Ich musste mich gerade selber googlen, weil mir die Adresse eines alten Versuchs-Blog nicht mehr eingefallen ist. Das mit dem Bloggen ist ja zum Teil auch alles ein großes, retro- und introspektives Experiment. Oder früher war es das jedenfalls mal. Damals, als man noch "das" statt "der" Weblog sagte. Nun egal.
Vor ca. 4 Jahren sah ich so aus, wie da oben auf dem Bild. Natürlich nicht in echt, sondern als der Elvis-Fan "Peter Sackhaar", der versucht, mit einem Nigeria-Scammer Geschäftskontakte aufzubauen. Das war damals so eine Mode - Nigeria-Scammer verarschen - früher nannte man das Scambating. Ich hoffte, ein neues Hobby gefunden zu haben und hatte dafür extra ein Blog eingerichtet, um alles zu dokumentieren. Das entwickelte sich schnell und einigemaßen lustig. Ich hab dann aber leider nur 14 Tage durchgehalten, weil das doch sehr zeitaufwendig wurde. Hätte ich nicht aufgehört, wäre ich sicher Pro-Bollger geworden und könnte von meiner Bloggerei Bollgerei leben. Schwamm drüber, lest selbst: Eines meiner alten Testblogs Versuch, einen Nigeria-Spammer zu verarschen Kleiner Tipp: Wie das so ist mit der Chronologie in Weblogs, am besten erst ganz nach unten scrollen, um sich dann Artikel für Artikel nach oben zu lesen.
Ich grüße meinen neuen Fan aus Bremen! Ich denke, mir ist er (oder sie) noch unbekannt, vielleicht täusche ich mich aber auch. Eventuell ein(e) alter Bekannte(r)? Ich war schon mal in Bremen. Bremen ist eine sehr schöne Stadt.
Ich hab neulich mal einen Spruch gehört, da musste ich an Bremen denken. Bremen war in meiner Kindheit ein Synonym für so etwas wie Freiheit und Abenteur. Nicht wegen der blöden Märchensache mit den Stadtmusikanten, sondern wegen Radio Bremen. Denn ganz oben unter'm Dach, im Arbeitszimmer meines Vaters, in der Nordecke, unter seinem Schreibtisch konnte man bei guter Witterung, etwas verrauscht Radio Bremen empfangen. Da saß ich dann unter dem Schreibtisch meines Vaters mit dem alten Röhrenradio, rauchte Kaugummiezigaretten und lauschte den Stimmen aus einer unbekannten Stadt. Zu Zeiten, als es noch keinen Privatrundfunk gab, war jede zusätzlich reinkommende Radiostation eine Offenbarung. Und Bremen war auch irgendwie dichter an London dran. Irgendwann hatte ein Junge aus der Nachbarschaft dann Kabelfernsehen, Videorekorder und Computerspiele.
Jedenfalls der Spruch, an den ich denken musste ging so: Einer sagte, "bohr dir doch ein Loch ins Knie." Worauf der andere sagte, "ick kann mir och einen Knopf ans Knie nageln und so lange dran drehen bis Radio Bremen kommt."
Bremen ist toll. Zugriffsstatistiken sind auch toll.
# Auf dem verwunschenen Amt in Spandau gewesen. Geheimnisvolles Schlüsselkästchen fotografiert. Damit kann man vermutlich Zaubern. Wenn man mit dem richtigen Schlüssel daran dreht, ruft der Standesbeamte, "ja bitte, wer weckt mich?"
# Traue nie den Worten, "du bist für heute Abend deiner Vaterpflichten entbunden."
# Ebenso mit Vorsicht zu genießen, wenn Krankenschwestern wissen wollen, wo du wohnst und ob noch zu haben, weil du "so ganz tapfer und ganz ohne Narkose..."
# Schaltttag erfolgreich abgeschaltet. Oder doch eher ausgeknockt.
# Meine Liebste spendet wohl für Greenpeace oder so was in der Art. Bald nicht mehr. Die rufen hier immer an, wenn die Liebste gerade nicht da ist und wollen mit ihr sprechen, wahrscheinlich nur danke sagen oder auf einen "besseren" Tarif hoch buchen. Nachdem ich mehrmals Zeitfenster zum Rückruf vorgeschlagen hatte, innerhalb derer ich eigenhändig dafür sorgen werde, meine Liebste in Telefonnähe zu halten und das aber aus mir unergründlichen Umständen nicht geklappt hat, ging ich heute also in die Offensive: Ich garantierte eine Uhrzeit, ohne zu wissen, ob ich das Versprechen halten könne. "Um Fünfe isse da, da bekomme ick meist Hunger, da kommt se dann och irgendwann und macht mir watt ruf dann an, du Drücker." Jetzt klingelt seit 17 Uhr alle 15 Minuten das Telefon. Aber immer nur ein ganz kurzes Klingeln. Vielleicht zwei. Gerade so wenig, dass man es nicht schafft, rechtzeitig abzuheben. Die Pausen zwischen den Anrufen aber lang genug, um nicht neben dem Telefon stehen zu bleiben. Da hat der halbstudentische Telefondrücker im Grinpeace-Callcenter wohl eine dieser praktischen, aber umweltschädlichen Rückrufautomatiken angeschaltet, muss die aber andauernd wieder abbrechen, weil er gerade auf einer anderen Leitung sprich (scheint gut zu laufen, das Geschäft mit dem Umweltgewissen). Hat ziemlich genervt. Wir haben jetzt kein Telefon mehr. Und morgen wechseln wir zu WWF.
USA 2004; Regie: Tony Scott; mit: Denzel Washington, Dakota Fanning, Marc Anthony, Christopher Walken
Anne Will hat mit Judith Holofernes und anderen Familienpolitik-Expertinnen in meinem Fernseher gesessen und über Familienpolitik gesprochen. Ich mag da ja sonst nicht so gern bei zusehen, wenn die das machen. Ist echt nicht so meine Art. Das erinnert mich immer an das alte Pro-und-Contra-Spiel von früher aus der Schule, wo der Sozialkundelehrer immer irgendwann nach Stoffeinführung meinte: "So, jetzt teile ich die Klasse mal in drei Gruppen. Die einen sind dafür, die anderen dagegen und ihr da hinten, ihr dürft nachher entscheiden, welche der beiden Gruppen mehr recht hat als die andere." So ist das immer auch im Fernsehen. Egal ob Meyer lieber Beckmann Will oder doch besser Ed von Schleck sein sollte.
