sich ein Bild von Janine im Kopf des Zuschauers aufbaut, ohne dass ein Bild von ihr im Film gezeigt wird. Leider fährt der Film den Karren am Ende in den Graben: Denn er zeigt das Video mit Janines Todesankündigung, baut alle Dramaturgie auf diesen Moment des authentischen Bildmaterials hin auf. Einige Minuten Video werden auf dem Silbertablett präsentiert und machen alles kaputt. Wär nicht nötig gewesen, denn Janines Porträt funktioniert voll und ganz über die Erinnerungen ihrer Freunde. Dadurch dass Janine am Ende doch noch zu sehen ist, resultiert alles in einer blöden Betroffenheitsinzenierung, die der Film eigentlich nicht nötig hätte. Den betroffen war ich vom Mythos, den die Erinnerungserzählungen aufbauten, nicht von ihrem tatsächliches Abbild und ihrem Grabstein, auf dem eine Freundin Blumen hinterlegt.
Frankreich 2004 - Regie: Lucile Chaufour - mit: Frédéric Beltran, Franck Musard, François Mayet, Serena Lunn / Forum
Voyage Rock'n'Roll de Paris à Le Havre, so der einizige Kommentar der Regisseurin zu ihrem ersten Langspielfilm. Dokumentarische Beobachtungen eines Rockabilly-Konzerts in Le Havre und Spielfilmszenen verbinden sich zu eine stilisierten Porträt der Fanszene. Interessanter Effekt an dem Film: Es ist heute, sieht aber aus wie Nouvelle Vague. Indem die Spielszenen bewusst á la "Ausser Atem" inszeniert sind koppelt sich das heutige Dokumentarische mit einer Retroästhetik der 60er. Aber der Effekt trägt nicht den gesamten Film, war zwar nett anzusehen, wär aber mit einem dreiminütigem Musikvideo auch okay gewesen. Das Beste an dem Film war die Titelsequenz. Statt der Schauspieler kommen alle Musik-Credits als erstes. Als ich in den Film ging, dachte ich noch, "ein Film über französische Rockabilly-Fans - in schwarzweiss? Soweit ist's schon mit uns gekommen?"
Deutschland 2004 - Regie: Antonia Ganz / Panorama Dokumente
Der Zufall hat mich in den Film gespühlt. Und wieder eine Bildungslücke weniger: Dokumentation über die Berliner Band Mutter, bestehend aus Max Müller (Gesang), Kerl Fieser (Bass), Florian Koerner von Gustorf (Schlagzeug) und Frank Behnke (Gitarre), die den Underground der 80ern überlebt haben bis heute. Der Film porträtiert die Band anhand von Interviews mit den üblichen Underground- und Musikexperten, wie Dietrichsen, Distelmeyer, Schamoni, Kaktus und auch der Buttgereit kommt zu Wort. Natürlich auch die Bandmitglieder, wovon der eine - der Schlagzeuger v. Gustov - mich doch arg an A. erinnerte. Interessantes Filmmaterial aus der guten alten Berliner Zeit, in der Musik für mich noch charttauglich sein musste und ich keine Ahnung von irgendwas hatte. Auf der Homepage von Mutter gibts einige Musik von denen zum Download.