Nun blinkt jetzt seit zwei Stunden der Cursor im Textfeld und wartet drauf, dass in zwei Stunden hier was über das Skandälchen mit der Piratenpartei steht. Nach einigem Gelese in Kommentaren von Blogs wie hier, habe ich keine Lust mehr auf Meinungsfreiheit. Hab ich einfach satt. Alles verbieten!
Miss Sophie dazu:
Am krassesten fand ich Argumentation (bei mspro in den Kommentaren durchdiskutiert): Wer gegen die Zensursula-Pläne gekämpft hat, der darf jetzt konsequenterweise nichts gegen Äußerungen sagen, die den Holocaust relativieren/leugnen, weil es geht ja in beiden Fällen um die Erhaltung der Meinungsfreiheit. Bitte? Geht’s noch? Zu sagen, Meinungsfreiheit gelte absolut, hieße Kinderpornographie de facto zu legalisieren. Denn da schwingt mit, alles im Raum stehenzulassen, was irgendjemand irgendwo und in irgendeinem Medium äußert. Und darum ging es mitnichten. Es ging und geht bei der Zensursula-Debatte um einen Weg der transparenten und rechtsstaatlichen Auseinandersetzung mit strafrechtlich relevanten Inhalten, was eben nicht von einer kleinen Elite hinter verschlossenen Türen, verborgen vor den prüfenden Augen und Köpfen der Öffentlichkeit, stattfinden darf.
Don Dahlmann dazu:
Ich bin ja eigentlich auch eher so ein bürgerlicher Sozial-Liberaler. Ich denke, der Staat soll sich aus meinem Leben weitesgehend raushalten. Ich zahle meine Steuern, halte mich an die Gesetze und ansonsten hätte ich gerne, dass der Staat sich um seine staatliche Dinge kümmert und schaut, das da alles vernünftig läuft. Ich habe aber seit einigen Jahren das Gefühl, dass es genau andersrum läuft. Der Staat interessiert sich zunehmen für das, was ich so mache, während er in anderen Bereichen überhaupt nicht mehr präsent ist.
Und vor allem Johnny Haessler dazu (besonders die Fußnote):
Und da ich selten so viele arrogante und pöbelnde Mails erhalten habe wie zu meinen Artikeln über die Piratenpartei (bis hin zu Aufforderungen, die Artikel zu ändern): Bitte, liebe Freunde der Piratenpartei, ich verstehe, wie schwer es ist, sich mit etwas komplizierteren Geschichten auseinanderzusetzen, wenn man sich doch gerade so darüber freut, endlich einen politischen Hafen gefunden zu haben, der ob seiner Übersichtlichkeit scheinbar so einfach zu verstehen ist. Nur ist meine Welt nicht ganz so übersichtlich und besteht auch nicht allein aus dem Internet. Nochmal: Die Piratenpartei könnte eine Zukunft haben. Dafür darf sie aber vor der Gegenwart nicht die Augen verschließen. Und was den oft geforderten Welpenschutz angeht: Ich soll der Partei bei so komplexen Themen wie Urheberrecht, Patenten und Datenschutz in ihrer Kompetenz und Expertise vertrauen und sie für voll nehmen, bei weit klarereren innerparteilichen Herausforderungen aber „ein Auge zudrücken“? Nö.
Man sollte nicht derart dumm und laut mit den Säbeln rasseln, wie es da z.Zt. der Kindergarten-Flügel der Piratenpartei praktiziert. Natürlich wäre es wünschenswert und dringend nötig, dass es in Deutschland eine demokratisch wählbare, politische Opposition gäbe, die sich gut mit dem kulturellen Wandel und den Gefahren auskennt, den die Digitalisierung unserer Gesellschaft mit sich bringt. Eine Opposition, die dieses Auskennen auch adäquat in die Politik tragen kann, sich über Medienwirkung und Agenda-Setting bewusst ist. Mein Eindruck von der Piratenpartei auf der Demonstration in Berlin gegen Netzsperren, die von den Piraten organisiert wurde, war jedoch sehr ernüchternd, was diesen Wunsch angeht.
Aber ich sehe einen Silberstreif am Horizont! Denn (Achtung Werbung!) Horst Schlämmer kandiert für die Bundestagswahl. Ist doch ne gute Alternative zur Piratenpartei, oder?