Aber real gelebte Familienpolitik ist ja hier seit Kurzem bei uns in der WG ein ganz heißes Thema. "Glühendes Eisen" möchte man fast metaphorisieren. Da schaut man natürlich dann doch mal gern das eine oder andere Kopfschütteln im Fernsehen an, auch wenn man richtig vermutet, auch zu diesem Thema wird das Agenda-Setting im TV wieder nicht viel bringen, denn es ist, wie es ist: So wie wir das jetzt hier für uns mal der Gesellschaft vorleben, ist das eh am besten. War trotzdem interessant, und am Ende hat dann die Holofernes das Schlusswort ergriffen. Das sei alles Quatsch mit der Trennung des Kümmerns, beide Eltern sollten ihre Jobs machen können und auf das Kind aufpassen können, dass würde die Familie am geilsten rocken, das solle die Politik und die Wirtschaft mal zustande bringen und überhaupt sei das so wie bei ihr und vielleicht noch bei den tristessedeluxe's zu Hause sowieso am besten. Sag ich ja.
Wir können ja nicht alle in Mexiko leben, reich sein, Putzkräfte, Babysitter und Bodyguards leisten, so wie in dem Film, in dessen Weltsicht ich nach der von Anne Will noch geschlüpft bin: Denzel Washington, ein ehemaliger, schwarzer CIA-Killer mit Vergangenheitstrauma, verschlägt es nach Mexiko City zu Freund Christopher Walken. Da in der Stadt gerade eine organisierte Entführungs- und Erpressungswelle rollt, organisiert Walken für Washington einen neuen Job als Bodyguard einer kleinen, blonden Prinzessin. Aus Widerwillen wird Freundschaft zwischen Schützer und Opfer. Das Mädchen wird entführt und Washington greift zu ausufernden Selbsthilfemaßnahmen: Blutrache an einem korrupten Wirrwarr in Mexiko City.
Erst im Talk Familienpolitik unter Feuer, dann im Film der harte Heldenkerl unter Beschuss. Trotz schon für 2004 etwas aus der Mode gekommener Videoclipmätzchen, doch ein passabler Rache- und Selbstjustizthriller, um sich nach den zaghaften Versuchen der Anne Will, alt eingefrorene Familienrollen aufzubrechen, schön wieder die Geschlechterrollen-Stereotypen erden zu lassen. Die Ausgangsidee fand ich durchaus interessant, einen ausgebrannten Ex-CIA-Agenten als Bodyguard Identitätskrise und Trinksucht durch die Nähe zu einem kleinen Mädchen überwinden zu lassen – und Washington trägt seine nicht sonderlich facettenreiche Darstellung mit gewohnter Souveränität. Aber dass das zu schützende "Objekt" ein kleines Mädchen ist, lässt in seinen Konsequenzen den Film letztlich nicht konsequent genug wirken: Er verharrt zwischen "Vater"-Tochter-Drama und durchaus brutalen Entführungs- und Racheschemata. Die spätere Selbsjustiz des gerechten Killers ist durch die emotionale Bindung motiviert, der Weichspülgang wertkonservativer Familienfilme ist aber des Regisseurs Sache sicher nicht. Der schwer lineare Verlauft des Films hätte gestrafft werden können. Das auch deswegen, weil die gesamten Charaktere merkwürdig im Vordergrund stecken bleiben und nur mit den nötigsten Stereotypen gefüllt werden. Alles ein merkwürdig mittelmäßiges Ding.
Es ist ruhig, Mutter und Kind schlafen, draußen hat auch der letzte Nachbar offenbar einen Parkplatz gefunden. Prima, dass das immer genau aufgeht. Mir scheint also der Zeitpunkt äußerst günstig, einmal die Aufmerksamkeit der hier versammelten, werten Weltöffentlichkeit zu nutzen und meine Mutter zu grüßen.
Hallo Mutti, ich bin im Internet!
Dankeschön, das war es auch schon. Ich gebe zurück an die angeschlossenen Funkhäuser.
Beide Filme gestern Abend hintereinander weg gesehen. War ja nun quasi Pflichtlektüre. Kann man nicht vergleichen, trotzdem sehr ähnlich. Äpfel- und Birnenmus. In einem Jahr verwechsele ich beide Filme sicher. Daher hier noch mal nur kurz notiert. Zum Glück haben die Filme jetzt alle irgendwie mitbekommen, muss man nicht so weit ausholen, mit Inhalt und all dem uninteressanten Name-Dropping-Kram.
No Country for Old Men
Landschaften, gebrochene Helden, Waffen, Geld, Gewalt, Gier, Moral. Und Mexiko! Moderner Western und endlich wieder das Gütesiegel "Coen-Brüder", das sich u.a. aus der Mischung von Abgründen amerikanischer Zivilisation mit postmoderner Ironie auszeichnet. Wenig von den Dialogen verstanden, daher mehr in der Optik des Films verloren, als in der Handlung. Die Grenze eine Membran. Muss mir den bei Gelegenheit doch noch mal mit Untertiteln und auf großer Leinwand ansehen. Kann bei beiden Filmen nicht schaden.
There Will Be Blood
Landschaften, irgendwie auch gebrochene Helden, psychologische Waffen, Geld, Gewalt, Gier, Alkohol, Moral. Und Öl und Religion! Sehr US-amerikanische Eckpfeiler des Gesellschaftssystems, ebenfalls zivilisationshistorische Abgründe. Hier aber Rückgriff auf epochale Kinoform mit klassischen, moralischen Bilderbuch-Konflikten. Hinzu kommen Konflikte "Vater-Sohn" und "Kapital-Moral". Alles sehr episch. Aber für meinen Geschmack nicht zu langatmig, wie Lars-Olaf Beyer fand. Gemessen an meiner Traumaktivität hat There Will Be Blood stärkeren Eindruck bei mir hinterlassen, geradezu parabelhaft. Aber No Country for Old Men ist der interessantere Film, weil eigenständiger und auch verstörender.
Bitte hier klicken. Ist ein Clip, der mir vor Jahren mal bei Dailymotion untergekommen war, den ich dann nochmal für was Wichtiges gesucht habe, aber verloren hatte, weil nicht gebookmarkt. Des Kommunikationsmeisters Portfolio ich jetzt im anderen Zusammenhang beim Aufräumen des Postfachs wiederfinde. Ach, die Zufälle und Überschneidungen. Ach, alles kreist sich, ach hier noch mehr so Dinger.
... ebenfalls beim Aufräumen des Postfachs gefunden ... natürlich hier zu Hause.
Fürs Handy: Instant Messenger auf Browserbasis für MSN, AIM, Yahoo, GTalk. Kann man also mit der o2-wap-flatrate nutzen, wenn man will. Hat mam eine Hand frei. Könnte man chatten und gleichzeitig das Baby durch die Wohung tragen.
Das Twitter eine tolle Sache ist, muss ich nicht erst lange erklären. Toll ist aber, was mit twitter-Mashups sonst noch geht. Hier Links zu 50 Twitter-Mashups. Tolle Sachen, muss ich alle mal durchsehen bei Gelegenheit.
Die tägliche Überwachungs-Soap am eigenen Bildschirm: SurveillanceSaver is a screensaver for OS X and Windows that shows live images of over 400 network surveillance cameras worldwide. A haunting live soap opera.
Sven berichte von der China-Session auf dem Barcamp Hannover vom Sonntag und hat einige interessante China-Links aus der Session bereitgestellt. Bei Gelegenheit mal durchklicken an einem Rechner mit China-Zeichensatz.
Lang ersehnt, endlich wahr: Rocko Schamoni und Jacques Palminger wenden sich der Königsdisziplin des Hörspiels zu. Dieses Mal wird eine besonders böse Blume in den auralen Fokus gezerrt: Gewalt.
Mein Gmail-Notifier ist kaputt. Brauch ich Ersatz. Hier einige Alternativen für E-Mail Clients auf dem Mac. Ich persönlich werd mich wohl für den Kauf von "Mailplane" entscheiden. Gute Hybridlösung zwichen GoogleMail als Webmailer und eines lokalen Mail-Programms.
Achim schrieb am Wochenende einen längeren Blogartikel - Dream Machine - kleine Theorie der künstlichen Intelligenz durch Web 2.0 - in dem er über seine Idee eines ständig Erinnerungsbilder aufzeichnenden Apparats eingeht. Die Idee hat er mir bei irgendwelchen Bieren auch schon mal erzählt, fand ich natürlich super! Jetzt verstehe ich aber erst genauer, was er eigentlich meint. Über das Problem der Überwachung (staatlicherseits - "von oben") muss man sich natürlich bewusst sein, der Staat muss sich aber auch rückwirkend bewusst werden, dass er "von unten" überwacht wird. Andererseits rette ich mich ja auch immer in den Gedanken, dass man, je mehr Informationen man zur Verfügugn stellt, in der Masse an Daten (und eventuell falscher Daten) die jeweils tatsächlich relevante Information verschwindet. Wahrscheinlich eine blöde Idee, weil nicht klar ist, wer die Bestimmungshoheit über die Datenverwaltung und damit der Daten-Strukturierung hat. In die Richtung ging ja auch schon mspro mit meine daten und die zukunft.
Ich glaube, wir werden alle noch ein böses Erwachen erleben. Der Gut-Mensch-Idealismus von Web2.0 wird mehr und mehr zugunsten von Kommerz und Macht ausgenutzt werden. Da nützt es auch nichts, dass wir sehenden Auges, wissend oder unwissend, daran teilhaben.
Wo wir gerade beim Themenkomplex "Erinnerungsarbeit & Überwachung" angekommen sind, hier noch der Hinweis zum Blog History Project von Benedikt Köhler, das in einem Zeitstrahl eine Übersicht über die Entwicklung der deutschen Blogosphäre bietet. Ich bedanke mich, dass ich auch darin geführt werde. Ist ja in unser schnelllebigen Zeit keine Selbstverständlichkeit.
23:32 - Ahoi, wir stechen gleich in See zu den Oscars. Ein paar Minuten sind es aber noch, bis es wirklich los geht. Zeit genug, um sich ein paar der nominierten Kurzfilme online anzusehen: Watch the Oscar nominated Animated shorts online (via)
0:09 - Lese bei mspro den schon etwas älteren Artikel Meine Daten und die Zukunft und mache mir Sorgen um die Zukunft der Privatsphäre.
0:27 - Sofa erreicht. Wieder moderiert so eine ausgewiesene Filmexpertin bei pro7: Annemarie Warnkross -wie nett, ihre Homepage ist ":: UNDER CONSTRUCTION ::" . Ich bin zu alt für - ach egal. Bin aufgeregt. Schwitze vor Aufregung.
0:38 - Ines jetzt auch bei twitter. Oscart per Handy. Hallo Ines!
0:50 - Werbeblock. Wurde von gossipgirlz.de verlinkt. Die weiss, wer sonst noch so live vom Oscar bloggt:
1:12 - auf Toilette war ja noch die Wäsche zum Trocknen aufzuhängen. Wäschewaschen - Kleider - roter Teppich. Alles ist eins. Nix verpasst.
1:19 - "Ähm, yeah. Ähm. It's just - kind of - fantastic, äh, ähm"
1:28 - Clooney: "Deutschland!" (Hat Moderator Gätjen gerade vorher gesagt, er wolle Clooney einen Heiratsantrag machen? Ich glaube ja.)
1:36 - Ich freue mich schon auf die Oscar-Moderation von Jon Stewart. Fand den 2006 ja sehr witzig. Die versammelte Hollywood-Gemeinde wohl nicht so. Damals lauter versteinerte Gesichter im Publikum. Mal freuen, wie es dieses Jahr wird.
1:53 - Mal ein Foto direkt vom roten Teppich:
2:01 - Danke, Steven Gätjen, ich finde, der macht das jedes Jahr besser. Jetzt sind wir endlich auf dem echten ABC-Live-Feed. Crazy, der Clooney. Die Massen jubeln.
2:07 - Ich hol mal noch ein Bier. Muss mich erstmal an die US-Fernsehästhetik gewöhnen. Das muss man erstmal auf sich einwirken lassen.
2:10 - Auf Sat.1 zieht sich gerade Alyssa Milano aus.
2:25 - Ellen Page hat eine tolle Stimme. Ich mag Ellen Page seit The Tracey Fragments.
2:35 - Es geht los. Jon Stewart, ein Lacher nach dem anderen. Politische Witze. Ich mach mal den Ton lauter, der nuschelt so. Ich mag den trotzdem. Die Liebste geht jetzt ins Bett.
2:42 - Oscar für Costume Design geht an Alexandra Byrne für Elizabeth: The Golden Age - hab ich bislang vermieden zu sehen.
2:55 - Oscar für Bester Animation geht an Ratatouille. Keine Überraschung. Guter Film.
2:56 - Das ging jetzt schnell. Nicht ganz mitbekommen. Ich glaube Oscar für Makeup geht an La Vie en Rose
3:08 Kaum bin ich vom Klo zurück, geht es weiter. Oscar für The Golden Compass.
3:12 Art Direction für ?. Kenn ich nicht, nicht mitbekommen. Wird nachgereicht.
3:19 - No Country for Old Men muss ich unbedingt noch sehen. Hab ich hier schon liegen. Javier Bardem bekommt Oscar für beste Nebenrolle (männlich).
3:29 - Oscar für Kurzspielfim: Le Mozart des Pickpockets
3:34 - Bester Animationskurzfilm: Hab ich durch youtube-gesuche nicht mitbekommen.
3:40: Weibliche Nebenrolle für die gute Tilda Swinton in Michael Clayton. Sie spielt - so Moderator Gätjen - "Sagen wir jetzt mal auf Gutdeutsch: A Bad Ass Lawyer".
3:46 - Nachgreicht, der Oscar für Kurz-Trickfilm - Peter & the Wolf: (Part one, two & three)
3:48 - Oscar für Bestes Drehbuch für die Coen Brüder No Country for Old Men. Ich mag die beiden Hollywood-Nerds sehr gerne. Sagen einfach mal "Danke" ohne viel Trallala. Die erwarten wohl noch viel- Ich hab das in der Sparte Drehbuch auch noch nicht erwartet. Der Film liegt hier noch leider ungesehen rum.
4:00 - Ich lehn mich mal zurück und versuche, die Sache mal zu genießen - Witze über Schwangere...
4:10 - Yeah, yeah, yeah. Außenseiterin vor! Beste Schauspielerin/Hauptrolle: Marion Cotillard in La Vie en Rose. Ich nehm ihr die Dankes-Ansprache nicht ganz ab. Schauspielerinnen-Pathos.
4:33 - Nicole Kidman und der Angriff der Kristallklunker:
4:42 - Bester ausländischer Film geht an Österreich/Deutschland. Ganz großer Glückwunsch an Die Fälscher.
4:50 - Die Musikerschnulze Once gewinnt Original-Musik-Oscar. Netter, kleiner Film, aber dieses Jahr war da nicht viel Großes im Rennen. Hihi: Kommentar - "this guy is so arrogant".
4:59 - Hui, Cameron Diaz wird auch nicht jünger im Gesicht bei all den Scheinwerfern. Kameras sind böse. Sie verkündet den Oscar für die beste Kameraarbeit - noch ein Oscar für There Will Be Blood. Muss ich mir wohl gleich noch ansehen.
5:16 - Werde langsam müde. Endlich normale Leute hier im TV.
Hab gerade beinahe verpasst, wofür sich die beiden netten Damen - beinahe heulend - bedankt haben: Doku-Kurzfilm Freeheld (Wie das so ist: Lowbudget, Kurzfilm, Dokumentarfilm - die Seite ist gerade überlastet, können sich jetzt dann wohl aber anständigen Webhoster leisten...) - Trappeldietrapp, sofort geht es weiter. Oscar für besten abendfüllenden Dokumentarfilm geht an Taxi to the Dark Side.
5:25 - Oscar für bestes, originales Drehbuch geht an die Frau im etwas luftigem Dschungel-Kostüm (Diablo Cody) für Juno.
5:34 - Daniel Day Lewis bekommt Oscar für Hauptrolle in There Will Be Blood. Bedankt sich brav. Insider behaupten, die müssen ihm den Oscar geben, damit er weiter arbeite.
5:42 - So langsam sind wir in der Königsdisziplin angelangt. Beste Regie, zweiter Oscar für die Coen-Brüder für No Country for Old Men. Nerds. Symphatisch.
5:45 - Bester Film überhaupt: No Country for Old Men. Da geht jetzt nichts. Den muss ich mir sofort anschauen.
5:48 - Insgesamt fehlte mir da der Biss in der Inszenierung der Oscars. Das wirkte alles so kontrolliert. Kaum tolle Kleider. Kein unerwarteter Überschwang. Alles Masken.
5:51 - Auf Sat.1 im Frühstücksfernsehen reden zwei blonde Filmexpertinnen über den Trailer des Gewinnerfilms, den sie neulich mal im Kino gesehen hätten und der ja so düster und schlimm wäre.
USA 2007; Regie: Mike Nichols; mit: Tom Hanks, Amy Adams, Julia Roberts, Philip Seymour Hoffman, u.a.
Weltpolitik auf menschlicher Ebene. Der Afghanistankrieg als verdeckter Nebenschauplatz von Interessen amerikanischer Individualisten. Der Alkohol als Treibstoff für Politik. Unterhaltsamer Film, nicht unbedingt eine lautstarke Satire wie Wag the Dog, aber ähnliche Zielrichtung mit Spitzen in Richtung der Fehlbarkeit von Realpolitik.
Die 1980er Jahre. Der Kalte Krieg. Der texanische Kongressabgeordnete Charlie Wilson wird von einer Ex-Geliebten und wohlhabenden, überzeugten Antikommunistin überredet, afghanische Freiheitskämpfer im Krieg gegen die sowjetische Besatzung nach dem Einmarsch der Roten Armee in Afghanistan zu unterstützen. Sie finden einen Verbündeten in der Person des verlebten aber gerissenen CIA-Agenten Gust Avrakotos, der für das Land zuständig ist. Charlie Wilson's guten Beziehungen im Unterausschuss des Kongresses, der für die Finanzierung des Verteidigungsministeriums zuständig ist, helfen, das Budget für den verdeckten Afghanistan-Einsatz von fünf Millionen US-Dollar jährlich auf etwa eine Milliarde US-Dollar zu steigern. Durch die ständig steigenden Verluste im wirtschaftlich eher unbedeutenden Afghanistan zieht sich die Rote Armee schließlich zurück. Der Film endet damit, dass Wilson nach dem Ende der Kampfhandlungen und der Operation mit geringen Mitteln den Wiederaufbau des Landes unterstützen will. Dies scheitert jedoch am Desinteresse innerhalb des Senats.
USA 2006: Regie: Steve Buscemi; mit: Steve Buscemi, Sienna Miller
Die Heidi Klum war bei Beckmann. Das konnte ich nicht leiden und hab mit lieber dieses Kammerspiel zwischen Steve Buscemi und Sienna Miller angesehen. Er spielt einen schlecht gelaunten Politikreporter, der verdammt wurde sie, eine halbtalentierte Jungschauspielerin, zu interviewen. Schlecht vorbereitet und ohne irgendetwas von ihren Filmen zu wissen, trifft er sich mit ihr in einem Restaurant. Beide finden sich doof, das Gespräch ist schnell abgebrochen. Durch einen Autounfall wird dann aber das Interview in der Wohnung der Schauspielerin unter intimeren Umständen fortgeführt. Viele Drehungen der Gesprächsführung, bis am Ende, es überrascht nicht wirklich, sie ihn an der Nase herum geführt hat. Ist ein Remake eines gleichnamigen, niederländischen Films von 2003 des Regisseurs Theo Van Gogh (genau der, der 2004 von einem militanten Islamisten umgebracht wurde) und ist Teil einer Remake-Trilogie von Theo Van Gogh Filmen . Schaut sich sehr nett an, das Remake. Schauspiel okay. Buscemi könnte etwas schrulliger rüberkommen, Miller nervt für die Rolle angemessen mit ihrem Schauspielerinnen-Rumgezippel. Schön, wie am Rande das iBook der Schauspielerin, das Gmail-Account und der Palm des Journalisten zu handlungstreibenden Requisiten werden. Beim Film Lust bekommen auf Whiskey und Zigaretten.
Frau Gröner hat den Film neulich empfohlen. Und da ich ja nun für die musische Erziehung der Frucht meiner Lenden zuständig bin, darf keine Gelegenheit ungenutzt bleiben, dem kleinen Wurm zu läuten, wogegen es sich dann in der Pubertät auflehnen kann. Frau Gröner hatte recht. Ein kleiner, schöner Liebesfilm - wenn man gitarrenlastige Singersongwriter-Melancholie mag. Das tschechisch-irisches Herzschmerz-Duett wurde für den Oscar 2008 nominiert. Wenige Gedanken meinerseits dazu.
Tschechisches Einwanderer-Aschenputtel mit Klavierbegabung und kleinem Kind trifft strubbelrothaarigen Straßenmusiker (schrieb Spiegel Online)
>>>Offizielle Homepage zum Film
Russische Föderation2008; Regie: Igor Voloshin; mit: Olga Sutulova, Maria Shalaeva, Artur Smolyaninov, Mikhail Evlanov, Andrey Khabarov; 89 min.
Mein letzter Film auf der Berlinale dieses Jahr und auch nur zufällig gesehen, weil ich einfach Glück hatte. Erfrischend junges, russisches Kino. Rasante Montage, Clipästhetik, super Soundtrack, Story leicht diffus aber nicht gänzlich abwegig. Setdesign und Kostüm eine Augenweide, „Realfuturismus“ würde ich es nennen. Grundatmosphäre nicht ganz schlüssig, „hoffnungsvoll pessimistisch“ würd ich’s bezeichnen. Anna Hoffmann schreibt:
Sie hat das Leben in Moskau satt, also zieht die Krankenschwester Alisa nach St. Petersburg. Ihre Mitbewohner in der Gemeinschaftswohnung sind die beiden Junkies Valera und ihr Freund Toter Mann. Anfänglich kracht es zwischen den beiden Frauen, doch bald verbindet die beiden eine zarte und unverbrüchliche Freundschaft. Zusammen legen sie sich sogar mit der Petersburger Unterwelt an, als Toter Mann entführt wird, weil er seine Schulden nicht bezahlen kann. Das Leben ist hart und unübersichtlich und man muss nach außen ebenso hart und cool sein, um durchzukommen. Dieses Lebensgefühl dient in Nirvana nicht als soziologisches Passepartout, sondern als ästhetische Herausforderung. Mit großer Liebe zum Detail stylt Voloshin seinen Soundtrack, seine Drehorte und vor allem seine Darsteller. Die extravagante Maske und die aufwändigen Kostüme, in denen manche der Protagonisten agieren, die erlesenen Außenaufnahmen aus Petersburg und die opulenten Interieurs lassen an eine Pop-Oper denken, oder an einen als Punk wiedergeborenen Brecht, der noch einmal den V-Effekt erfindet. Und immer wieder meint man, inmitten all dieser visuellen Opulenz kleine Referenzen zu entdecken. Das mag an einem generationsspezifischen Filmkanon liegen oder daran, dass hier einfach ein Ausnahmetalent zum Vorschein kommt. Oder an beidem. (aus: Berlinale Programm)
Israel, Deutschland, Frankreich 2008; Regie: Eran Riklis; mit: Hiam Abbass, Rona Lipaz-Michael, Doron Tavory, Ali Suliman, Tarik Copty; 106 min.
Muss einem ja jemand sagen, dass der letzte Berlinale-Tag Publikumssonntag ist und man mit der Akkreditierung nirgends mehr reinkommt! Aber dank des äußerst freundlichen Herren aus der Marketingabteilung vom Tip-Magazin, der mir von seinem Freikartenkontingent kurz vor Filmstart noch eine Eintrittskarte abgeben hat, konnte ich wie geplant doch noch den Publikumspreisträger aus dem Panorama sehen.
Mit Publikumspreisen ist das ja meist so eine Sache. Der größte gemeinsame Nenner eines durchwachsenen Publikumsgeschmacks muss nicht automatisch den eigenen Filmgeschmack treffen. Meist gewinnen Komödien oder Filme mit einer eindeutigen politischen Botschaft. So ist es auch der Fall mit Lemon Tree - der Film macht alles richtig und seine Botschaft ist eindeutig. In der Westbank in einem kleinen Palästinenserdorf lebt die verwitwete Salma. Von ihrem verstorbenen Vater hat sie einen kleinen Zitronenbaum-Hain übernommen, mit dessen Ernte sie die allein stehende Frau gerade so sich selber über Wasser halten kann. Als der israelische Verteidigungsminister auf der anderen Seite der „grünen Linie“ in ein Haus einzieht, geraten Selmas Zitronenbäume ins Visier der Personenschützer. Die palästinensischen Zitronenbäume stehen den gehobenen Sicherheitsbedürfnissen des israelischen Ministers im Weg. Kurzerhand sollen die Bäume weg, die vor vielen Generationen von Salmas Familie angepflanzt worden. Salma nimmt sich einen Anwalt, doch es ist ein ungleicher Kampf.
Eigentlich ist es ein kleiner Nachbarschaftsstreit, der eingebettet ist in einen politischen und historischen Konflikt. Dieser politische Konflikt wird durch die Vereinfachung auf privater Ebene empathisch nachvollziehbar. Am Zaun stehen sich zwei Frauen gegenüber – Zalma auf der palästinensischen Seite und die Frau des Ministers auf der israelischen Seite – beide finden sich sogar sympathisch oder wünschen sich zumindest ein friedliches nebeneinander. Doch die äußeren, politischen Bedingungen sind andere. Und so sind beide Figuren Gefangene ihrer Gesellschaftssysteme und des historischen Konflikts. Der Film findet aus diesem Konflikt kein klassisches Happy End, sondern lediglich ein leicht pessimistisches, offenes Ende. Aber das Ziel des Films gelingt: eine emotionale Geschichte um einen abstrakten Konflikt zu erzählen, aus dem beide Parteien nie als Gewinner hervor gehen. Und dabei erzählt der Film erfreulich parteilos.
Spanien 2007; Regie: F. Javier Gutiérrez; mit: Víctor Clavijo, Mariana Cordero, Eduard Fernández, Juan Galván, Elvira de Armiñán, Ana de las Cuevas, Daniel Casadellá; 93 min.
Ein Psychopate und ein Weltuntergang. Es bleiben noch drei Tage, bis ein riesiger Meteorit auf die Erde trifft. Ale - ein junger Tagelöhner - möchte im Angesicht der Apokalypse nur noch Schallplatten hören und sich betrinken. Seine Mutter zwingt ihn aber mit ihr zum Haus des Bruders zu fahren, wo dessen vier Kinder allein gelassen auf ihre Eltern warten. Im allgemeinen Chaos brechen Hochkriminelle aus den Gefängnissen aus, darunter auch ein kindermordender Psycho, dessen letztes Ziel eben jenes Haus ist, mit dem er eine dunkle Vergangenheit verbindet.
Vor dem Hintergrund der Apokalypse wird ein ziemlich gewalttätiger Psychothriller erzählt. Ale kämpft verzweifelt darum, dass der Psycho den vier Kindern nichts antut. Alle Facetten des Genres werden durchgespielt, jeder Schock- und Gruselmoment bis auf das Letzte ausgekostet. Doch was filmhandwerkliche gelungen ist, will sich trotzdem nicht zu einem plausiblem Ganzen vermengen. Die eigentliche Narration hinkt dem Spektakel hinterher. Stellen Sie sich vor, dass in 72 Stunden die Welt untergeht. Was würden Sie tun? Was würden Ihre Nachbarn tun? Was Ihre Angehörigen? Und der Rest der Welt? Die als Ausgangssituation interessante Vermengung eines Katastrophenfilms mit einem Psychothriller dient letztendlich aber nur dafür, dass am Ende der unterlegene Ale den Bösewicht mithilfe des Meteoriden zur Strecke bringen kann. Deux ex Machina. Insgesamt ist das alles ziemlich schwammig, erschöpft sich im Spektakel und hinterlässt den Gesamteindruck einer unreflektierten Mixtur aus Actionfilmelementen. Weltuntergangsszenarien und Psychopaten gibt es aber im Kino wie Sand am Meer. Die Konkurrenz ist da groß und die Kombination von beidem macht noch lange keinen guten Film. Der etwas oberflächig wirkende Ansatz des Films vertieft sich im Filmgespräch mit dem Regisseur nach dem Film. Es sei ein modernes Märchen, was er erzählen möchte. Sein Film habe wenig mit der Gesellschaft zu tun, sondern soll unterhalten. Das Gewaltdarstellungen in Märchen jedoch meist vielschichtig durchdrungen sind, sowohl tauglich für Kinder als auch für Erwachsene, und dass Märchenhandlungen zwischen den Zeilen noch unglaublich viel Menschheitsgeschichte transportieren, scheint vergessen worden zu sein. Eben so wie die Einsicht, dass im Märchen die Helden durch ihre Handlungen alternieren, es meist ein Happy End gibt und eher selten die unausweichliche Apokalypse. Also kein Märchen, sondern ein nur pessimistischer Actionthriller. Obwohl - wenn ich es mit recht überlege - ist das pessimistische Ende eigentlich das Beste am Film: Bösewicht ist besiegt, guter Held erhält als Bonus die hübsche Frau, aber trotzdem unausweichlicher Weltuntergang. Rums, Vorhang, Ende Gelände. Keine Moral und kein "wenn sie nicht gestorben wären..."
Japan 2007; Regie: Naoko Ogigami; mit: Satomi Kobayashi, Mikako Ichikawa, Ryo Kase, Ken Mitsuishi, Masako Motai; 106 min
Die Professorin Taeko macht Urlaub auf einer Insel im Süden Japans. Über die Ruhe der Inselbewohner und das innige Nichtstun ist sie zunächst verwundert. Außer Eislutschen und auf das Meer hinaus zu starren gibt es nicht viel zu tun. Mit der Zeit passt sie sich aber an den Lebensstil der Bewohner an.
Entschleunigung ist das Thema des Films. Die Regisseurin Naoko Ogigami hat mit ihrem vierten Film ein weiteres Mal einen paradiesischen Mikrokosmos entworfen. Man muss den Film atmen wollen, sich dem Zug der Bilder hingeben und darf den leisen Humor nicht mit lauten Lachern verscheuchen (wie der Herr die Reihe vor mir). Ein bisschen erinnert hier der Müßiggang am Strand an den stummen Humor in Die Ferien des Monsieur Hulots - nur eben mit viel weniger Chaos, Aufregung und Slapstick. Ein ruhiger wie splieniger Film, der sich Zeit nimmt und mit langem, ruhigem Bildern in einem wunderschönen Setting. Doch warum alle Figuren Brillen tragen und der Film danach betitelt ist, das hätte ich schon noch gern wissen wollen. Vielleicht nur so eine lustige Idee, vielleicht aber auch mehr.
Mazedonien, Frankreich, Belgien, Slowenien 2007; Regie: Teona Strugar Mitevska; mit: Labina Mitevska, Ana Kostovska, Nikolina Kujaca, Xhevdet Jasari; 102 min.
Im heutigen Mazedonien, in der kleinen Industriestadt Titov Veles spielend, erzählt der Film die Geschichte dreier Schwestern, die jede auf ihre Art versuchen, ihre Zukunft in die Hand zu nehmen. Die Älteste ist drogenabhängig, die Mittlere kämpft darum, ein Visum zu bekommen und die Jüngste weigert sich zu sprechen und versucht krampfhaft schwanger zu werden. Als die Mutter der drei Schwestern mit einem neureichen Fabrikbesitzer abhaut, dreht sich alles um das vorgezeichneter Schicksal der jungen Frauen.
Ein Film, für den man ausgeschlafen sein sollte, denn verkünstelt wird inszeniert und verdichtet sind die Symbolebenen. Man muss keine tiefen Hintergrundkenntnisse über den jugoslawischen Sozialismus haben (wie in manch anderen Filmen aus den Balkanländern), die Frauenfiguren und ihr Lebens- und Liebeswillen sind tief genug gezeichnet, um eine Fülle an Interpretationen über die Rolle der Frauen im Post-Sozialismus zu eröffnen. Vielleicht sind es aber doch auch zu viele Bedeutungsebenen. Der Film schafft eine merkwürdige Atmosphäre, die aus einer Mischung von Klaustrophobie und Freiheit besteht. Ich bin mit dem Gefühl aus dem Film gekommen, das Alles nicht vollends verstanden zu haben. Lag aber sicher daran, dass ich müde war.
Debutfilm der jungen Regisseurin, die aus einer bekannten, mazedonischen Künstlerfamilie kommt, und herrlich eloquent und mit Nachdruck darüber berichtete, wie wichtig es für die neue Generation an Kulturschaffenden des heutigen Mazedoniens sei, ausgetretene Pfade zu verlassen und die Grenzen des Machbaren zu erweitern. Privileg des Künstlerkindes ist auch ein Hauch von elitärem Kulturverständnis.
Belgien, Niederlande 2007; Regie: Nic Balthazar; mit: Greg Timmermans, Marijke Pinoy, Pol Goossen, Laura Verlinden; 90 min
Ben hat eine autistische Störung, wird von seinen Mitschülern gehänselt und lebt in seiner eigenen Welt, die geprägt ist vom Online-Rollenspiel Archlord. In diesem Computerspiel ist er als "Ben X" ein Held. Hier kann er sein, aussehen und agieren, wie er möchte. Ganz anders in der Schule, dort wird er herumgeschubst und kann die Spielregeln des Schulhofs einfach nicht verstehen. Als er eines Tages wieder von seinen Klassenkameraden bis zur Entblößung gequält wird und auch noch Videos von der Erniedrigung im Internet auftauchen, zerbricht Ben. Selbst seine Rollenspiel-Partnerin kann ihn nicht mehr aufbauen. Ben kündigt an, sein letztes Spiel zu spielen - scheinbar plant er einen Selbstmord, vielleicht sogar einen Amoklauf. Zu viel will ich nicht verraten. Das hatte meine Kollegin schon, die mir den Film empfohlen hatte, als sie sagte, der Film sei gut, zwiespältig aber findet ein sehr gutes Ende.
Das Problem des Films - was gleichzeitig seine eigentliche Qualität ist - sind die Vermischungen bzw. die Trennungsunschärfen von Wahrnehmungswelten. Primäre Erzählperspektive ist die Sicht von Ben. Es gibt aber auch eine "allwissende" Kameraführung (ähnlich wie in Computerspielen), sowie Interview-Ausschnitte mit Eltern und Mitschülern, die die Perspektiven von Ben in eine scheinbare Objektivität einbetten. Wenn man so will, liefern die dokumentarisch inszenierten Interviews den Pfad für das "Big Picture" der fragmentarischen, fantastischen, vom Computerspiel beeinflussten, Weltsicht Bens. Doch wer sich auf diesen einfachen Pfad einlässt, wird vom Film lustig gefoppt. Denn das, was "wirklich" passiert sehen wir erst ganz am Ende des Films. Es ist das alte Ding mit der Realitätswahrnehmung - das was man sehen, anfassen, fühlen kann. Was aber, wenn sich die Wahrnehmung von Realität in jedem von uns anders gestaltet und anfühlt. In Filmen wird gern mit changierenden Realitäten gespielt, um den Zuschauer auf die falsche Fährte zu bringen. Leider geschieht das zu oft als reiner Selbstzweck. "Ben X" schafft es, dieses Spiel der Realitätsebenen einzubetten in einen moralischen Thriller, ohne allzu moralisierend zu werden.
Noch was interessantes zum Dreh. Die Spielwelten in dem Film wurden nicht extra designed, sondern entstammen dem Original-Game Archlord. Im Gespräch nach dem Film erzählte der Produzent über die Dreharbeiten im Cyberspace. Es wurden vier Online-Gamer angeheuert, die drei Monate in dem Spiel unterwegs waren, um eine hohe Punktzahl zu erreichen, damit die Spielfiguren von "Ben X" auch wirklich einer hohen Punktezahl entsprechend aussehen und wirken konnte. Bei den Aufnahmen traten dann echte Onlinespieler in die Szene und wollten die Spielfigur kennen lernen, da eine solch hohe Punktzahl sehr selten in dem Spiel ist. Als dann erläutert wurde, dass gerade ein Film gedreht wurde, gingen manche der Gaffer, manche mussten aber auch erst getötet werden. Fand ich lustig. Auch gab es einen Online-Location-Scout, der das Spiel nach geeigneten Drehorten absuchte. Die Realitäten der Filmproduktion ändern sich eben auch. Wie auch im anderen Film von heute Sleep Dealer, der Globalisierung und die Ausbeutung von Billiglohnarbeitern zwar kritisiert, selbst aber nicht ohne die kostengünstigen, digitalen Bildwelten made in India und China auskommt. Egal. Hauptsache wieder zwei sehenswerte Filme heute auf der Berlinale gesehen. Gestern war es Japan, heute Cyberspace-Filme, mal sehen was morgen kommt. Ich tippe mal auf Liebesfilme. Happy Valentine's , liebe Leser!
USA, Mexiko 2008; Regie: Alex Rivera; mit: Luis Fernando Peña, Leonor Varela, Jacob Vargas, Tenoch Huerta, Metztli Adamina; 90 min
Ein globalisierungskritischer Science-Fiction, in dem auch eine hübsche Bloggerin drin vorkommt? Das musste ich mir natürlich ansehen. Der Film ist erst vor wenigen Wochen auf dem Sundance-Festvial gelaufen und ist für einen Erstlings-Film sehr professionell geraten. Wenn Low-Budget und Science-Fiction eine Ehe eingehen, wird es entweder grottenschlecht oder aber durch die gestalterische Improvisation im Set Design gerade besonders interessant. Dieser Film ist Low Budget, man sieht es ihm aber nicht zwangsläufig an. Schon in den ersten Filmminuten, die im ländlicher Nirgendwo Mexikos spielen, wird eine hochmilitarisierte Filmwelt etabliert. Ein alter Bauer uns sein Sohn kaufen Wasser an einem hochsicherheitsbewachten Stausee. Wasser ist knapp in der Zukunft und eine amerikanische Firma kontrolliert den Staudamm, der den kleinen Bauern das bisschen nötige Wasser für ihre Felder abklemmt. Der Junge ist Memo, ein Computerfreak, der davon träumt, einmal in den Städten im Norden sein Leben zu machen. Um den fernen Stimmen aus den Städten hinter der schwerbewachten Staatsgrenze zu lauschen, hat er mit einer selbstgebastelten Antenne einen Nachrichtensatelliten angezapft. Doch dieser harmlose Hacker-Angriff bleibt nicht unbeobachtet. Schon am nächsten Tag wird die Hütte des Vaters von einem US-Bomber platt gemacht. Übertragen wir der Krieg gegen die "Aqua-Terroristen" live im Fernsehen. Den Vater verloren und voller Schuld gegenüber der Familie flieht Memo vom Land in die Stadt. Auf der Busfahrt in die Grenzstadt Tijuana lernt Memo die junge Autorin Luz kennen. Sie hat was er ersehnt in ihre Arme implementiert: Nodes - Schnittstellen um den Körper direkt mit der Anderen Seite, dem Computernetz des Weltmarkts zu verbinden. Nachdem Luz Memo geholfen hat, seinen Körper gleichfalls ans Netz anzuschließen, findet er endlich die ersehnte Arbeit in einer Hi-Tech-Telearbeit-Fabrik. Dort steuert er mit seinem Körper als Billiglohn-Gastarbeiter Roboter, die in weit entfernten Orten Hochhäuser bauen, Kinder hüten, Taxi fahren oder Orangen pflücken. Doch die Computerschnittstellen im Körper scheinen auch ihre Risiken zu haben, diese bizarre und gefährliche Wirklichkeit der Node-Arbeiter, auf die er hier trifft, entspricht in keiner Weise seinen Träumen.
Das wirklich Reale spürt Memo nur, wenn er mit Luz zusammen ist. Die junge Autorin betreibt, was Memo zunächst nicht weiss, ein Befindlichkeitsweblog auf der Plattform "TrueNode". Auf dieser Community tauschen User gegen Bezahlung ihre wahren Erinnerungen aus. Als Luz ihre Erlebnisse mit Memo verbalisiert, findet sich tatsächlich ein zahlender Abnehmer. Ein Seegen für Luz, die ihr College-Darlehen nicht abbezahlen kann. Der Abnehmer der Erinnerungen verlangt weitere Details über den Immigranten, so freundt sich Luz mit Memo an und beide werden so etwas wie ein Liebespaar. Bis sich rausstellt, dass der Käufer der Berichte der Bomberpilot ist, der den Angriff auf die Hütte des Vaters geflogen ist. Ebenfalls als ein Node-Arbeiter - gestöpselt an die Maschine - hat er ferngesteuert für die Armee gedient. Allerdings hat er unerwartet ein schlechtes Gewissen und möchte die Hintergründe seines ersten Flugangriffs erfahren. Die Weblogeinträge von Luz bestärken ihn, nach Mexiko zu fahren und Memo um Entschuldigung und Wiedergutmachung zu bitten. Zögerlich schlägt Memo ein und zusammen bombardieren sie - in Gedenken an den toten Vater - den bösen Staudamm.
Wenn man das so erzählt, klingt das alles ein bisschen einfach und das Ende ist tatsächlich eher hilflos pathetisch im Angesicht der technoiden Übermacht der USA. Doch trotzdem schafft es der Film eine Diversität aufzubauen, in der nicht Gut immer gut und Böse nur böse ist. Es sind in der nahen Zukunft liegende Realitäten, die die fortschreitende Globalisierung und gleichzeitige Militarisierung von heute mit sich bringen. Der Film schildert seine Zukunftsvision nah genug an der Gegenwart um seine Messages tragfähig zu machen: Die Mächtigen werden weiterhin ihren technologischen Vorsprung nutzen, um andere zu unterdrücken. In den Tele-Arbeit-Szenarien dieses Films geht ein kapitalistischer Traum in Erfüllung: die lästige Arbeit wird erledigt von Arbeitern, die nicht vor Ort sind, also nicht stören können.
Japan 2007; Regie: Kumasaka Izuru; mit: Lily, Kaziwara Hikari, Chiharu, Jinno Sachi; 111 min.
Manche jungen, japanischen Filme sind quietisch-flippig (und manchmal recht albern). Andere wiederum sind ruhig und können mit wenigen Mitteln und genau beobachteten Charakteren rühren. So auch dieser nette kleine Debütfilm von Kumasaka Izuru (der nebenbei beim anschließenden Filmgespräch einen ausgesprochen höflichen Eindruck hinterließ).
Die Geschichte dreht sich um eine alternde, etwas grimmige Besitzerin eines Stundenhotels in Tokyo. Das Hotel läuft nicht so gut, aber es hat trotzdem einen ganz besonderen Reiz. Oben auf dem Dach des Hauses befindet sich eine kleine Oase. Kinder kommen nach der Schule, um hier zu spielen. Alte Herren treffen sich zum Schach, Frauen machen Musik. Mitten ein der Großstadt bietet das Dach des Stundenhotels einer Freifläche der Erholung. Die Idylle ist Magnet für gestrandete oder flüchtige Seelen und die Hotelbesitzerin fungiert als Katalysator. Die 13-jährige Mika, die von zu Hause abgehauen ist und nach ein paar Gesprächen mit der Hotelbesitzerin, wieder zu ihrem Vater zurückkehrt. Die vernachlässigte Hausfrau Tsuki, die seit Jahren am Hotel vorbei ihre Fitnessrunden dreht, wagt mit der Bitte um einen Job im Hotel den wichtigen Schritt aus der Einsamkeit. Doch nicht alles löst sich in Wohlgefallen auf. Denn Tsuyako selbst verbirgt ebenso ein trauriges Geheimnis wie die irritierende Marika entdeckt, die als letzter verbliebener Stammgast das Hotel für seine eigentlichen Zwecke nutzt. Wie sich das unterdrücktes Problem der Hauptfigur mit Großmutter-Komplex - ihr Mann, der die Oase auf dem Dach für ihr gemeinsames Kind gebaut hatte, ist gestorben - genau auflöst, hab ich leider nicht mitbekommen, weil ich kurz eingenickt bin. Aber die Schlusseinstellung des Films, zeigt sie auf ihrem Hoteldach versöhnt mit sich selbst und ihrer Rolle in der Welt. So kann man es jedenfalls vermuten.
Deutschland 2007; Regie: Doris Dörrie; mit: Elmar Wepper, Hannelore Elsner, Aya Irizuki, Nadja Uhl, Maximilian Brückner, Birgit Minichmayr; 122 min
Der neue Film von Doris Dörrie im Wettbewerb. Sentimental? Ja. Aber verdammt, kann die Frau gute Filme machen! Ein deutscher Lost in Translation, möchte ich fast behaupten. Nicht ganz so hipp, aber dafür um so herzlicher.
Die Geschichte einer aufopfernden Liebe und eine poetische Reise in das Innere des Seins: Nur Trudi weiß, dass ihr Mann Rudi Krebs im Endstadium hat. Als der Arzt eine letzte gemeinsame Unternehmung vorschlägt, überredet Trudi ihren Mann, mit ihr die Kinder und Enkel in Berlin zu besuchen. Doch die sind viel zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, um sich um die beiden zu kümmern. Nachdem sie noch die Aufführung eines Butoh-Tänzers besucht haben, reisen Trudi und Rudi in ein Hotel an die Ostsee. Dort stirbt plötzlich Trudi – Rudi ist völlig aus der Bahn geworfen. Er weiß nicht, wie das Leben weitergehen soll. Bis er sich auf den Weg nach Japan macht, um dort den jüngsten Sohn, Karl, zu besuchen. (Berlinale Programm)
Frau Elsner mal nicht als alternde Diva, sondern sehr überzeugend in der Rolle einer treu sorgenden Hausfrau aus der bayerischen Provinz. Dass die Figur eine kleine, versteckte Sehnsucht hat, reicht Frau Elsner, um der Rolle eine ungemein sympathische Profiltiefe zu geben. Und Elmar Wepper mal nicht hau-drauf-komisch, sondern pointiert tragigkomisch. Herrlich die sinnliche Wandlung von einem sturen Sachbearbeiter zum Lost-in-Translation-Reisenden. Die Trauer und die Fremde lassen ihn seine Liebe zu Trudi neu erleben. Manchmal muss man weit reisen, um das Naheliegende zu sehen.